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Riesenrad am Kölner SchokomuseumDieser Mann dreht das ganz große Rad

Lesezeit 4 Minuten

Riesenrad ist einfach Kult, findet Willi Kipp. Seine Familie ist schon seit Generationen im Schaustellergeschäft.

Köln – Köln kennt er schon, und zwar vom rechten Rheinufer aus: Wenn in Deutz Kirmes ist, bietet Willi Kipp Fahrten mit seinem Riesenrad an. „Jetzt hier zu sein, das ist mal etwas anderes“, sagt er und meint damit den Standort. Der hat sich nämlich einige hundert Meter gen Westen verschoben, auf die Freifläche vor Schokoladenmuseum und Sportmuseum.

„Mal eine andere Perspektive“, lacht Kipp, der noch immer gerne mit der Gondel in die Lüfte fährt. Dabei gehört für ihn das Riesenrad von Kindheit an zum Alltag. Der 25-Jährige ist in einer Schaustellerfamilie aufgewachsen. Schon sein Großvater fuhr von einem Jahrmarkt zum anderen. Bei ihm konnte man Ringe werfen oder an Verlosungen teilnehmen. Der Vater stieg um auf Fahrgeschäfte. Vor 32 Jahren spezialisierte er sich auf Riesenräder, die seitdem das Markenzeichen der Familie sind. Insgesamt haben die Kipps drei Stück. Eines steht derzeit in Rimini, manchmal aber auch in Bozen, Bari oder Salerno. Das betreibt eine von Kipps älteren Schwestern. Die anderen beiden Riesenräder touren durch Deutschland.

Vom Schaustellerleben begeistert

Den Unterricht besuchte Willi Kipp früher in seiner Stammschule in Bonn und an anderen Orten: „Immer dort, wo wir gerade waren“, erzählt er. Seine am weitesten entfernte Schule war eine in Berlin. Er kennt aber auch ganz andere Konstellationen: „Ein Riesenrad baut man nicht so schnell auf und ab. Aber wenn man zum Beispiel einen Crêpes-Wagen hat, steuert man im Jahr vielleicht 30 verschiedene Events an, und die Kinder gehen auf 28 Schulen.“

Das Schaustellerleben seiner Familie hat ihn immer begeistert. „Wenn man das nicht anders kennt, macht es Spaß. Jedes Jahr freut man sich darauf, die Freunde in den verschiedenen Schulen wiederzusehen.“ Und dann sind da ja auch noch diejenigen, deren Eltern auch über die Märkte fahren. Viele von ihnen sieht er noch heute bei der Arbeit. Zwar treffen sie die Standortabsprachen nicht gemeinsam, „das suche ich nach geschäftlichen Überlegungen aus, sonst nützt es ja nichts.“ Aber, sagt er: „In zweiter Linie ist es immer schön, wenn Freunde auch da sind.“ Auch seine Frau kommt von der Kirmes. „Ihre Familie hatte Greifautomaten. Aber jetzt ist sie zu mir gezogen, und wir betreiben das Riesenrad gemeinsam.“

Bald auch barrierefrei

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Meter ist das Riesenrad hoch, das am Schokoladenmuseum steht. Bemerkenswert ist dieses Maß vor allem, weil das Riesenrad mobil und nicht, wie zum Beispiel das London Eye, ganzjährig fest montiert ist. „Mit einem größeren Rad unterwegs zu sein, wäre schwierig“, sagt Betreiber Willi Kipp. Im Winter wird das Gefährt in einer Lagerhalle in der Nähe von Euskirchen verwahrt.

Mindestens bis zum 31. August soll die Attraktion am Rheinufer stehen bleiben. Willi Kipp hofft, dass noch innerhalb dieser Zeit eine barrierefreie Gondel geliefert wird. Bestellt hat er sie längst, aber Corona-bedingt verzögerte sich die Lieferung. Vorgeschrieben ist Barrierefreiheit für den Betreiber des Riesenrades nicht, „aber sie wird immer wichtiger. Und es ist schön, wenn auch die Leute, die nicht aus dem Rollstuhl raus können, mitfahren können.“ Fahrten kosten acht Euro für Erwachsene und sechs für Kinder. (jot)

Das Schaustellergeschäft ist eines, das man nur mit ganzer Seele machen kann, denn es bestimmt das Leben komplett. Schon als Kind half Willi Kipp seinen Eltern, so gut er es konnte. „Wenn man aus der Schule kam, kassierte man ein bisschen, oder man schnappte sich einen Schwamm und eine Bürste und machte sauber.“

Etwas anderes zu machen, könnte der junge Mann sich überhaupt nicht vorstellen – auch wenn jeder Arbeitstag sich über 15, 16 Stunden erstreckt. Kaum ist er morgens aufgestanden, kommen schon die ersten Anrufe. Bleibt doch mal Zeit für eine Pause, genießt er es, mit seiner Frau essen zu gehen: „Wir probieren gerne etwas Neues aus.“ Was er an seinem Riesenrad besonders schätzt? „Es passt einfach immer! Ob mit Kirmes oder ohne: Riesenrad ist einfach Kult.“