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Streit um Grundstücke in Mauenheim„Klingt wie Satire, ist aber skandalös“

Lesezeit 3 Minuten

Etwa 1,50 Meter dieser Vorgartenzeile sollen sich die Anlieger der Etzelstraße laut der Stadt zu Unrecht vereinnahmt haben. Nun sollen sie diesen Streifen der Stadt abkaufen. 

Köln – Es klang wie ein Schildbürgerstreich, womit sich die Eigentümer der Einfamilienhäuser an der Etzelstraße in Mauenheim im vergangenen Jahr konfrontiert sahen: Fast hundert Jahre nach dem Bau der Siedlung wollte die Verwaltung festgestellt haben, dass der Zuschnitt der Grundstücke fehlerhaft sei und ein etwa 1,50 breiter Streifen der Vorgärten der betroffenen Häuser auf städtischem Grund liege.

Den Hauseigentümern bot der Umlegungsausschuss an, ihre eigenen Vorgärten, die sie teilweise bereits seit bis zu 50 Jahren nutzen, zurückzukaufen – zu einem Preis von 300 Euro pro Quadratmeter. Die betroffenen Bürger sahen dies jedoch nicht ein, stattdessen engagierten sie den Rechtsanwalt Oliver Lind, um sich in dieser Sache gemeinsam vertreten zu lassen.

Fläche soll verkauft werden dürfen

Lind hatte seine Klienten nun zu einer Besprechung in den Mauenheimer Siegfriedshof eingeladen, um diese über den aktuellen Stand seiner Verhandlungen mit der Kölner Verwaltung zu informieren. Er bezog sich dabei hauptsächlich auf eine Schreiben des Umlegungsausschuss der Stadt Köln, dass diese an ein Ehepaar in Besitz eines Eckhauses an der Einmündung einer weiteren Straße in die Etzelstraße gerichtet hatte - dessen Inhalt klang nach Linds Einschätzung jedoch nicht nach einem Friedensangebot: Darin setzte der Umlegungsausschuss den Eheleuten quasi eine Frist bis zum Ende des laufenden Umlegeverfahrens, sich mit einer einvernehmlichen Übertragung der städtischen Fläche einverstanden zu erklären. Sollten sie dies nicht tun, würde die Angelegenheit der Liegenschaftsabteilung der Stadt Köln übertragen, die die betroffene Fläche „im geräumten Zustand“ der freien Vermarktung, sprich dem Verkauf oder der Verpachtung an Dritte zuführen werde.

Seit fast 100 Jahren gibt es die Vorgärten in der Etzelstraße. Die Anlieger sollen nun 300 Euro pro Quadratmeter an die Stadt bezahlen. Viele wehren sich dagegen – darunter auch (v.l.) Herbert Klein, Manfred Job und Hans May.

Mit diesem Schritt versuche die Stadt, „mit dem Kopf durch Wand zu rennen“, so Lind, und drohe nun mit der Räumung der betroffenen Vorgärten, sollten die Eigentümer nicht freiwillig der Umlegung ihrer Grundstücke zustimmen. „Das ist ein Schritt, der in den ersten Gesprächen noch als ausgeschlossen bezeichnet wurde – die Masken sind somit also gefallen“, sagte Lind.

„Vorgang nicht rechtsstaatlich“

Der auf Verwaltungsrecht spezialisierte Jurist hielt mit seiner Meinung zu diesem Vorgehen nicht hinter dem Berg: „Das ist meiner Erfahrung nach ein einzigartiger Vorgang und nicht rechtsstaatlich“, sagte er. „Im ersten Moment klingt es wie Satire, aber eigentlich ist es skandalös, denn es läuft auf eine Erpressung hinaus.“

Besonders amüsiere ihn die Formulierung „Freie Vermarktung“ , so Lind: „Wer soll denn diese 1,50 Meter breiten Streifen kaufen?“ Er hielt denn auch das Schreiben der Stadt, in erster Linie für eine Drohgebärde. „Man will ihnen sagen: So, Bürger, wenn du dich jetzt nicht fügst, dann zeigen wir dir mal, was wir können.“

Das sei nicht verwunderlich, denn insgesamt, so wusste der Mauenheimer Ralf Bickel zu berichten, gehe es um einen Betrag von 1,9 Millionen Euro - „und dieses Geld will die Stadt haben“, war Bickel überzeugt.

Letztlich riet Lind seinen Klienten, sich nicht vom Gebaren der Stadt beeindrucken zu lassen. „Juristisch kann Sie niemand dazu zwingen, das Straßenstück zu kaufen oder zu pachten, auch ein Wegezoll kann nur mit Zustimmung des Eigentümers zur Anwendung kommen“, sagte Lind. „Sollte die Stadt sich erdreisten, eine Räumungsverfügung anzuordnen, werden wir dagegen vorgehen.“ Dann käme die Sache vor ein Verwaltungs- oder auch ein Zivilgericht. „Und vor einem Zivilgericht muss die Stadt erst einmal beweisen, dass die Grundstücke ihr gehören.“ Alles in allem, schätzte Lind, habe die Angelegenheit gute Chancen, in der WDR-Satiresendung Extra 3 für die Rubrik „Irrsinn der Woche“ nominiert zu werden.