Ein neues Kölner Stadtentwicklungskonzept zielt darauf ab, die Ansiedlungspolitik zu ordnen und benötigte Gewerbeflächen effizient zu nutzen.
StadtentwicklungWie in Köln Betriebe gehalten und neu angesiedelt werden sollen

Wo kann in Köln produzierendes Gewerbe angesiedelt werden? Ein Konzept soll nun mehr Klarheit bringen.
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Köln ist immer noch eine große Industrie- und Gewerbestadt, auch wenn das längst nicht mehr so klar erkennbar ist wie in früheren Zeiten. Und ebenso wenig erkennbar ist oft genug, wo man eigentlich hin will mit dem produzierenden Gewerbe. Mal hier, mal dort, je nachdem wo sich noch Lücken finden lassen – diesen Eindruck zumindest kann man bekommen, wenn man den Akteuren sowohl aus der Wirtschaft wie bisweilen auch aus der Stadtverwaltung und der Politik zuhört.
Das „Stadtentwicklungskonzept für die produzierende Wirtschaft (Stek Wirtschaft)“ soll nun Struktur in die Ansiedlungspolitik bringen. Sowohl Wirtschafts- wie Stadtentwicklungsausschuss votierten einstimmig für eine Vorlage der Verwaltung, über die besser mit der Knappheit von Gewerbe- und Industrieflächen umgegangen werden soll, auch angesichts bereits bestehender Transformationsprozesse.

Grafik Konzept Wirtschaft
Copyright: Quelle: Stadt Köln; Grafik: Harald Woblick
Die Nachfrage nach Gewerbe- und Industrieflächen übersteigt seit langem das Angebot deutlich, ein Gewerbe- und Industrieflächengutachten aus dem Jahr 2023 kommt zu dem Schluss, dass in Zukunft nur etwa 28 Prozent des Bedarfs an Gewerbeflächen und 23 Prozent des Bedarfs an Industrieflächen auf Kölner Stadtgebiet gedeckt werden können. Gibt es verfügbare Flächen, stehen diese oft genug in direkter Konkurrenz zu Wohnen, Dienstleistungen, Einzelhandel oder öffentlicher Infrastruktur.
„Industrie und Gewerbe tragen maßgeblich zur Wertschöpfung in unserer Stadt bei“, erklärt Stadtentwicklungs- und Wirtschaftsdezernent Andree Haack. Die Stadt dürfe keine produzierende Unternehmen mehr verlieren, wie dies jetzt bereits der Fall sei – „sie haben immerhin einen großen Anteil an der Gewerbesteuer“ (s. dazu auch die Grafik). Das Stek Wirtschaft umfasst die Handlungsfelder „Fläche“, „Gewerbegebiet der Zukunft“ und „Köln in der Region“.
Industrie und Gewerbe tragen maßgeblich zur Wertschöpfung in unserer Stadt bei.
Zu Ersterem gehören Erweiterungs- und Ansiedelungsflächen für Industrie, Handwerk und Logistik, der Erhalt bereits bestehender Areale und deren effizientere Nutzung. „Zukunft“ umfasst in erster Linie eine moderne Infrastruktur, klimagerechte Gestaltung, attraktive Lagen und eine gute Erreichbarkeit. „Region“ wiederum beleuchtet die regionale Zusammenarbeit, die Stärkung Kölns als Metropole sowie eine stadtübergreifende, moderne Infrastruktur. Insgesamt ist das Konzept in elf Punkte unterteilt, von denen zwei besonderen Einfluss auf künftige Entscheidungen haben dürften.
Zum einen wird ein Grundsatzbeschluss vorbereitet, der bestehende Gewerbe- und Industrieflächen auf Dauer erhält. Bedeutet im Klartext: Was jetzt Industrie oder Gewerbe ist, wird es auch bleiben. Das heißt zwar nicht, dass man im Zweifel und bei begründeten Ausnahmen davon abweichen könnte, aber zunächst einmal wird eben nach Möglichkeiten der Weiterentwicklung für produzierendes Gewerbe gesucht und nicht für andere Nutzungen – auch nicht oder nur teilweise bei Wohnraum. Haack bestätigt, dass dies ausdrücklich auch für das Liebig-Quartier geplant ist, in dem kurz- und mittelfristig das ehemalige Campina-Gelände und der alte Schlachthof neu entwickelt werden. Auch weite Teile Ehrenfelds oder der Industrie-Standorte im Rechtsrheinischen dürften darunter fallen, eine fast vollständige Umnutzung wie beim Max-Becker-Areal schwieriger werden. Geeignete Gebiete könnten laut Konzept gegebenenfalls dann auch über eine Vorkaufsrechtssatzung in städtische Hände gelangen.
Was Gewerbe ist, soll Gewerbe bleiben
„Diese Klarheit macht es letztlich natürlich auch wieder für Investoren interessant“, sagt der Vorsitzende des Wirtschaftsausschusses, Dirk Michel (CDU). Denn die hätten bei Gewerbegebieten bislang eher zurückhaltend agiert. „Es geht bei dem vorliegenden Konzept in erster Linie um den Mittelstand. Den müssen wir stärken“, so Michel. Zum Zweiten sollen Gewerbehöfe nach Münchener Vorbild in Köln etabliert werden. Diese stellen Gewerbeareale nicht nur in der Breite, sondern auch nach oben bereit: Oft in mehrstöckig angeordneten Gebäuden, die etagenweise etwa Handwerksbetrieben Möglichkeiten zur Produktion bereitstellen.
Nach Münchner Vorbild
Dazu soll, ebenfalls nach Münchener Vorbild, eine eigene Gesellschaft gegründet werden, die die Gewerbehöfe betreibt und vermarktet — „zu marktgerechten Preisen“, wie Haack betont. „Wir haben uns das genau angesehen. Das Modell funktioniert sehr erfolgreich. Die Gewerbehöfe sind ausgebucht und haben mehr Interessenten als freie Kapazitäten“, sagt Haack. Zehn solcher Einheiten gibt es dort, weitere sind geplant (s. Infokasten). Der Vorteil liegt in der viel größeren nutzbaren Fläche, allerdings müssen Infrastruktur und Substanz natürlich stimmen. Nicht zuletzt könnte man damit Standortnachteile gegenüber dem Umland aushebeln, viele kleinere und mittlere Unternehmen blieben lieber in der Stadt. „Aber sie finden hier zu wenig“, sagt Haack.
Das Konzept bedürfe nun politischer Beschlüsse, erläutert Michel: „Und die erwarten wir jetzt auch. Wir haben eine exzellente Vorlage, jetzt müssen wir sie auch umsetzen.“ Dass dies im ein oder anderen Fall auch schmerzhaft sein werde gerade im Hinblick auf die Wohnbebauung, darüber sei man sich im Klaren. „Aber wir müssen attraktive Orte schaffen. Dazu gehören Arbeitsplätze, auch im produzierenden Gewerbe.“