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Nach 30 JahrenKölner Malerin Gerda Laufenberg muss ihr Atelier räumen

Lesezeit 3 Minuten
Eine ältere Dame, die vor einem Gebäude auf einer Terrasse sitzt, lacht herzhaft in die Kamera.

Nach 30 Jahren soll Gerda Laufenberg ihr Atelier am Mühlenweg verlassen. Gerda Laufenberg hatte 30 Jahre ihr Atelier am Mühlenweg in Rodenkirchen.

Gerda Laufenberg liest aus ihrem neuen Buch. Es könnte die letzte Veranstaltung am vertrauten Ort sein, denn ihr Atelier wurde ihr gekündigt. 

Nippes war nach dem zweiten Weltkrieg ein völlig zertrümmerter Stadtteil. „Größer war meine Welt als Kind nicht“, sagt Künstlerin Gerda Laufenberg. Ganz sicher lagen die benachbarten Veedel ebenfalls in Schutt und Asche. „Für mich war die Zeit im zertrümmerten Nippes eher unbeschwert, für die Erwachsenen beschwerlich. Man nimmt als Kind die Dinge anders wahr“, sagt die Malerin. Wie die Zeit und die Dinge waren, hat die heute 81-Jährige in einem Buch aus ihren Kindheitserinnerungen zusammen getragen, als Kinder die Trümmer für Spielplätze hielten und Erwachsene keine Zeit hatten, irgendetwas zu erklären.

Geschichten verbinden reale Ereignisse mit Laufenbergs Fantasie

„Die bizarre Schönheit der Trümmerblumen“ erzählt in insgesamt 27 Geschichten, teils lustig, teils ernüchternd, von einem Leben aus einer vergangenen Zeit. Sie sind erfunden, hätten aber so stattfinden können, betont Laufenberg, die die Ich-Perspektive wählte. Über zehn Jahre hat sie Geschichten gesammelt, diese für das Buch ergänzt. „Immer wenn ich etwas aus der Nachkriegszeit hörte, sah ich mich als Kind“, sagt sie zu den Anfängen. Heute hat das Buch eine andere Brisanz für sie. „Es waren nur Geschichten. Ich dachte, es ist eine Vergangenheit, die nie wieder kommt. Jetzt befürchte ich, dass sich die Geschichte wiederholen kann“.

Auch wenn einige Passagen lustig klingen und sie selbst lachen muss: „Es war nicht komisch. Es sind Geschichten aus einer Zeit, die das große Aufatmen hätte sein sollen. Das Gefühl hatte ich nicht.“ Lesen möchte sie aus dem Buch am liebsten einmal im Stadtmuseum, wo eine solche Veranstaltung ihrer Meinung nach hingehört. Zur Kunstmeile in Rodenkirchen, vom 27. April bis 11. Mai, möchte Laufenberg im Atelier vorlesen. Es könnte die letzte Veranstaltung dieser Art am Mühlenweg sein. Denn nach 30 Jahren hat sie die Kündigung für ihr Atelier erhalten.

Blick in einen hohen Raum, an dem ein Tisch in der Mitte steht, an den Wänden lehnen und hängen zahlreiche Bilder.

Gerda Laufenbergs Atelier am Mühlenweg ist bis unters Dach voll mit ihren Kunstwerken.

Die Kündigung gilt ab Juli, allerspätestens zum Jahresende muss die Fläche geräumt werden. Als Grund nennt der Vermieter Arbeiten an der Kanalisation. Damals, vor 30 Jahren, war Laufenberg mit ein paar Bildern und etwas Malwerkzeug eingezogen. Heute stapeln sich die Bilder auf Staffeleien, in Mappen, hängen bis zur Decke. 160 Quadratmeter mit zwei Nebenräumen, einer Bühne, zwei Toiletten, einer Küche, sind bis unter das Dach mit Kunst, Sprüchen, Dialogen und Skulpturen übersät. Ihr Pinsel hat auch vor keinem Stuhl, nicht einmal vor den Toiletten haltgemacht.

Ihre Arbeitsstätte ist seit drei Jahrzehnten weit mehr als ein Ort zum Malen, es ist auch ein Ort für kulturelle Veranstaltungen, für Musik, Lesungen, Lyrik- und Buchbesprechungen, Vorträge und Theater. „Es kam mir gar nicht vor wie gemietet oder gepachtet, es war ein offener Ort. Ein kleiner Raum wird ihr als Ersatz nicht reichen. „Ich bin nicht mehr in dem Alter, wo ich mir in einem gemeinsamen Raum ein Atelier teilen kann“. Tagsüber ist sie guter Dinge. Ihre Zeichnungen zur eigenen Lage bleiben humorvoll. Mit einem Bollerwagen, aus dem ihre eigenen Werke überquellen, verlässt Laufenberg erhobenen Hauptes das Atelier. „Nachts kann ich aber nicht schlafen“ gesteht sie.

Das Atelier, vormals eine Kfz-Werkstatt, dann eine Großwäscherei, liegt am Mühlenweg, der früher einmal eine kleine Handwerkerstraße war. Heute ist die Lage als Wohnadresse mehr als begehrt. Laufenbergs Plan seit der Kündigung ist nachvollziehbar. Sie hofft auf ein Wunder. „Auf ein geplantes Wunder. Noch bin ich nicht zu sehr unter Druck.“ Auf die Frage, ob sie nicht ganz aufhören möchte, wird Laufenberg nahezu schwerhörig. „Hm?“ Das heißt wohl nein. 


„Die bizarre Schönheit der Trümmerblumen“ wird Anfang Mai im Dittrich Verlag erscheinen. Die Premierenlesung ist am 25. Juni in der Stadtteilbibliothek geplant, an der Schillingsrotter Straße 38. Im Atelier liest Gerda Laufenberg am Montag, 28. April, ab 19 Uhr im Mühlenweg 3. Eintritt frei, um Spenden wird gebeten.