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Grüne Architektur„Hängende Gärten von Bayenthal“ zeigen, wie nachhaltiger Wohnungsbau geht

Lesezeit 4 Minuten
Ein Mann mit grauem Haar und Bart steht im kurzärmeligen Hemd auf einer Dachterrasse.

Architekt Gabor Schneider brauchte neun Jahre für den Bau der „Hängenden Gärten von Bayenthal“.

Ein Vorzeige-Projekt grüner Architektur wurde in Bayenthal realisiert. Das Haus integriert Fassaden- und Dachbegrünung und flexible Grundrisse für „mitwachsende“ Wohnungen.

Das lange, tiefe Grundstück an der Alteburger Straße hat Gabor Schneider als Architekten gereizt. Es ist ein ehemaliges Gründerhaus, in dem eine Wäscherei untergebracht war. „Wie kann man die notwendige, städtische Verdichtung so angehen, dass eine Stadtbrache sinnvoll genutzt wird und zu einem guten Klima beiträgt?“ fragte er sich. Neun Jahre später sind „Die hängenden Gärten von Bayenthal“ endlich fertig. Aus der Wäscherei wurde ein Wohnensemble, das sämtliche Möglichkeiten einer modernen Stadtbegrünung aufzeigt.

Ein Weg mit einem Beet, eine Ziegelwand und eine Hauswand sind zu sehen.

Stilelemente sind das Bauhaus-Rot, Spiegel, Holz und Glas, die Treppe im Hof führt zum Dachgarten.

Drei Jahre hat alleine die Baugenehmigung gedauert. „Da wollten wir eigentlich schon fertig sein.“ Hätte Schneider im Vorfeld gewusst, dass aus der Konzeptidee aus dem Jahr 2014 erst 2023 ein fertiges Haus werden würde, hätte er vielleicht erst gar nicht mit der Umsetzung begonnen. Dennoch spricht der Architekt heute von einem Leuchtturmprojekt, das viele Nachahmer finden soll.

Urban Gardening auf der Dachterrasse in Köln-Bayenthal

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gründerzeithaus um Anbauten im Hof erweitert. Diese Gewerbeeinheiten wurden im Zuge des Umbaus abgerissen, es entstanden Loftwohnungen mit einem großen Dachgarten. Überall im Hof wurde der Putz minutiös abgeschlagen und freigelegt. Alles soll begrünt werden, manches muss noch wachsen. Der Dachgarten ist eine große, grüne Oase mit Kräutern, Blumen und sogar Obstbäumen, weil zum Teil meterhoch das Erdreich aufgeschüttet wurde. Urban Gardening im wahrsten Sinne.

Aber nicht nur die Pflanzen sind besonders nachhaltig, sondern auch die Baustoffe. Soweit es ging, wurden die Materialien des ursprünglichen Hauses wieder verwendet, der Bestand erhalten, mit ökologischen Baumaterialien gearbeitet. Die Dämmung ist aus Holz und Zellulose. Jede Wohnung verfügt über eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung. Und jede Wohnung ist veränderbar.

Grundriss der Wohnungen sind flexibel, Spiegel vermitteln Weite

Denn Lebensmodelle verändern sich. Sämtliche Wohnungen sind flexibel ausgerichtet. Wände können einfach versetzt werden. Aber auch die Wohnungen untereinander können miteinander verbunden werden, nicht nur horizontal, sondern auch vertikal. Schneider hat die Optionen mit einberechnet. In den Wänden sind dafür Stürze eingebaut, die Statik ist für den vertikalen Ausbau ausgelegt. Bei individueller Entfaltung soll so eine Nachbarschaft der Kommunikation und Begegnung möglich sein.

Zu Schneiders Stil gehört auch das „Bauturm - Rot“, das sich überall als Markenzeichen in roten Quadraten oder Linien wieder findet. Das hat schon Schneiders Vater, der renommierte Kölner Bauturm-Architekt Erich Schneider-Wesseling verwendet. Außerdem kommen überall Spiegel zum Einsatz. Sie geben nicht nur Licht, sondern vermitteln Weite.

Wohnungen in Köln-Bayenthal liegen im Hochpreis-Segment

Durch die lange Bauzeit sind die Wohnungen am Ende sehr teuer geworden. Aus ursprünglich elf geplanten Mietwohnungen wurden am Ende acht teure Eigentumswohnungen. Deshalb gibt es noch eine Treppe zum Dachgarten, der mittlerweile nur zwei Eigentümern gehört. Hier hat die gewollte flexible Veränderung bereits begonnen: Zwei Altbauetagen wurden zusammen verkauft, ein Loft und das Tiny House zu einer Wohneinheit verbunden. Das Hausensemble hat keinen Aufzug, keine Tiefgarage und spielt dennoch im absoluten Hochpreis-Segment mit.

Eine Haustür steht offen, im Flur hängt ein Kronleuchter, der Boden ist klassisch weiß-dunkelbraun gefliest.

Der Eingang ist eine Reminiszenz an die verwendeten Materialien. Es wurde, wie im Flur, möglichst viel von der alten Bausubstanz erhalten.

Die Preise liegen zwischen 8000 und 12.000 Euro pro Quadratmeter. „Am Ende sind die Bauherren und ich mit einem blauen Auge davon gekommen“, sagt Schneider. Das Dach des Haupthauses ist abgerissen worden und durch ein zweigeschossiges Dach ersetzt, das nach Schneiders Dafürhalten begrünt werden soll. Die neuen Eigentümer der Dachgeschossmaisonette können sich aber auch für Fotovoltaik entscheiden.

Im Erdgeschoss wirkt die Fassade wie eine Collage der verwendeten Materialien. Rankspaliere, Mauerwerk, rote Linien, die Holzverschalung, Glas und Spiegel. Für den Vorgarten verwendet Schneider ein Wortspiel: „Aus der Gründerzeit wird Grün der Zeit.“ Mit der Stadt hat er um jeden Zentimeter Rankenstange an der Fassade gestritten.

Im kleinen Innenhof ist ein Rankgitter zu sehen, eine Treppe führt zur Dachterrasse.

Auch die Fassaden sollen begrünt werden.

Von einer großen Pflanze in der Mitte sollen die Ranken die symmetrischen Balkone hochwachsen. Die Idee der Fassadenbegrünung ist bei ihm früh verankert. Als Kind war er bereits leidenschaftlicher Gärtner und hat im Severinsviertel an der Josephstraße eine Glyzinie gepflanzt - heute ist diese ein mächtiger Strauch. Schneider selbst hat der Stadt Köln inzwischen den Rücken gekehrt. Im Bergischen Land, im Burscheider Ortsteil Berringhausen, hat er ein ganzes Dorf als Holzhaussiedlung in diesem Stil entstehen lassen und ist selbst in das Musterhaus eingezogen. Er baut halt lieber um Bäume herum anstatt sie abzuholzen.