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Viele Gläubige sind enttäuschtEdith Stein wird keine „Kirchenlehrerin“

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Das Edith-Stein-Denkmal am Börsenplatz in Köln.

Das Edith-Stein-Denkmal am Börsenplatz in Köln.

Rom hat den Antrag der Karmelitinnen aus der Südstadt abgelehnt – Edith Stein gilt als Brückenbauerin zwischen Judentum und Christentum.

Eine Kirchenlehrerin aus dem seit Jahrhunderten bei Pilgern bekannten heiligen Köln wird es bis auf Weiteres nicht geben. Der Vatikan hat einen entsprechenden Antrag des Karmeliterordens, die aus dem Kölner Karmel stammende Edith Stein (1891 bis 1942) in diesen Stand zu erheben (Rundschau berichtete), nicht entsprochen. Das wurde bei der Jahrestagung der Deutschen Edith-Stein-Gesellschaft bekanntgegeben.

Viele Gläubige enttäuscht

Während die Nachricht aus Rom wohl für die meisten Tagungsteilnehmer und sicher auch bei vielen Gläubigen und Verehrern der Heiligen mit Enttäuschung aufgenommen worden ist, sehen die Nonnen im Kölner Karmel Maria vom Frieden das Interesse an ihrer berühmten Mitschwester mit Freude und mögliche weitere Ehrungen oder Titel für ihre prominente Vorgängerin mit Gelassenheit. Das Erbe und die Erinnerung an die vom Judentum zum Christentum konvertierte und im Konzentrationslager Auschwitz zusammen mit ihrer ebenfalls konvertierten Schwester Rosa ermordete Gelehrte wird in der Südstadt bewahrt.

Edith Stein gilt als Brückenbauerin zwischen Judentum und Christentum, und ganz in diesem Sinne haben kürzlich fünf Nonnen sowie deren Priorin Schwester Miriam die Gelegenheit zu einem Besuch der Synagoge genutzt. Michael Rado, amtierendes Vorstandsmitglied der seit 321 n. Chr. nachweisbaren ältesten jüdischen Gemeinde nördlich der Alpen, führte durch das jüdische Gotteshaus. Der kleine Rundgang bis zum Gebetsraum begann in der Trauerhalle. Mit dem hier verankerten Gedenken an die Opfer der Shoah im Allgemeinen sowie an die rund 11 000 ermordeten Juden aus Köln und Umgebung im Besonderen beginnen, so Michael Rado, stets Besuche in der Synagoge. Im stillen Gedenken verweilten Rado und seine Gäste an diesem Ort, ehe es in den weiträumigen Gebetsraum ging.

Hier übergab Schwester Miriam nach dem abschließenden Dialog an Michael Rado eine von ihr selbst gestaltete Kerze. Der Gemeindevorstand will diese im Gedenken an die getöteten sowie in der Hoffnung auf die Rückkehr der noch in der Gefangenschaft der Hamas befindlichen Geiseln neben dem Eingang zur Synagoge aufstellen und entzünden. Dort erinnern zahlreiche Plakate mit kurzen biografischen Angaben und Foto an die Geiseln.

Beim Rundgespräch im Gebetsraum standen vor allem Gemeinsamkeiten und das Verbindende zwischen den beiden Religionen im Mittelpunkt. In diesem Zusammenhang erläuterte Michael Rado in höchst unterhaltsamer Weise, wie viel „Katholisches“ sich im Kölner Synagogen-Bau wiederfindet, der nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1959 wieder eröffnet worden ist. Laut Rado waren es ursprünglich in Ermangelung jüdischer Architekten zwei katholische Baumeister, die sich sensibel in einen Synagogen-Neubau eingearbeitet haben und diesen errichteten. Er wurde 1959 auf dem Gelände der 1938 während der Reichspogromnacht zerstörten Synagoge nach Plänen des Architekten Helmut Goldschmidt – jetzt aber nicht nur als Synagoge, sondern auch als Gemeindezentrum – eingeweiht bzw. in Funktion genommen. Heute gehört das zentrale Gebäude der Kölner Synagogen-Gemeinde, eine der größten jüdischen Gemeinden in Deutschland, stadtteilprägend zu dem innerstädtischen Bereich der Rheinmetropole, den die Kölner liebevoll Kwartier Latäng nennen.

Gegenseitige Empathie und innere Verbundenheit

Alle Beteiligten waren sich nach dieser Begegnung einig, dass es ein von gegenseitiger Empathie und innerer Verbundenheit geprägter und bewegender Besuch gewesen ist.

Unterdessen sind die Vorbereitungen auf die jährliche Edith-Stein-Woche abgeschlossen worden. Vom 2. bis 9. August laden die Karmelitinnen dazu ein, für den Frieden in der Welt zu beten. Außerdem soll in dieser Woche dem Leidensweg der heiligen Teresia Benedicta a Cruce, so der Ordensname von Edith Stein, gedacht sowie ihre Ernennung zur Mitpatronin Europas vor 25 Jahren durch Papst Johannes Paul II. gewürdigt werden.

www.karmelitinnen-koeln.de