Auf der Vorgebirgstraße in Zollstock gilt Tempo 50. Viele Autofahrer fahren deutlich schneller. Zu laut, zu gefährlich, beschweren sich Anwohner immer wieder.
Gleich fünf AnträgeBürger fordern Tempo 30 auf der Vorgebirgstraße in Zollstock
Gleich eine ganze Reihe Bürgereingaben zu Tempo 30 aus dem gesamten Stadtgebiet lagen dem städtischen Ausschuss für Bürgerbeteiligung, Anregungen und Beschwerden in seiner Sitzung Anfang Dezember vor. Darunter forderten fünf Tempo 30 für die Vorgebirgstraße in Zollstock. Da diese Eingaben nahezu gleichlautend waren und die meisten von ihnen von Mitgliedern der „Initiative Vorgebirgsgarten“ stammten, trug Petentin Katrin Herbon, Gründerin der Initiative „Vorgebirgsgarten“, ihre Forderung stellvertretend für die anderen vor.
Zwischen der Straße „Am Vorgebirgstor“ und Höninger Platz sei es besonders dringlich, Tempo 30 einzuführen, denn auf dem kurzen Abschnitt lägen angrenzend zwei Kindergärten, zwei Spielplätze und eine Grundschule, erklärte Herbon. „Laut einer Statistik vom ADFC, die auf Daten der Verkehrsunfallstatistik der Polizei NRW zurückgreift, gab es in den letzten 7,5 Jahren auf der Vorgebirgstraße zwischen Stadion und Höninger Platz allein 102 Verkehrsunfälle unterschiedlichen Schweregrads“, sagte sie. Zudem würde auf dem Abschnitt zumeist deutlich schneller gefahren als die erlaubten 50 Kilometer pro Stunde. „Daraus ergibt sich nicht nur eine erhöhte Lautstärke- und Feinstaubbelastung, sondern ein erhöhtes Gefahrenpotenzial sowohl für die kreuzenden Schulkinder, Kindergartenkinder und Radfahrende als auch für Autofahrerinnen und -fahrer“, so Herbon.
Köln bekennt sich zur Verkehrswende – Petenten sehen Stadt in der Pflicht
Die Stadt sei in der Verantwortung zu handeln, da sie bereits vor zwei Jahren der Städteinitiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ beigetreten sei. „Die Stadt hat sich also dazu verpflichtet, andere Prioritäten zu setzen: Nicht der Verkehrsfluss sollte das Ziel sein, sondern die menschenfreundliche Verkehrsplanung“, sagte Herbon. Die Initiative, die im Sommer 2021 von sieben Städten gegründet wurde, bekennt sich zur Mobilitäts- und Verkehrswende mit dem Ziel, die Lebensqualität in den Städten zu erhöhen. Mittlerweile haben sich ihr mehr als tausend Kommunen angeschlossen.
Sie fordern den Bund auf, die rechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass Kommunen mehr Spielraum erhalten, Tempo 30 anzuordnen, auch auf Hauptverkehrsstraßen. Derzeit legt das Straßenverkehrsgesetz fest, dass Tempo 30 nur bei konkreten Gefährdungen beziehungsweise vor sozialen Einrichtungen wie beispielsweise Kitas und Schulen angeordnet werden kann.
Von Anwohnern der Vorgebirgstraße sei immer wieder zu hören, es werde zu schnell gefahren, langsamer sei leiser und sicherer, der Abschnitt zwischen Südstadion und Gürtel sei eine Zumutung für Anwohner und Fußgänger, der Verkehrslärm würde immer lauter und dauerhafter, zählte Herbon auf. „Die Einrichtung von Tempo 30 würde die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden sofort erhöhen und die Lärmbelästigung reduzieren.“
Schon die Bezirksvertretung Rodenkirchen hatte in der Vergangenheit mehrfach versucht, eine Geschwindigkeitsreduzierung auf der Vorgebirgstraße zu erreichen. Die Anträge wurden von der Verwaltung jedoch stets abschlägig beschieden, mit dem Hinweis, die Straße gehöre zum Vorbehaltsnetz der Stadt, ein Netz aus übergeordneten Straßen.
Die Verwaltung hatte zur Sitzung des Ausschusses eine Stellungnahme zu den Bürgereingaben vorgelegt. Eine stadtweite Einführung von Tempo 30, wie es ein Petent fordere, sei nach geltendem Recht nicht möglich, informierte sie. Die Verwaltung sehe in der Geschwindigkeitsreduzierung in vielen Fällen aber durchaus eine Möglichkeit, Lebensqualität zu schaffen, Emissionen zu reduzieren und die Verkehrssicherheit sowohl objektiv als auch subjektiv zu erhöhen. Die Möglichkeiten Tempo 30 anzuordnen, würden fortlaufend im Einzelfall geprüft und im Rahmen der rechtlichen Vorgaben angeordnet, so die Verwaltung.
Der Ausschuss verwies in seinem Beschluss ebenfalls auf die Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeit“ und beauftragte die Verwaltung, alle Straße zu identifizieren, auf denen Tempo 30 zum Lärmschutz angeordnet werden muss.
Reform des Straßenverkehrsgesetzes sieht mehr Spielraum für Tempo 30 in Städten vor – ist aber vorerst gestoppt
„Ich bin so weit zufrieden, weil es in meinen Augen zeigt, dass die Politik fraktionsübergreifend gewillt ist, sich für Tempo 30 einzusetzen“, sagte Herbon. Verhalten zufrieden zeigte sich Zollstockerin Sabine Müller, langjähriges Mitglied im Rat und in der Bezirksvertretung Rodenkirchen für Bündnis 90/Die Grünen. Auch sie hatte eine Bürgereingabe zu Tempo 30 auf der Vorgebirgstraße eingereicht. „Die derzeitigen Vorgaben machen es der Verwaltung schwer, Tempo 30 anzuordnen. Die Einzelprüfungen sind mit großem Aufwand verbunden. Was wir wirklich brauchen, ist eine Novellierung des Straßengesetzes“, betonte sie.
Der Bundestag stimmte im Oktober einer geplanten Änderung des Straßenverkehrsgesetzes zu, die Ländern und Kommunen mehr Entscheidungsspielräume zur klima- und umweltfreundlichen Gestaltung des Verkehrs vor Ort zugesteht. Der Bundesrat lehnte die Änderung jedoch im November ab, sodass die Reform zunächst gestoppt ist. „Wir bleiben auf jeden Fall am Ball und hoffen, dass das veraltete Straßenverkehrsrecht doch noch modernisiert wird“, meint Herbon.
2019 galt einmal Tempo 30 auf der Vorgebirgstraße, allerdings nur temporär und weiter stadteinwärts auf Höhe der Freifläche zwischen Fortuna-Sportplätzen und der Bahnunterführung, als hier ein Oktoberfest stattfand. Für ein Fest, bei dem die Gefahr bestehe, dass Betrunkene unvorsichtig über die Straße torkeln, werde aus Sicherheitsgründen ein Tempolimit verordnet, nicht aber zur Sicherheit von Schulkindern, ärgerte sich damals eine Mutter, die ebenfalls Tempo 30 auf der Vorgebirgstraße gefordert hatte.