SPD-Fraktionsvorsitzender Rolf Mützenich schaute im „Presseclub“ auf „ein anstrengendes Jahr“ zurück.
Rolf Mützenich im Presseclub„Habe das imperiale Denken Putins unterschätzt“
„Es war ein anstrengendes Jahr, das an einem gezerrt hat – bis hin zur Selbstverleugnung. In diesem Amt kann man sehr einsam werden.“ Rolf Mützenich, Fraktionschef der SPD im Deutschen Bundestag, blickte beim Jahresabschluss-Gespräch im Kölner Presseclub auf ein turbulentes 2023 zurück. Im Gespräch mit Peter Pauls und Michael Hirz bezeichnete Mützenich 2023 als ein Jahr voller Herausforderungen und Überraschungen, auf die man keine schnellen Antworten finden konnte.
Der Abgeordnete für den Kölner Wahlkreis III (Chorweiler, Ehrenfeld, Nippes) blickt mit Sorgen auf das kommende Jahr. „Aber Aufgeben kommt nicht in Frage.“ Angesichts der desaströsen Umfragen für die Ampel müsse man sich handwerkliche und kommunikative Fehler eingestehen und aufarbeiten. Dennoch sei die Ampel mit ihrer „guten Kombination“ aus sozialer Gerechtigkeit, Liberalismus und Ökologie eine Chance für Deutschland. Den Aufstieg der AfD müsse man durch sehr konkretes Vorgehen stoppen. „Hört gut zu, was da gesagt wird. Höcke hat Menschen mit Handicap als Belastung für die Gesellschaft bezeichnet. Wer kommt danach? Kranke? Rentner?“ Ein Verbot der AfD sei allerdings ein großes Wagnis. Hier habe er noch Beratungsbedarf.
Diplomatie nicht ins Abseits stellen
Bei den Europawahlen im nächsten Jahr sei ein Rechtsruck zu befürchten. Die demokratischen Fraktionen im Europaparlament sollten sich zu einem Block gegen Rechts zusammenschließen. Auch in der Außenpolitik gestand Mützenich Fehler ein. So habe er das imperiale Denken Putins unterschätzt. Es sei aber „perfide“, die Entspannungspolitik mit dem Überfall auf die Ukraine in Verbindung zu bringen. Neben den notwendigen militärischen Maßnahmen dürfe man nun aber die Diplomatie nicht belächeln und ins Abseits stellen. Als völlig unrealistisch bezeichnete Mützenich die Forderung des früheren grünen Außenministers Joschka Fischer und des Politikwissenschaftlers Herfried Münkler angesichts des Krieges in der Ukraine und der Gefahr der Wiederwahl Donald Trumps, die EU zur Nuklearmacht aufzurüsten.
Besonders abwegig erscheint dem ehemaligen außenpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion die Idee Münklers eines Koffers mit rotem Knopf, der zwischen den EU-Hauptstädten wandert. „Die Vorstellung eines atomaren Wanderpokals in den Händen von Meloni oder Orban finde ich abenteuerlich“, so der Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion.