Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Prozess in Köln21-Jähriger erdrosselt Mit-Patienten nach dem Sex

Lesezeit 3 Minuten
Köln: Ein Schild weist auf das Landgericht Köln hin.

Köln: Ein Schild weist auf das Landgericht Köln hin.

Ein 21-Jähriger wurde nach dem Totschlag dauerhaft in die Psychiatrie eingewiesen. Das Urteil betonte fehlende Impulskontrolle und geringe intellektuelle Fähigkeiten.

Weil er einen Mit-Patienten auf einer besonders gesicherten Station in der forensischen Psychiatrie in Porz mit einem Schnürsenkel erdrosselt hatte, hat das Landgericht am Dienstag die weitere dauerhafte Unterbringung eines 21-Jährigen in einer Psychiatrie angeordnet. Seit seinem 13. Lebensjahr befindet sich der Mann fast ununterbrochen in Unterbringung, die mit der Entscheidung der 4. Großen Strafkammer nun auf unbestimmte Zeit fortbestehen wird.

Der Angeschuldigte kam ohne Chance auf die Welt. Er hat keine sozialen Kontakte, keine Bezugsperson, keine Schulbildung und ist Analphabet.
Bastian Blaut, Oberstaatsanwalt

Am 16. Dezember 2023, so das Urteil, ging der damals 20-Jährige auf das Zimmer eines 40 Jahre alten unter Psychosen leidenden Mit-Patienten, der wegen Diebstahls- und Körperverletzungsdelikten in der Forensik einsaß. Auf dem Schreibtisch des 40-Jährigen hatten die beiden Männer Sex. „Im zeitnahen Zusammenhang mit diesem sexuellen Kontakt erdrosselte der Angeschuldigte den Geschädigten mit einem Schnürsenkel“, sagte der Vorsitzende Ansgar Meimberg in der Urteilsbegründung. Dabei zog der 21-Jährige vermutlich so heftig und wuchtig zu, dass das Opfer vermutlich nicht mal mehr in der Lage war, sich zu wehren. Nach der Tat verließ der Angeschuldigte das Zimmer des Opfers, ging rauchen und begab sich zurück auf sein Zimmer.

Gericht wertet Tat als Totschlag

Die Tat wertete das Gericht als Totschlag. Weder das Mordmerkmal der Heimtücke, noch das der niedrigen Beweggründe sah die Kammer als erfüllt an. Der 21-Jährige, dessen Vermögen zur Impulskontrolle nicht mal das Niveau eines dreijährigen Kindes erreiche, sei intellektuell nicht in der Lage gewesen, eine arg- und wehrlose Situation seines Opfers zu erkennen, weshalb er sie auch nicht habe ausnutzen können. Zudem habe der Angeschuldigte zwar nach der Tat spontan geäußert habe, er habe den 40-Jährigen aus Frust über seine eigene Situation getötet. Dem Gericht fehlte die sogenannte „innere Tatseite“: Der Angeschuldigte sei nicht in der Lage gewesen, seinen Frust als Motiv für die Tat zu erkennen.

Der heute 21-Jährigen kam bereits im Alter von zwei Jahren zu einer Pflegefamilie, mit fünf kam er erstmals in eine Psychiatrie. Seinen Vater kennt er nicht, seine Mutter war psychisch krank und nicht erziehungsfähig. Eine Schule hat er nie besucht. Seit seinem 13. Lebensjahr ist er fast ununterbrochen in Unterbringungen. Wegen Straftaten landete er in einer JVA, später in der Forensik in Köln. Oberstaatsanwalt Bastian Blaut beschrieb: „Eine insgesamt deprimierende Lebensgeschichte. Der Angeschuldigte kam ohne Chance auf die Welt. Er hat keine sozialen Kontakte, keine Bezugsperson, keine Schulbildung und ist Analphabet.“

Verteidigerin Hülya Karaman sah auch die Forensik in der Verantwortung: „Es ist Aufgabe des LVR auf dieser besonders gesicherten Station, alle Patienten zu schützen.“ Ihr Mandant hätte sich gar nicht auf einem anderen Zimmer aufhalten dürfen. Dass dies dennoch passiert sei, habe wohl mit Personalmangel zu tun, wobei sie sich auf die Aussage eines Pflegers berief. „Wenn sowas vorkommt, dann haben wir ein Versagen des Systems“, sagte die Verteidigerin. Über ihren Mandanten sagte sie: „Ich glaube, dass mein Mandant gar nicht in Freiheit will. Er will nur seine Ruhe, seinen Fernseher und sein Essen. Er hat nicht viele Erwartungen an sein Leben.“