„Kleid muss Seele der Braut widerspiegeln“Im Kölner Süden können Frauen zu Prinzessinnen und Meerjungfrauen werden

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Besitzerin Kseniya Reyda steht in ihrem neuen Laden vor den Brautkleidern.

Besitzerin Kseniya Reyda steht in ihrem neuen Laden vor den Brautkleidern.

Kseniya Reyda verkauft in ihrem neuen Laden in Sürth Designer-Brautkleider und hat sich damit einen echten Kindheitstraum erfüllt. 

Sürth hat kein echtes Zentrum, der kopfsteingepflasterte Marktplatz ist ein Parkplatz, das kulinarische Angebot ist überschaubar, und ein Schaufensterbummel dauert maximal 15 Minuten. Demnächst könnte sich die Verweildauer der potenziellen Kunden in Sürth jedoch erhöhen, denn seit einem Monat kann man hier jetzt Hochzeitkleider anprobieren und kaufen. Auf 70 Quadratmetern finden sich drei Spiegel, und alles ist weiß.

Hochzeit in Köln: Bräute bleiben im Schnitt zwei Stunden

„Die Bräute kommen selten alleine, meistens sind sie in Begleitung von Mutter, Schwester, Trauzeugin und bester Freundin. Sie bleiben im Durchschnitt zwei Stunden, denn die Entscheidung für das richtige Kleid kann lange dauern“, sagt Ladenbesitzerin Kseniya Reyda. Die 45-Jährige ist vor 20 Jahren aus der Ukraine als Au-pair-Mädchen nach Deutschland gekommen und wohnt seitdem in Rondorf.

„Ich bin in der Ukraine aufgewachsen und habe mit meinen Eltern in einem Haus gewohnt, in dem im Erdgeschoss das Standesamt war. Jeden Samstag habe ich mir aus dem Fenster die Bräute angeschaut und Noten verteilt, welche Braut das schönste Brautkleid hat, nur wenige bekam die Note eins.  Schon als junges Mädchen hatte ich den Traum, den Frauen bei der Auswahl zu helfen.“

Pandemie machte aus der Hochzeitsfotografin eine Brautmoden-Verkäuferin

Jahrelang hat die Rondorferin als Hochzeitsfotografin in Köln und Umgebung gearbeitet, ihren Kindheitsraum aber nie aus den Augen verloren. Als durch die Pandemie die Hochzeitsfeiern ausfielen und damit die Aufträge als Fotografin, eröffnet sie 2022 in Leverkusen–Schlebusch einen Brautmodenladen. Die Lage dort sei nicht optimal gewesen, zudem war die lange Anfahrt aus Rondorf zeitraubend, daher kam das leerstehende Ladenlokal in der Falderstraße in Sürth wie gerufen.

Besitzerin Kseniya Reyda steht vor dem Schaufenster ihres neuen Brautmodenladens

Besitzerin Kseniya Reyda steht vor dem Schaufenster ihres neuen Brautmodenladens

„Ich wollte immer im Kölner Süden arbeiten. In Sürth ist es wunderschön, gemütlich, fast heimelig. Die Menschen gehen auf den Wochenmarkt, gehen in die Apotheke, in die Buchhandlung, zum Bäcker, ins Café um die Ecke oder zum Rhein, dabei kommen sie an meinem Laden vorbei und sehen im Schaufenster mein Angebot. Einer im Bekanntenkreises heiratet immer“, sagt Reyda, und man hört, wie zufrieden sie ist mit ihrem neuen Standort.

Klassisch, schlicht, Prinzessin, Meerjungfrau oder Boho-Braut

Im Angebot sind 60 Modelle in allen Stilrichtungen: von klassisch über pompös bis schlicht, von Prinzessin oder A-Linie, Meerjungfrau, Vintage bis Boho-Stil. Die Rondorferin setzt auf Designer aus Australien, den USA, der Ukraine und einem jungen Label aus Dresden, alles in der Preiskategorie von 1000 bis 3000 Euro. Am häufigsten verkaufe sie Kleider für rund 1800 Euro, erzählt die Ladeninhaberin. Die Bräute kämen mit einem bestimmten Budget, das häufig aber nicht ausreiche. Mütter oder Tanten erhöhten dann häufig spontan ihren Beitrag, wenn die Tochter oder Nichte sich in ein besonders schönes Kleid verliebt habe.

„Mit der Auswahl des Kleides sollte man am besten neun Monate vor der Trauung beginnen, denn jedes Kleid ist maßgeschneidert, es muss perfekt passen. Wenn am Ende der Beratung die Augen der Braut leuchten, habe ich mein Ziel erreicht. Zuletzt machte eine Braut die Augen zu und sagte: ‚Ich spüre das Kleid, ich spüre den Wind der Toskana‘. Das war unglaublich, wir haben alle eine Gänsehaut bekommen“, sagt Reyda, die ihren Laden ganz bewusst „Soul of Bride“ genannt hat. „In dem Kleid – egal ob Spitze, Perlen oder nur schlichte Seide – sollte sich die ‚die Seele der Braut‘ unbedingt widerspiegeln.“

Sürther Händler froh über Neueröffnung

Auch wenn der neue Laden keine Laufkundschaft haben wird und nur nach Terminvereinbarung geöffnet ist, freuen sich auch die anderen Sürther Geschäftsleute über die Neueröffnung in der Falderstraße. „Der Brautladen hier in Sürth ist etwas Unerwartetes, aber er trägt zum Branchenmix bei. Jeder neue Laden ist eine Bereicherung. Wenn es zu viel Leerstand gibt, dann bleiben die Leute weg“, sagt Nachbar Hans Diefenthal vom Möbelgeschäft „Wohnsinn“ freudig.

Auch Andres Wirgos, der auf der gegenüberliegenden Straßenseite seit 20 Jahren das „Feinsinn“, ein Geschäft für Damenmode und Accessoires, betreibt, begrüßt als Geschäftsmann den Sürther Neuzugang. „Jeder Laden bestäubt den anderen, je größer die unterschiedliche Auswahl, desto mehr befruchten sie sich gegenseitig. Ich freue mich auf neue Kunden.“

Kseniya Reyda hat sich mit der Neueröffnung in Sürth ihren Mädchentraum erfüllt – und hofft nun auf die jungen Frauen, die auch 2024 noch davon träumen, einmal im Leben Prinzessin zu sein.

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