Überblick in KölnWie die Neubau-Großprojekte der Schulen vorankommen
Köln – „Schule hat sich vom Lern- zum Lebensort entwickelt“, erklärt Schuldezernent Robert Voigtsberger im Rohbau des neuen Gymnasiums Zusestraße in Lövenich. Die Architektur zeigt, wie zeitgemäße Schulen konzipiert sind. Statt der sogenannten „Flurschule“ von früher wird nun in „Clustern“, also Raumgruppen, gebaut. Klassenzimmer gruppieren sich um Aufenthalts-, Selbstlern- und Erholungsbereiche.
Doch noch wichtiger als dieser moderne pädagogische Standard, ist die Tatsache, dass überhaupt eine neue Schule entsteht. Denn in Köln herrscht eklatanter Mangel an wohnortnahen Schulplätzen (siehe Kasten).
373 Millionen Euro Budget stehen bereit
Dem versucht die Stadt entgegenzuwirken: Aktuell arbeitet die städtische Gebäudewirtschaft an 79 Neubau-Großprojekten für Schulen. Einige befinden sich bereits im Bau, andere in der Planung. Das Budget für den Schulbau ist beachtlich: 373 Millionen Euro stehen im Wirtschaftsplan der Gebäudewirtschaft für 2021 bereit. Geplant ist, dass elf Bauvorhaben in diesem Jahr fertiggestellt werden.
Das Gymnasium Zusestraße gehört nicht dazu. Hier dürfen erst nach den Sommerferien 2022 die ersten Fünftklässler beginnen − 90 Schülerinnen und Schüler.
Das große Zittern um den gewünschten Platz in einer Schule
695 Ablehnungen für den Wunsch nach einer Gesamtschule gab es in diesem Jahr. Bei den Gymnasien musste die Stadt 407 Schulwünsche ablehnen. Gut zehn Prozent aller Schülerinnen und Schüler erhielten keinen Platz an ihrem Wunsch-Gymnasium. Hinzu kamen zum Schuljahr 2021/22 rund 100 Ablehnungen für Realschulen. Die Eltern sind dann gezwungen, nach einer Alternative zu suchen.
Die Rückkehr zu neun Schuljahren an Gymnasien (G9) sorgt für zusätzlichen Platzbedarf.
Schneller soll die Vergabe von Neubauvorhaben durch das General-und Totalunternehmer-Maßnahmenpaket Schulbau werden. Bisher sind 15 Bauprojekte nach diesen Vergaben erfolgt. (dha)
„Das Gymnasium Zusestraße ist eine aufwachsende Schule“, erläutert Petra Rinnenburger, Geschäftsführende technische Betriebsleiterin der Gebäudewirtschaft. Jahr für Jahr wird die Zahl der Schüler steigen, auf insgesamt rund 800. Auch der Name wird sich mit der Inbetriebnahme ändern. „Den geben sich die Schulen selbst“, sagt Rinnenburger.
Der Schulbau auf „der grünen Wiese“ in Lövenich liegt zwischen einem Neubauareal und einem Gewerbegebiet. „Hier gibt es eine gute Verkehrsanbindung“, sagt Voigtsberger. Die neue Dreifachturnhalle und die Außensportanlagen sind Teil des städtischen Sportentwicklungsplans und kommen auch Vereinen zugute. Alle Gebäude erhalten Gründächer und werden überwiegend mit Photovoltaik ausgestattet.
Modulbauweise wird immer beliebter
„Der Schulbau in Köln ist ein Kraftakt und eine Herkulesaufgabe“, unterstreicht Baudezernent Markus Greitemann. Flächen sind knapp in der Stadt, Planungs- und Vergabeverfahren aufwendig. Durch die Vergabe an General- oder Totalunternehmer anstelle einer Ausschreibung vieler einzelner Gewerke, gewinnt der Schulbau Zeit. Dass der Neubau in Lövenich zügig voranschreitet, liegt zudem an der Modulbauweise. Der Totalunternehmer, der den Bau durchführt, arbeitet mit vorgefertigten Bauteilen. „Modulbauweise ist genauso gut wie konventionelle Bauweise“, sagt Greitemann. Offenbar liegt hier die Zukunft. „Wir unterzeichnen gerade wie geschnitten Brot Modulbauvorhaben.“
„Legolandschaft“ auf Zeit im Bürgerpark Nord
Einen „Modulbau“ der anderen Art zeigt das Ausweichquartier des Dreikönigsgymnasiums in Bilderstöckchen: Hier sind Container verbaut worden. Wie eine fröhliche überdimensionale Legolandschaft wirkt die Schule. Sie ist im Bürgerpark Nord angesiedelt und soll erst einmal so lange genutzt werden wie die Sanierungsarbeiten im Dreikönigsgymnasium (DKG) andauern. Mitte 2024 sollen die abgeschlossen sein. Was danach mit dem Interim im Bürgerpark passiert, ist noch offen. Die Umnutzung des Landschaftsschutzgebiets ist derzeit auf fünf Jahre begrenzt.
Pünktlich zu Beginn des neuen Schuljahrs unterrichtet jedenfalls das DKG im Bürgerpark. In Räumen, die durchaus ansprechend, modern und funktional sind. „Ein Interim ist auch eine vollwertige Schule“, betont Rinnenburger. Lediglich Sport wird noch am alten Standort in der Turnhalle unterrichtet.
Erweiterung in Nippes bei laufendem Betrieb
Genau den können die Grundschüler in der Kretzerstraße in Nippes derzeit nicht in ihrer Halle ausüben. Die Halle ist bis auf die Grundmauern entkernt. Ihre Schule wird im laufenden Betrieb umgebaut und erweitert − von zweizügig auf dreizügig. Dringend nötig, denn in direkter Nähe leben viele Kinder im neuen Clouth-Quartier.
„Diese Schule zu erweitern, ist wegen der Enge eine große Herausforderung“, sagt Projektleiterin Mariana Kern-Vidal. Auf engstem Raum entstehen auf der Fläche des ehemaligen Hausmeisterhauses und des Schulhofs drei neue Gebäude. Selbst die alten Bäume auf dem Schulhof sollen geschont werden. „Wir versuchen, möglichst keinen Baum zu fällen“, erklärt Rinnenburger.