Die Wohngenossenschaft feiert 125 Jahre. Ihr Ziel: Bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Heute ist Klimaneutralität die große Herausforderung.
Kriegsschäden und WiederaufbauZollstocker Wohngenossenschaft Köln-Süd feiert 125-jähriges Bestehen
„Eine gute, sichere und sozial verantwortbare Wohnungsversorgung für die Mitglieder zu schaffen ist der Zweck einer Wohngenossenschaft. Dieser Leitgedanke führte zu unserer Gründung, und er gilt auch heute noch. Wenn man den aktuellen Kölner Wohnungsmarkt betrachtet, erscheint dieser Zweck nicht nur zeitlos, sondern auch von besonderer Dringlichkeit“, sagt Stefan Hofius, Vorstand der Wohngenossenschaft Köln-Süd.
Günstiger Wohnraum war schon immer knapp in großen Städten, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Ende des 19. Jahrhunderts waren es die zumeist elenden Wohnverhältnisse, in denen Arbeiterfamilien in Ballungsräumen lebten, die dazu führten, dass sich Wohngenossenschaften in Deutschland bildeten.
Die Anfänge der Wohngenossenschaft Köln-Süd
Als eine der ersten Genossenschaften in Köln gründeten 67 Genossen – „hochherzige Mitbürger“, wie eine Zeitung damals meldete – am 21. März 1899 die Wohngenossenschaft Köln-Süd.
In den ersten Jahren baute die Köln-Süd Einfamilienhäuser, vor allem in Zollstock, und verkaufte diese an ihre Mieter. In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts stieg die Nachfrage nach Wohnraum, die Köln-Süd errichtete daher Mehrfamilienhäuser.
„Die Genossenschaft verkaufte die Wohnungen nicht mehr, sondern behielt und bewirtschafte sie. Diese Häuser machen heute noch einen Großteil unseres Bestandes aus“, berichtet Hofius. Bis zum Beginn des Zweiten Weltkrieges besaß die Genossenschaft knapp 1400 Mietwohnungen, neben Zollstock unter anderem auch in Sülz, Lindenthal und Braunsfeld.
Fast alle Häuser im Krieg beschädigt
Im Krieg wurden fast alle diese Häuser beschädigt. 60 Prozent des Bestandes waren zerstört, die restlichen vierzig Prozent waren nur teilweise bewohnbar. „Trotz mangelnder Baustoffe, fehlender Arbeitskräfte und Geldentwertung gelang es, bis 1953 alle Häuser wieder aufzubauen“, sagt Hofius. Ab 1949 baute die Köln-Süd bereits wieder neue Häuser.
Nachdem sie ihren Bestand wieder hergestellt hatte, schloss sie sich mit anderen Kölner Wohngenossenschaften zusammen, um die zerstörte Altstadt wieder aufzubauen. Als dieses Ziel erreicht war, wurde der Wohnungsbestand der temporären gemeinsamen Gesellschaft auf die einzelnen Genossenschaften verteilt. Durch die Fusion mit einer Rodenkirchener Wohnungsbaugesellschaft kamen 1966 weitere Wohnungen in Rodenkirchen und Sürth hinzu.
Ab 1975 baute die Köln-Süd weniger neu, sondern begann, ihre Wohnungen zu modernisieren. „Das war notwendig, um den Wert des Bestandes und die Vermietbarkeit für die zukünftigen Jahrzehnte zu sichern“, erklärt Hofius.
Energetische Sanierungen
Kurz nach 2000 kam eine neue Aufgabe hinzu: Energie sparen. Dämmen, neue Fenster, neue Heizungslangen war nun die Devise. Auch Balkone wurden angebaut. Durch umfangreiche energetische Baumaßnahmen wurden bereits viele Bestandshäuser zu Niedrigenergiehäusern umgebaut.
2008 startete die Köln-Süd ein Gemeinschaftsprojekt mit drei anderen Kölner Wohngenossenschaften, um auf einer ehemaligen Industriefläche am Raderthalgürtel 540 Wohnungen zu schaffen – die „Vorgebirgsgärten“. Heute gehört ihr 2380 Wohnungen, 52 Gewerbeeinheiten und 520 Einstellplätzen und Garagen, die meisten Objekte nach wie vor in Zollstock.
Hohe Nachfrage bei Genossenschaft Köln-Süd
Die Mieten liegen bei 7,48 Euro kalt pro Quadratmeter, warm unter 10 Euro. Kein Wunder, dass der Run auf die Genossenschaft groß ist. Allerdings nimmt die Köln-Süd, wie auch andere Genossenschaften, seit Jahren keine neuen Mitglieder auf. „Wir haben bereits mehr Mitglieder als Wohnungen. Da macht keinen Sinn, ellenlange Wartelisten aufzumachen“, bedauert Hofius. Das werde sich so schnell auch nicht ändern, meinen er und Vorstandskollege René Oelschläger.
Um Mitglied zu werden – derzeit nicht möglich – kaufen Interessenten Anteile an der Genossenschaft, mindestens zwei, maximal fünf. Ein Anteil kostet 1200 Euro. Das Geld gehört den Mietern, bei Auszug erhalten sie es zurück. Bis dahin zahlt die Genossenschaft ihren Mitgliedern vier Prozent Dividende im Jahr auf ihr Kapital. „Es rufen oft Menschen an, die ihr Geld bei uns anlegen wollen. Das machen wir nicht, wir sind keine Bank“, erklärt Hofius.
Neubauen und günstig vermieten sei wegen der explodierten Baukosten derzeit kaum möglich, sagt er. „Wir wünschen uns von der Stadt, dass sie uns zumindest bezahlbare Grundstücke zur Verfügung stellt“, so Hofius.
Klimaziele erreichen – die große Herausforderung der Zukunft
Die größte und schwierigste Aufgabe für die Zukunft sehen Hofius und Oelschläger im Umbau des Wohnungsbestandes zu einer Klimaneutralität. Das will die Genossenschaft bis 2045 schaffen. Alle vorhandenen Gasheizungen sollen ausgetauscht und durch Fernwärme oder Wärmepumpen ersetzt werden. „Das erfordert eine Riesen-Investition“, so Hofius.
Auf eine große Geburtstagsfeier verzichtet die Genossenschaft. Stattdessen gibt es für alle Mitglieder im Jubiläumsjahr die doppelte Dividende.