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Varieté-Show„Solavento“ feierte Premiere im Urania-Theater

Lesezeit 3 Minuten
Stephan Masur verzaubert mit Seifenblasen

Stephan Masur verzaubert mit Seifenblasen

Die Show „Solavento – Oper goes Varieté“ bekommt eine neue Heimat im Urania-Theater in Köln-Ehrenfeld.

Im März hatte Intendantin und Regisseurin Bettina Montazem mit dem Varieté „Rositschka“ einer in der Domstadt lange vernachlässigten Kleinkunstform in ihrem Ehrenfelder „Urania“-Theater wieder eine Heimat gegeben – und versprochen, dass das keine „Eintagsfliege“ bleiben sollte. Nun hat sie sich mit Stephan Masur , der 16 Jahre lang das Publikum im Kölner „Senftöpfchen“ und im Bonner „Pantheon“ mit seinem „Varieté-Spektakel“ begeisterte, zusammengetan und lässt mit „Solavento – Oper goes Varieté“ dem Versprechen Taten folgen.

Geradezu „erschüttert“ ist Bettina Montazem, als sie am Premierenabend vor den ausverkauften Saal tritt und das erwartungsfrohe Publikum begrüßt. Das wird durch den pastellfarbigen Prospekt eines kleinen Dorfes im Bühnenhintergrund und durch die vom musikalischen Leiter Hartmut Singer kongenial ins Geschehen eingewobenen, poetischen Melodien des Fellini-Komponisten Nino Rota gleich in jene Varieté und Zirkus verbindende Stimmung versetzt, der Kindheits- und Urlaubserinnerungen wachrufen.

Lea Johanna Montazem

Mit dabei ist auch die Tochter des Intendanten, Lea Johanna Montazem.

Mit augenzwinkernder (Tennis-)Ball-Jonglage und scheinbar stoischer Ruhe setzt Stephan Masur, der auch als stummer Conferencier durch den Abend führt, erste artistisch-komische Momente und Maksim Andreenkov bringt mit seinem sanften Bariton das zweite „Spielbein“ des Abends, die Oper, in Stellung. Andrea Matousek geht dann auf der Trapez-Schaukel förmlich in die Lüfte, während Andreenkov mit der Sopranistin Anastasiia Kolabanova ganz erdverbunden träumen:„Lippen schweigen, s’flüstern Geigen, hab mich lieb!“

Das vor Kraft und Muskeln nur so strotzende Bodenakrobatik-Duo „Darkness“ wird zum Hingucker für alle Geschlechter, läßt so manchen vor Neid erblassen, andere wiederum anerkennend durch die Zähne pfeifen. Auch Intendanten-Tochter Lea Johanna Montazem lenkt nicht nur mit ihrem glasklaren Sopran, sondern auch mit ihrem aufsehenerregenden Federschmuck Ohren und Blicke auf sich, begeistert das Publikum auch im Duett mit Anastasiia Kolabanova.

Andrea Matousek auf der Trapez-Schaukel

Andrea Matousek auf der Trapez-Schaukel

Als Stephan Masur das Publikum mit einer clownesken „Hut“-Nummer, in der er zum Vergnügen des Publikums durch die Zeitgeschichte von Napoleon bis zum Kölner Karnevalsprinzen „reitet“, in die Pause entlässt, ahnt es noch nicht, dass es danach der artistische Höhepunkt des Abends erwartet: Mit dem erst 18-jährigen Maurice Grange, dem Deutschen Jugendmeister der Manipulation 2022, betritt ein Magier die Bühne, gegen den Harry Potter geradezu ein Waisenknabe ist. Und der dazu noch die charismatische Ausstrahlung eines jungen Mannes hat, den sich so manche Mutter als Schwiegersohn wünscht. Aber bevor man diesen Gedanken zu Ende denkt, manipuliert er unsere Sinne dermaßen, dass man vergeblich die Grenze zwischen Realität und Illusion sucht: Wo kommen die (Tischtennis-) Bälle und die Spielkarten her, die er aus der Luft holt, wieder verschwinden oder sich in Schnipsel auflösen lässt? Große Zauberkunst!

Weniger Fingerfertigkeit als – im wahrsten Sinne des Wortes – Geduld und „Spucke“ braucht Stephan Masur für seine Seifenblasen-Orgie, bei der man so ganz nebenbei ein paar Anregungen für den heimischen Partyabend bekam. Maxime Khehlmut sowohl halsbrecherisch wie verspielt wirkende Vertikalseil-Akrobatik sollte man sich dagegen nicht als Vorbild für die tägliche Morgengymnastik aussuchen. Es sei denn, man wird dabei – wie hier – von Lea Johanna Montazem schöner Stimme wie von Zauberhand in der Luft gehalten. Und Anastasija Bramo gibt dem ungemein unterhaltsamen Abend mit ihrem wundervollen Klavierspiel den passenden Rahmen, durch den man ja in Zukunft öfters sehen darf: Versprochen ist schließlich versprochen.

Weitere Termine: 6., 7., 8., 13., 15., 20., 21., 22., 27., 28. und 29. Juli um 20 Uhr sowie sonntags 2., 9., 16., 23. und 30. Juli um 18 Uhr im Urania-Theater, Platenstraße 32.

uraniatheater.de