„Wir fahren so lange es geht“Fähre Krokolino leidet unter niedrigem Rheinpegel
Köln-Weiß/Zündorf – „Wir schaffen hier jetzt mal Fakten auf dem Rhein“, sagt Fährkapitän Niklas Thiel und hält die Krokolino, eines der beiden Fährschiffe, die zwischen Weiß und Zündorf pendeln, an der tiefsten Stelle in der Fahrrinne des Rheins an. Das Anhalten ist völlig unproblematisch, der Rhein hat kaum noch Strömung. Die Wasseroberfläche ist ruhig wie ein See an einem windfreien Tag. Optisch sieht es aus, als ob Europas größte Wasserstraße genug Wasser trägt, aber der Schein trügt enorm.
Thiel holt eine Bootsstange und lässt die Klappe herunter. Die Stange sticht er in den Grund, versenken kann er sie nicht. Grobe Schätzung, als er sie wieder hoch holt: „Das sind noch zwei, maximal 2,50 Meter“, sagt er. Bei einem Kölner Pegelstand von 139 cm soll die Fahrrinne im Kölner Bereich noch mindestens 250 Zentimeter tief sein, veröffentlicht die DLRG dazu.
Rheinpegel in Köln nur noch bei 90 Zentimetern
Derzeit weist der Rhein in Köln einen Pegelstand von 90 Zentimetern auf. „Wir fahren so lange es geht. 2018 haben wir bei einem Pegel von 80 Zentimetern aufgehört, aber das war im September. Ich gebe da keine Prognosen mehr ab“, ergänzt Heiko Dietrich, der seit 37 Jahren das „Krokodil-Fährensemble“ über den Rhein schifft. Derzeit ist nur die Krokolino im Einsatz, aus Personalmangel. Übergesetzt wird derzeit noch alle 15 bis 20 Minuten. Thiel kommt derzeit auf knapp 50 Stunden. Natürlich fährt auch Dietrich noch, aber dem 84-Jährigen schmerzen die Knochen. Bei einem Wasserstand von 2,50 Metern berechnet Dietrich kurzerhand, dass der Rhein derzeit noch eine Fließgeschwindigkeit von 500 Kubikmeter pro Sekunde hat, normal sind 2300. „Bei Hochwasser sind es 14 000“, sagt Dietrich.
Der 84-Jährige ist froh, dass Niklas ihn jetzt unterstützt. Wie immer an Bord, gilt auch hier das „Du“. Seit April ist Niklas, der vorher in der Eventbranche gearbeitet hat, bei Dietrich fest angestellt. „Ich segle seit meinem siebten Lebensjahr. Ich bin definitiv aus der Branche“, sagt er. Und er liebt diesen Job, weil er einfach „mega Spaß“ macht. Beim Ab- und Anlegen muss Thiel sich allerdings gut konzentrieren. Ganz langsam geht es von der Rampe in Weiß herunter. Mehrfach habe er schon auf Grund aufgesetzt. Weder für das Fährschiff noch für die Passagiere sei das ein Problem, bekräftigt er. „Man muss aber wesentlich punktgenauer fahren und auf der Rampe die Klappe herunterrutschen lassen“, erklärt er. Am Uferrand sind es vielleicht noch 30 Zentimeter unter Kiel. Beim Anlegen in Zündorf rumpelt es ordentlich. „Wir landen hier eigentlich nur noch auf Geröll“, sagt Dietrich.
Fähre genießt Kultstatus
Am Ufer würden ständig die Steine ins Wasser geworfen. Auch große Reifen liegen im Wasser, die eigentlich dort nichts zu suchen haben. Dietrich gibt den Anglern die Schuld. „Die machen das nicht aus Bosheit, sondern aus Dummheit“, vermutet er. Die Fahrgäste stört das nicht. Ein Pärchen hatte gerade eine direkte Hin- und Rückfahrt gebucht. „Weil es einfach so schön ist“, erzählen sie und fragen, ob sie ein Foto von Dietrich machen dürfen. „Sie sind hier ja eine regelrechte Berühmtheit“, schiebt der Fahrgast nach und winkt zum Abschied, als die Fähre wieder ablegt. Gefahren wird täglich von 11 bis 19 Uhr, am Wochenende schon ab 10 Uhr. Montag ist Ruhetag. Bleibt zu hoffen, dass das so bleibt – und die Fähre nicht bald stillsteht.