Start-Up aus KölnDieser Kölner Gin hat nur 15% Alkoholgehalt
Köln – Erst fühlt es sich immer ganz leicht an. Ein lauer Sommerabend, eine nette Runde beim gepflegten After-Work-Drink – und die Quittung am nächsten Morgen, wenn die eigentlich fest eingeplante Jogging-Runde einmal mehr auf mindestens morgen verschoben wird oder die wichtige Präsentation den ein oder anderen ungebührlichen Kratzer abbekommt.
Ein geselliges Getränk ohne Reue sollte her
Muss alles nicht sein, befanden die drei Gründer Philip Kahnis, Jörg Radke und Alexander Poljaschenko. Harter Alk passt eigentlich auch gar nicht mehr in die Zeit, erst recht nicht mit Sport und Kindern – aber das Angebot an guten Alternativen mit weniger Prozenten ist ziemlich bescheiden.
Entweder es schmeckte nicht oder die vermeintlich leichten Shots entpuppten sich als wahre Kalorienbomben. Meistens beides. Beim regelmäßigen Video-Call der drei Freunde während Corona kam dann die Idee auf, das Ganze einfach selbst herzustellen.
Einer der Gründer bringt Erfahrung mit
Da war es ganz hilfreich, dass mit Kahnis einer der drei schon erfolgreiche Gründungserfahrung hatte – er entwickelt die „Hafervoll“-Riegel mit, die vor etwas über zwei Jahren an die Krüger Group verkauft wurden. Aber was sollte es nun werden? „Haferschnaps fiel schnell raus, dann hatten wir die Idee, das Ganze auf Tequila-Basis zu stellen. Funktionierte aber auch nicht wirklich. So kamen wir zum Gin als Geschmacksträger“, erklärt Kahnis. Erklärtes Ziel: Auf das gängige Ganz-oder-gar-nicht-Mantra zu pfeifen und etwas in der goldenen Mitte zu kreieren. Einen Drink, der einem guten, klassischen Gin nachempfunden ist und bei geringerem Alkoholgehalt mindestens genauso gut schmeckt – mit maximal 15 Prozent.
Probieren geht über studieren
Bis es aber soweit war, hieß es probieren. Immer und immer wieder. Nicht nur den Gin selbst, sondern in erster Linie das Zusammenspiel der „Botanicals“: Kräuter, Blätter, Hülsenfrüchte, Beeren und Früchte. Was eben nach was schmeckt. Herausgekommen sind zunächst einmal die Geschmacksrichtungen Blutorange und Gartenkräuter, später sollen es mehr werden.
Das Unternehmen
37,5 Prozent Alkohol muss Gin laut Gesetz haben – Polly ist also streng genommen keiner. Bei der Destillation werden aber ähnliche Zutaten als Basis verwendet. Die Botanicals sind hoch konzentriert und auf den milden Alkoholgehalt abgestimmt. Unter anderem werden Wacholder, Zitronenschale, Lavendel und Rosmarin verwendet. Der Name Polly leitet sich übrigens vom Mitgründer Alexander Poljaschenko (Mitte) ab.
Jörg Radke (links) und Philip Kahnis (rechts) vervollständigen das Gründer-Team. Einen eigenen Store gibt es nicht, das Büro ist an der Venloer Straße ansässig. Produziert wird Polly in Rheinland-Pfalz.
24,99 Euro kostet die 0,7-Liter-Flasche im hauseigenen Online-Shop, es gibt auch Probiergrößen (4,99 Euro) und Starter-Kits (44,99 Euro). Supermärkte sollen folgen.
„Wir haben Glück gehabt, in Pandemie-Zeiten einen Familienbetrieb in Rheinland-Pfalz zu finden, der die Herstellung übernimmt“, sagt Kahnis. Denn noch einmal galt es zu probieren: Wenn die Mischung der Zutaten im Kleinen funktioniert, macht sie das dann auch bei größeren Mengen? „Es gab ein paar Feinjustierungen, aber im Wesentlichen hat es so geschmeckt wie wir uns das vorstellten.“
Und dann kam doch der Punkt, als es „ganz oder gar nicht“ hieß: Jörg Radke und Alexander Poljaschenko stiegen ebenfalls aus ihren Jobs aus. „Dieser Markt ist dermaßen kompetitiv, da musst du jeden Tag dranbleiben“, meint Khanis. Kölnbusiness half bei der Umsetzung, Kahnis steckte einen Teil seines „Exit-Erlöses“ von „Hafervoll“ in das Projekt.
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Und was ist mit ganz alkoholfrei? „Wir arbeiten dran“, sagt Kahnis. Ist allerdings ganz so einfach nicht, wenn man sowohl die Prozente wie auch die lästigen Kalorien vermeiden will. Und auf den „gewissen Kick“ will man bei Polly eigentlich auch nicht unbedingt verzichten. Aber wenn es der Markt verlangt, wird es in Zukunft wohl auch das geben.
Verkauft wird momentan noch zum größten Teil über den eigenen Online-Shop und Lieferplattformen wie Amazon. Aber das Distributions-Modell soll natürlich noch ausgeweitet werden, die ersten Supermärkte haben bereits ihre Fühler ausgestreckt, weitere sollen folgen. Bei Edeka Steffens in Ossendorf etwa ist schon eine Ladung „Polly“ angekommen, speziell im Kölner Raum wollen die drei Gründer natürlich möglichst schnell auch in den Regalen Fuß fassen.