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Senioren-Union schlägt AlarmSo dramatisch steht es um die Pflege in Köln

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Symbolbild

Köln – „Wo wollen Sie sterben?“, fragt Dieter Gruner. Eine ungewöhnliche Frage. Worauf der Kreisvorsitzende der Senioren-Union damit anspielt, ist in Köln jedoch nicht ungewöhnlich: Es gibt einen Notstand an stationären Pflegeplätzen. Gemeinsam mit Wolfgang Gärtner, bei der Senioren-Union Vorsitzender für den Bereich Mittelrhein hat, bemängelt Gruner, dass die Schaffung von Pflegeplätzen keine Priorität hat – trotz Ratsbeschlusses.

„Bereits heute fehlen 1000 stationäre Pflegeplätze“, konstatiert Gruner, der sich auf Zahlen aus dem Bericht zur Kommunalen Pflegeplanung aus dem Sozialausschuss 2021 beruft.

„2030 werden es 2000 sein und 2040 dann 4700 fehlende Plätze.“ Der Bau eines Pflegeheims dauere rund sieben Jahre. Zudem rechnet er vor, dass pro Pflegeheim 80 solcher Plätze entstehen. Um den Bedarf bis 2040 also lediglich zu decken, müssten 60 Einrichtungen gebaut werden. „In jedem Veedel müsste ein Pflegeheim stehen und selbst dann wären wir erst bei Null“, so Gruner. Dann sei lediglich der Notstand gedeckt.

Viele Pflegebedürftige gehen raus aus Köln

Was machen pflegebedürftige Senioren angesichts der fehlenden Plätze? Laut Gruner und Gärtner gehen sie ins Umland. In Einrichtungen im Bergischen oder ins Sauerland, was zu erheblichen Fahrten für die Angehörigen und dementsprechend zur Vereinsamung führe. „Und in der Todesanzeige steht später dann nicht Köln“, betont Gruner.

Die beiden Vorsitzenden bedauern, dass der Bau von Pflegeheimen noch keinen größeren Stellenwert erreicht hat, obwohl der Rat bereits im Juli 2019 einstimmig die Verwaltung beauftragt hat, „bei der Stadtentwicklung die Belange pflegebedürftiger Menschen bezüglich des Bedarfs an stationären Plätzen zu berücksichtigen.“ Es gebe nicht nur eine gesetzliche Vorgabe für Kita- und OGS-Plätze, sondern auch eine für Pflegeplätze: „Im Sozialgesetzbuch heißt es eindeutig: ‚Pflegebedürftige der Pflegegrade zwei bis fünf haben Anspruch auf Pflege in stationären Einrichtungen’“, so Gärtner.

Die Senioren-Union fordert die Verwaltung deswegen auf, Trägern geeignete Flächen bereitzustellen, sowie Ergänzungen im Rahmen des „Kooperativen Baulandmodells“ festzulegen. Dabei können sie sich eine Quote ähnlich wie bei Kita-Plätzen vorstellen. Der Mehrbedarf an Plätzen in Tagesstätten wird durch die erwartete Einwohnerzahl multipliziert mit dem Anteil Kinder in Tagesstätten errechnet und mit dem aktuellen Platzangebot verglichen. Kann der Mehrbedarf nicht gedeckt werden, ist der Planungsbegünstigte verpflichtet, beim Neubau weitere Plätze zu schaffen. Gleiches wünscht sich die Senioren-Union für Pflegeplätze. Zudem fordert sie die Einbeziehung der stationären Altenpflege in die Konzeptvergabe von städtischen Liegenschaften.

„Missstand“ Südbrücke

Laut dem Bericht zur Kommunalen Pflegeplanung gibt es derzeit lediglich konkrete Bauvorhaben für 221 stationäre Pflegeplätze in der Stadt.

Die Senioren-Union bemängelt auch ein bauliches Problem: Die Südbrücke. Der Aufgang zum Fußgängerbereich sei alles andere als barrierefrei. „Das ist ein Missstand, der so nicht bleiben kann“, beklagt Gruner. Der Treppenaufgang würde viele Personen mit eingeschränkter Mobilität von der Rheinquerung ausschließen. Die nächste Möglichkeit zu Fuß auf die andere Rheinseite zu kommen, ist kilometerweit entfernt. Gruner hat die Idee, die Brückentürme mit Aufzügen auszustatten. Eine Rampe, die zur Brücke hinauf führt, dürfte maximal sechs Prozent Steigung haben und würde sich dementsprechend lange hinziehen. Die Nahverkehr Rheinland (NVR) hat angekündigt, die Südbrücke auf vier Gleise auszubauen, doch das erst bis 2040. Laut Gruner muss da deutlich früher etwas passieren.