An dem Potsdamer Treffen zur „Remigration“ hat auch eine Mitarbeiterin der Stadt Köln teilgenommen – sie bekam dafür die fristlose Kündigung. Jetzt wehrt sie sich dagegen vor Gericht.
Fall Simone BaumKeine Einigung vor Kölner Gericht – insgesamt vier Kündigungen
Zwei Begleiter machen einer zierlichen Frau den Weg frei bis vor den Gerichtssaal und schirmen sie ab. Nach Aufruf der Sache 17 Ca 543/24 geht es dann aber ganz schnell. An ihrem Platz angekommen, braucht die NRW-Landesvorsitzende und stellvertretende Bundesvorsitzende der erzkonservativen Werteunion, Simone Baum, nicht lange sitzen bleiben, um das Geschehen zu verfolgen. Schon nach fünf Minuten endet der Gütetermin ergebnislos.
„Gütliche Einigungsmöglichkeiten werden definitiv ausgeschlossen“, sagte Arbeitsrechtler Marcus Michels, der die Stadt in dem Kündigungsverfahren vertritt. Eine Erklärung, wie die Stadt die Kündigung Baums nach über 20-jähriger Zusammenarbeit begründet, bleibt Michels schuldig. Er habe das Mandat erst kürzlich übernommen und sei noch nicht tief genug drin in der Sache. Die Personalräte seien jedoch angehört worden. Und weiter: „Ich glaube, formal werden wir da nicht straucheln.“
Teilnahme an Treffen radikal Rechter?
Hintergrund für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses soll Baums Teilnahme am Treffen radikal Rechter in Potsdam sein. Über das Treffen hatte das Recherchekollektiv Correctiv berichtet. An der Konferenz hatten auch AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der Werteunion sowie Unternehmer teilgenommen. Der Gründer der Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, hatte hernach bestätigt, dass auf der Zusammenkunft über „Remigration“ gesprochen worden sei.
Verwenden Rechtsextremisten diesen Begriff, meinen sie für gewöhnlich, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll – die Anwendung von Zwang wird dabei nicht ausgeschlossen. Laut Correctiv nannte Sellner auf der Konferenz drei Zielgruppen: Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht und „nicht assimilierte Staatsbürger“, was von Deutschen mit ausländischen Wurzeln bis zu Deutschen mit nicht genehmen politischen Überzeugungen alles meinen kann.
Simone Baum: Vier außerordentliche Kündigungen
Insgesamt hat die Stadt, wie vor dem Arbeitsgericht bekannt wurde, vier außerordentliche Kündigungen gegen Baum ausgesprochen. Außerordentlich, weil die langjährige Mitarbeiterin im Amt für Umwelt und Verbraucherschutz — wo Baum für das Beschwerdemanagement verantwortlich gewesen sein soll — laut Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVÖD) unkündbar ist. Demnach ergingen am 29. Januar jeweils eine fristlose Tat- und Verdachtskündigung. Am 31. Januar folgten eine Tat- und Verdachtskündigung, diesmal aber mit einer Auslauffrist zum 30. September 2024. Zwar hat Baum als Mitarbeiterin im öffentlichen Dienst, anders als Beamte, keinen Eid geleistet. Durch den TVÖD sind jedoch Beschäftigte verpflichtet, sich durch ihr gesamtes Verhalten zur freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes zu bekennen.
Baums Rechtsanwalt, Rainer These, sagte, er halte die Kündigung unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt für begründet. Mit Blick auf das Treffen von Potsdam sagte er weiter: „Und auch soweit eben halt dieses mysteriöse Geheimtreffen ins Feld geführt wird, (...) ich halte das – das dürfen Sie sogar schreiben – für erstunken und erlogen.“ Ein Kammertermin in dem Fall ist für den 23. Mai terminiert.