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Geschäft in der InnenstadtBedeutende Kaufmannsfamilie erhält Stolpersteine in Köln-Marienburg

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Kinder, die mit zwei Trompeten und einem Saxophon vor einem Notenständer stehen und musizieren

Schüler des Irmgardis-Gymnasiums musizierten bei der Gedenkfeier in der Marienburger Straße.

Familie Isay besaß ein großes Geschäft an der Zeppelinstraße und floh vor den Nationalsozialisten. Nun wurden Stolpersteine für sie verlegt.

„Ich habe mich sehr gefreut, als mir gesagt wurde, dass für meine Mutter, ihre Eltern und ihren Bruder Gedenksteine verlegt werden. Es ist ein gutes Gefühl und es macht mich glücklich, dass sie und ihr Schicksal in Erinnerung bleiben“, sagt Alfred Fass. Der 66-Jährige war aus Israel nach Köln gekommen, um dabei zu sein, als der Künstler Gunter Demnig die Stolpersteine für seine Familie verlegte.

Die vier Steine kamen vor dem Haus Marienburger Straße 37 ins Pflaster, denn hier lebten Fass’ Mutter Ruth, geboren 1921, ihr sechs Jahre jüngerer Bruder Walter und ihre Eltern Alfred, Jahrgang 1885, und Sophia Isay, Jahrgang 1897. Die jüdische Familie Isay war maßgeblich an der Entwicklung Kölns zur bedeutenden Handels- und Industriestadt beteiligt. Sie besaß ein großes Kaufhaus für Strumpf- und Strickwaren sowie ein Geschäftshaus an der Zeppelinstraße, das bis heute erhalten ist.

Künstler Gunter Demnig mit einem Stolperstein in der Hand

Der Künstler Gunter Demnig verlegte auf der Marienburgerstraße 37 Stolpersteine für die Familie Isay.

„Meine Mutter hat immer erzählt, dass sie eine glückliche Kindheit hatte. Die Familie war reich und meine Mutter und ihr Bruder wuchsen behütet auf. Mein Opa war mehrmals Karnevalsprinz. Als 1933 die Nazis an die Macht kamen, war es mit allem vorbei. Das Leben, das sie bis dahin geführt hatten, brach weg“, berichtet Fass.

Gesamte Familie Isay überlebte Holocaust

1933 flohen die Isays vor den Nazis nach Amsterdam. Sophia kam noch einmal mit den Kindern kurz nach Köln zurück, folgte ihrem Mann aber 1934 in die Emigration. Alfred baute in den Niederlanden eine Firma auf, die Kinder besuchten die Schule. Nachdem die Nazis ab 1940 auch Holland besetzten, wurde aber auch diese Firma „arisiert“.

1942 wurde Ruth das erste Mal in ein Schulgebäude verschleppt und tagelang festgehalten. Sie meldete sich zum Nähen von Uniformen der SS in einer Fabrik und kam dadurch frei. Im Februar 1943 wurde die Familie in das Durchgangslager Westerbork eingewiesen, um von dort in ein Vernichtungslager gebracht zu werden.

Nur durch die Hilfe eines nichtjüdischen ehemaligen Angehörigen der Firma Isay konnten die Vier das Lager wieder verlassen. Danach tauchten sie bei niederländischen Familien unter und überlebten so den Holocaust. „Die meisten Verwandten, die Deutschland nicht verlassen hatten, wurden ermordet“, berichtet Fass.

Patenschaften werden von Grünen-Politiker und Schulklasse übernommen

Nach dem Krieg wanderten seine Eltern nach Israel aus und starben dort 2001. Großvater Alfred starb 1948 in Amsterdam, die Großmutter Sophie 1983 in ihrer Geburtsstadt im fränkischen Nürnberg, ihr Sohn Walter 2000 in Amsterdam.

Die Patenschaft für die Gedenksteine für Alfred und Sophia Isay übernahmen die Rodenkirchener Landtagsabgeordnete Eileen Woestmann (Bündnis 90/Die Grünen) und ihr Mann, die Patenschaft für Ruth und ihren Bruder Walter übernahmen die Schüler der 9d des Irmgardis-Gymnasiums.