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Denkmäler in GefahrGrabpaten  können Stein-Kunstwerke vor dem Verfall schützen

Lesezeit 4 Minuten
Vier weiße lebensgroße Marmorfiguren, stehn auf einem Sockel und tragen einen Sarg

Das Sargträger-Denkmal der Familie Faßbender ist auf dem Südfriedhof zu sehen.

In Köln gibt es 55 städtische Friedhöfe, der bekannteste ist der Melaten-Friedhof, der größte aber, mit 64 Hektar, der Südfriedhof. Viele Grabsteine sind historische Zeugnisse und vom Verfall bedroht.

Aktuell stehen auf dem Südfriedhof 532 Grabsteine unter Denkmalschutz, 26 haben einen Paten, 281 sind „besitzerlos“. Bei den meisten dieser Grabstellen ist das Nutzungsrecht abgelaufen, es gibt keine Angehörigen mehr oder diese haben kein Interesse, die Grabstätte zu pflegen. Damit diese historischen Grabsteine nicht irgendwann einmal wie ein Kartenhaus zusammenfallen, werden sie auf Kosten der Stadt nach und nach instandgesetzt. Das kostet Geld. Deshalb freut die Stadt sich über jeden Bürger, der eine Patenschaft für ein altes Grab übernehmen möchte. Die Übernahme einer Patenschaft ist zunächst gebührenfrei, aber man verpflichtet sich, die Grabstätte fachgerecht auf eigene Kosten zu restaurieren und zu pflegen. Je nach Zustand der Denkmals müssen hier zwischen 2000 bis 10 000 Euro angesetzt werden. Im Gegenzug erhält der Pate im Todesfall das Vorrecht für die Nutzung des Patengrabes und muss dann nur noch die übliche Friedhofsgebühr bezahlen.

Engelsfiguren, Rosetten oder sonnige Stellen sind beliebt

„Wir machen regelmäßig Begehungen, befreien die Grabstätten von Efeu und Gestrüpp und prüfen, ob die alten Steine noch standsicher sind. Falls der Stein wackelt, kontaktieren wir einen Steinmetz, der dann im Auftrag der Friedhofsverwaltung das Fundament erneuert, denn der Erhalt und die Pflege von Kleindenkmälern ist im Denkmalschutzgesetz NRW festgeschrieben“, sagt Sarah Sadlowski, die seit 13 Jahren als Gärtnerin auf dem Kölner Südfriedhof arbeitet.

Die Menschen suchen vor allem Grabstellen nah am Eingang, damit die Angehörigen später nicht so weit laufen müssen, berichtet sie. Einige wollen eine Engelsfigur, eine Rosette oder eine sonnige Stelle. „Der Hauptgrund, weshalb sich so wenige Kölner für eine Grabpatenschaft entscheiden, sind nicht nur die Kosten für die Restaurierung, sondern auch die Tatsache, dass man auf den historischen Grabsteinen im Todesfall in den meisten Fällen nicht den eigenen Familiennamen eingravieren lassen darf, sondern dieser nur auf einer zusätzlichen Grabplatte stehen darf“, so Sarah Sadlowski.

Ein Grab ist komplett von Efeu überwuchert.

Eine überwucherte historische Grabstätte sucht einen Paten.

Steinmetzmeisterin Petra Walk, die gemeinsam mit ihrem Mann am Südfriedhof in vierter Generation einen Fachbetrieb führt, findet, dass das Amt für Denkmalpflege der Stadt Köln unbedingt Veränderungen an dem aktuellen Vergabekonzept vornehmen müsse, wenn die historischen Kleindenkmäler auch für die nächsten Jahrzehnte erhalten werden sollen. Denkbar sei beispielsweise ein Mix aus alt und neu, wie es bei denkmalgeschützten Immobilien praktiziert wird.

Stadt Köln soll das Vergabe-Konzept ändern, damit Steine erhalten bleiben

„Wenn man Paten haben will, muss man auch ein paar Zugeständnisse machen, damit dieses System funktioniert. Früher durfte man die alten Schriften vorne weglöschen und die Namen der früheren Verstorbenen hinten am Denkmal anbringen. Durch diese Vorgehensweise bot die vordere Seite des Grabsteins Platz für die Namen der Grabpaten. Auch das Anbringen von Glasplatten mit den neuen Namen vor den alten Namen wäre eine Möglichkeit.“

Auch an der Auswahl der städtischen Grabmalschützer gibt es Kritik: „Es gibt auch jüngere Grabsteine, die schützenswert sind. Die Beurteilung, ob schutzwürdig oder nicht immer nur an die Jahreszahl der Errichtung des Denkmals zu knüpfen, ist falsch“, findet Steinmetzmeister Jörg-Peter Walk. Er befürchtet, dass die Friedhöfe auf Dauer ihr Gesicht verlieren, wenn nicht auch die Vielfalt der Grabkultur aus allen Epochen geschützt und bewahrt wird.

Auf dem Südfriedhof sind nicht ganz so viele Prominente wie auf Melaten begraben. Das Grab der Familie Sion steht unter Denkmalschutz und ist bis 2034 noch in Pflege. Die Grabstätte der Familie Sünner mit der großen Engelsfigur wurde von den Angehörigen nicht verlängert, fand aber schnell einen Paten. Auch das monumentale Sargträger-Denkmal aus weißem italienischem Marmor der Familie Faßbender im Flur 15 hat einen Paten. „Das Grab der Familien Matthes-Rath und das der Familie Overzier/Schaaf, beide in Flur 20, suchen wir dagegen noch Paten. Wir freuen uns über jeden Interessenten, denn nur so können wir schöne alte Grabsteine vor dem Zerfall retten“, sagt Gartenmeisterin Sarah Sadlowski.

Friedhöfe sind nicht nur Orte der Trauer und des Abschieds, sie sind auch Orte voller Lebensgeschichten. Jeder Grabstein, egal ob alt, modern, schlicht oder aufwändig gestaltet, erinnert an ein Leben in einer anderen Zeit, an einen Menschen, der jetzt hier seine letzte Ruhestätte gefunden hat und dem ein „Denkmal“ gesetzt worden ist.

Kontakt : 0221 /221 25124