Rautenstrauch-Joest-MuseumStadt Köln und Baufirmen streiten um Mängel und Millionen
Köln – Im jahrelangen Rechtsstreit um die vielen Baumängel am erst 2010 eröffneten Rautenstrauch-Joest-Museum (RJM) deutet sich ein spektakuläres Ende an: Nach Rundschau-Information prüft die Stadtverwaltung aktuell, ob die Arbeitsgemeinschaft Kulturzentrum Neumarkt (Arge KAN) den Museumsbetrieb für die nächsten zehn Jahre übernimmt. Bislang ist die Stadt verantwortlich. Die Arge KAN besteht aus mehreren Firmen, sie haben das Haus gebaut, dazu zählen ein Saal der Volkshochschule sowie die Erweiterung des Museums Schnütgen.
Sogar die Haus-Schließung drohte zwischenzeitlich
Diese Lösungsmöglichkeit ist so spektakulär, weil die Stadtverwaltung und eben diese Arge KAN sich seit Jahren vor Gericht gegenüberstehen, 2016 sprach die Stadt von zehn Klagen und 27 selbstständigen Beweisverfahren mit einer Schadenshöhe von rund 22 Millionen Euro. Unter anderem geht es um die defekte Sprinkleranlage oder das fehlerhafte Museumsdach. Zwischenzeitlich hatte 2015 die zweijährige Schließung des Museums zwecks Reparatur gedroht.
Der Altbau wird zur Schule
17 Millionen Euro hat die Stadt investiert, um den Altbau des Rautenstrauch-Joest-Museums in der Südstadt zur Schule umzubauen. Einziehen sollen nach dem Lockdown 85 Oberstufen schüler der Integrierten Gesamtschule Innenstadt (Igis). Der Umbau hatte sich verzögert, er hätte im Sommer und dann im Herbst abgeschlossen sein sollen.
12 Jahre nach der Schließung des Museums kehrt wieder Leben in das kernsanierte historische Gebäude am Ubierring ein. Auf 170 Quadratmetern stehen den Schülern ungewöhnliche Schulräume zur Verfügung. Neben Fachräume sollen auch zwei Sporthallen hergerichtet werden. In dem Schulinterim sollen rund 240 Schulplätze in den nächsten Jahren zur Verfügung stehen. Die Arbeiten an der Fassade (Bild l.) werden noch bis mindestens März weiterlaufen. Zu sehen sein werden dann sieben Sgrafiiti-Werke des Künstlers Otto Helmut Gerster, die bei den Arbeiten freigelegt werden konnten.
Für die Oberstufe der Igis wird parallel am Severinswall ein Neubau errichtet. Das Erdgeschoss ist im Rohbau fertig, der Bau soll 2022 abgeschlossen sein. (mft)
Im Zuge der möglichen Betreiber-Vereinbarung soll das jahrelange Gerichtsverfahren beendet werden, die Arge müsste demnach alle oder einige Mängel beseitigen, wohl auf ihre Kosten. Aber würde durch diese Lösung aus Sicht der Stadt nicht der Bock zum Gärtner gemacht? Überlässt die Stadt den Betrieb des Museums nicht einer Firma, der sie seit Jahren große Mängel vorwirft – und bezahlt sie sogar dafür?
„Unser Ruf ist angekratzt“
Immerhin war das Museum von Mitte 2015 bis Ende 2018 an 91 Tagen wegen der Defekte geschlossen, der damalige Museumsdirektor Klaus Schneider sagte: „Unser Ruf ist angekratzt. Die Öffentlichkeit nimmt uns doch nur noch als geschlossen wahr.“ Im Jahr 2018 hatten knapp 72 000 Menschen das RJM besucht.
Noch handelt es sich nach Rundschau-Informationen um eine Option, die Verwaltungsspitze hat noch keine übereinstimmende Meinung. Das soll sich bis Januar ändern, wenn die Politik entscheiden soll. Es ist also auch möglich, dass der jahrelange Rechtsstreit weitergeht und viel Geld kostet. Doch es soll bei der Stadt Fürsprecher für die Lösung mit der Arge KAN geben.
Erste Wasserschäden schon 2011
Es ist ein brisantes Thema, weil der Streit schon so lange dauert und weil es um ein vergleichsweise neues Museum geht: Es eröffnete erst im Oktober 2010 an der Cäcilienstraße, hatte zuvor seine Heimat am Ubierring (siehe Info-Text). Aber erste Wasserschäden gab es schon im Februar 2011, nur vier Monate danach.
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Die Kölner Stadtverwaltung beantwortete die Anfrage der Rundschau äußerst zurückhaltend: „Die Verwaltung hat ein großes Interesse, dass die Immobilie in einem absehbaren Zeitraum baulich-technisch so ertüchtigt wird, dass auf Dauer eine möglichst unterbrechungsfreie Nutzung dieser wichtigen Kölner Kultureinrichtung sichergestellt werden kann. Die Stadt Köln und die Auftragnehmerin stehen hierzu im Austausch, haben jedoch beiderseitig Stillschweigen vereinbart.“ Eine Sprecherin der Arge konnte sich am Dienstag nicht dazu äußern. Eine Mitarbeiterin des Landgerichts bestätigte aber, dass das Verfahren auf Antrag beider Parteien ruht.
Risiken für die Stadt
Wie zu hören ist, bietet die Betreiberlösung aus Sicht der Stadt vor allem den Vorteil, dass das teure Gerichtsverfahren beendet wäre und die Arge den sicheren Betrieb in dem Haus gewährleisten müsste – und zwar relativ schnell nach einem möglichen Vertragsabschluss. Trotzdem bliebe demnach die Stadt als Besitzer in der Haftung und müsste stichprobenartig kontrollieren, ob der Betreiber sauber arbeitet. Dieses Argument könnte skeptische Politiker möglicherweise überzeugen.
Doch es blieben Risiken für die Stadt. Nummer eins: Beseitigt die Arge tatsächlich alle Mängel in der entsprechenden Qualität? Die Verwaltung teilte ja jetzt schon mit: „Es bestehen zwischen der Stadt Köln und der Auftragnehmerin jedoch unterschiedliche Auffassungen hinsichtlich der Mängelfreiheit des Gebäudes.“ Warum sollten sich die Auffassungen plötzlich ändern, was ein Mangel ist und was nicht? Nummer zwei: Verschiebt die Stadt das Problem nicht einfach zehn Jahre nach hinten? Dann soll der Vertrag auslaufen, es könnte wieder zum Konflikt kommen.
Zur Frage, wie viele Verfahren mit welchem Streitwert aktuell offen sind, äußerte die Stadt sich auf Anfrage der Rundschau gar nicht – was durchaus bemerkenswert ist, weil sie selbst den Streitwert von rund 22 Millionen im Juni 2016 noch per Pressemitteilung veröffentlicht hatte.