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„Sorge um Kinderseelen“Chaos an Kölner Schulen befürchtet – Kritik an „Platzlotterie“

Lesezeit 3 Minuten

Das geänderte Anmeldeverfahren sorgt für viel Kritik.

Köln – Das geänderte Anmeldeverfahren für weiterführende Schulen (wir berichteten) verunsichert Eltern, besorgt Schulen. Etliche befürchten ein organisatorisches „Chaos“, wenn sich viele mehrfach anmelden. Voraussichtlich wird in vielen Fällen wieder das Los entscheiden, wer den erhofften Platz tatsächlich bekommt. Elterninitiativen wie „Die Abgelehnten“ kritisieren diese „Lotterie“.

„Es kommt ein Tohuwabohu auf uns zu“

Mit der Klarstellung der Stadt, dass ab jetzt Mehrfachanmeldungen möglich sind, wurde zwar Transparenz geschaffen, sagt Nathalie Binz, Sprecherin der Stadtschulpflegschaft Köln. Aber es tun sich auch viele Fragen auf. Sie sehe „ein großes Chaos, ein Tohuwabohu auf uns zukommen“. Es bleibe abzuwarten, ob und wie viele Kinder an allen weiterführenden Schulformen mehrfach angemeldet werden. Die komplexe Bearbeitung könnte zu Problemen führen, die Anmeldefristen einzuhalten. „Wir fordern eine digitalisierte Unterstützung der Schulen bei der Bearbeitung“, so Binz. Sie plädiert dafür, die bis zu diesem Jahr bewährte Praxis mit einem Erst- und einem Zweitwunsch wieder einzuführen. Das sei möglich, „wenn das Land NRW dies im Schulgesetz regelt und Mehrfachanmeldungen verbietet“, meint sie.

Kinder durch Corona schon sehr belastet

Für sehr problematisch hält auch Ute Flink, Leiterin der Königin-Luise-Schule, den zu erwartenden großen Mehraufwand für die Schulen. Sie seien durch Corona schon jetzt an ihren Belastungsgrenzen. Die demnächst erforderlichen zusätzlichen Aufnahmerunden könnten sich bis in die Abiturzeit 2022 hinziehen. 2020 waren es nur vereinzelt Eltern, die ihr Kind an mehreren Schulen anmeldeten, um angesichts des Schulplatzmangels ihre Chancen zu erhöhen. Bisher waren die Entscheidungen für die Wahl der weiterführenden Schule geleitet vom Bestreben, eine Schule zu finden, „die zum Kind passt und umgekehrt“, sagt Flink.

Verfahren

Das Grundproblem: Es fehlen Schulplätze besonders an gefragten Gymnasien in einigen Stadtteilen und an den Gesamtschulen. Die Stadt hatte bisher einen Erst- und einen Zweitwunsch für die Anmeldungen an weiterführenden Schulen abgefragt. Die Stadt stellte jetzt klar, dass Mehrfachanmeldungen möglich und rechtens seien. Das führt zu einem komplexen neuen Bearbeitungsverfahren.

Zuerst müssen innerhalb der Fristen (s. Homepage der Stadt) je Schule die Anmeldungen erfasst, Nachrückerlisten erstellt werden. Die Listen sind um die zu bereinigen, die woanders einen Platz annahmen, dann rücken Kinder nach... Am Ende wird es wieder „Abgelehnte“ geben, die unter freien Restplätzen zu wählen haben. (MW)

Nun wird an Schulen in vielen Fällen das Los entscheiden, wenn es mehr Anmeldungen als Plätze gibt. Die Sprecherin der Schulleitungen an Gymnasien bedauert einen faktischen Abschied vom Wunschplatz-Prinzip und macht sich „Sorgen um die Kinderseelen, wie es am Ende für die Kinder ist, wenn sie mehr Ablehnungen bekommen“, weil es so viele Überhänge gibt.

Kollegin Erika Nausester vom Hansa-Gymnasium kann schwer abschätzen, wie die Bearbeitung innerhalb der Fristen klappt. Der Aufwand werde groß sein. Sie hoffe auf nötige Hard- und Software zur Entlastung der Sekretariate. Bei der Aufnahme-Entscheidung könnten Schulen aus einem Kriterien-Katalog wählen, meist komme das Losverfahren zum Zuge, dazu die Geschwisterkindregelung, Härtefälle, seltener der Schulweg.

„Mit Argusaugen“ blickt Schulleiterin Susanne Gehlen darauf, wie sich das Verfahren auswirken wird. Das Genoveva-Gymnasium gehört bislang nicht zu den Kölner Schulen mit extrem vielen Anmeldungen. Wer an die Schule in Mülheim möchte, erhalte in der Regel den Platz. Das könnte sich durch Mehrfachanmeldungen deutlich ändern. „Wir möchten gerne auch künftig diejenigen annehmen, die uns wertschätzen und die gezielt hierhin möchten“, so Gehlen.

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„Wir möchten sie nicht dadurch verlieren, dass sie im Losverfahren wieder bei uns rausfliegen, wenn wir mehr Anmeldungen als Plätze haben.“ Am schlimmsten findet die Schulleiterin, dass das aufwendige Prozedere zu einem „unglaublichen Hinhalten“ führen könnte, bis endlich klar sei, welches Kind den Platz erhält und annimmt. „Das kann bis Juni dauern.“

Das frühere Verfahren mit einem Erst- und Zweitwunsch sowie moderierten Verteilverfahren sei „viel besser“, denn „dabei kam nicht die Lostrommel zum Einsatz, sondern gesunder Menschenverstand nach pädagogischen Maßgaben“.