Junge Mütter in sozialen Notlagen brauchen Hilfe - in Köln können sie dank der Unterstützung der Diakonie Michaelshoven den Weg in ein gutes Leben finden.
Hilfsangebot der DiakonieWie sich obdachlose junge Mütter in Köln eine Existenz aufbauen
Keine Wohnung, keine Arbeit, Schulden und zwei kleine Töchter. „Manchmal“, sagt Anna C. (Namen von der Redaktion geändert) „gibt es solche Momente noch, wo ich denke, das schaffe ich nie. Aber die gehen schnell vorbei.“ Anna sitzt auf einem Sofa, ihre einjährige Tochter Elsa neben ihr beobachtet aufmerksam, was im großen Gemeinschaftraum passiert. Dann wird ihr das zu langweilig, sie rutscht runter von Polster, krabbelt zu Spielkiste und lächelt verschmitzt. Schon besser! Ihre zwei Monate alte Schwester schläft unterdessen tief und fest im Doppelkinderwagen.
Anna ist eine von sechs jungen Frauen, die mit ihren Kindern in der Außenwohngruppe Loorweg der Diakonie Michaelshoven in Zündorf leben. Alle Frauen befinden sich in besonderen sozialen Notlagen. Und alle sind in der Lage, gut für ihre Kinder zu sorgen. Aber sie brauchen Hilfe bei der Bewältigung von Formalitäten, Entschuldungsverfahren oder der Suche nach einem Therapieplatz. Die Sozialarbeiterinnen der Wohngruppe machen ihnen auch Angebote in Sachen frühkindliche Entwicklung und sind da, wenn Fragen aufkommen.
Schwanger mit 18 Jahren
Ihre leibliche Mutter kann die 20-Jährige nicht fragen. Anna wächst im Kinderheim Brück auf, danach bei Pflegeeltern, hat Freunde, die selbst große Probleme haben. „Wenn man keine Familien hat, klammert man sich an andere Menschen“, sagt sie. In der 7. Klasse bricht sie die Schule ab, versucht es erneut am Berufskolleg, schafft das ein halbes Jahr. Sie schläft bei Freunden, lebt monatelang auf der Straße. Als sie schwanger wird, ist die 18-Jährige fest entschlossen: Das Kind soll bei mir aufwachsen. Um einen festen Wohnsitz zu haben, zieht sie zu ihrem Vater und dessen Frau. Aber es gibt oft massiven Streit, sie hält es nicht mehr aus, geht, mit ihrer Tochter im Arm und einer Tasche voller Babysachen.
„Und dann hatte ich Glück“, sagt sie, man merkt ihr die Erleichterung auch jetzt noch an. Sie klingelt bei der Notaufnahmeeinrichtung des Elisabeth-Fry-Hauses und bekommt einen Platz in der Außenwohngruppe. Einen von sechs.
Heute, nur ein Jahr später, geht es ihr richtig gut. Die junge Mutter hat einen Plan für ihr Leben und bewältigt ihre Situation mit großer Energie und Freunde. Mit ihren beiden kleinen Töchtern lebt sie in einem 30 Quadratmeter großen Zimmer, hier stehen drei Betten, ein Wickeltisch, zwei Schränke, die Einrichtung stammt von der städtischen Wohnungslosenhilfe.
Am Fenster leuchtet ein kunterbunter Spielteppich, den sie wie das Spielzeug selbst gekauft hat. Es ist supersauber und gemütlich. „Als hier ich hier ankam, war ich die unsicherste Mutter, die man sich denken kann“, erinnert sich die 20-Jährige. Das ist vorbei. In der sicheren Umgebung lernte sie schnell, ihrem Gefühl für ihr Kind zu vertrauen und macht seitdem Vieles ganz selbstverständlich richtig. „Und ich bekomme Tipps von den ältere Frauen hier“, sagt Anna.
„Damit meint sie mich“, sagt Sara S. (Name geändert) und lacht. Die Kubanerin ist 31 Jahre alt, ihre fast zweijährige Tochter Aimee schläft, Sara hat sie auf dem Baby-Monitor im Blick. Sie ist der Liebe wegen nach Köln gekommen. Dann wurde sie schwanger, ihr Lebenspartner misshandelte sie schwer. Sara ist deswegen in therapeutischer Behandlung. Seit zwei Jahren lebt die Ingenieurin in der AWG. Ihre Ausbildung hat sie in Deutschland anerkennen lassen, jetzt will sie das Sprachzertifikat C1 machen, damit sie ihren Beruf ausüben kann. Bald beginnt ihr Praktikum in einem Betrieb.
„Die Frauen hier kümmern sich alleine um ihre Kinder, und sie haben viele Termine. Beim unserem Frühstück montags bekommen sie ihre Post und es wird geklärt, wo sie Unterstützung brauchen“, schildert Sozialarbeiterin Julia Pürling. Die braucht Sara etwa dabei, das Sorgerecht für ihre Tochter zu bekommen. „Mir fällt es noch schwer, zu manchen Themen Mails zu schreiben“, sagt Anna. Auch für ihr Insolvenzverfahren brauchte sie Hilfe, aber das ist schon geschafft. „Die häufige Ursache von Wohnungslosigkeit bei Frauen ist körperliche oder psychische Gewalt“, so Pürling. Es müssten dringend mehr geeignete Plätze für Frauen mit Kindern geschaffen werden. Und es fehlt an bezahlbarem Wohnraum in Köln.“
An der Wand des Familienzimmers von Anna und ihren Töchtern hängen Fotos von den Kindern und von ihrem Vater, einem jungen Mann, der aus Somalia geflohen ist. Er lebt in einer Geflüchteten-Unterkunft in Porz, kommt häufig in die AWG, beschäftigt sich mit seinen Kindern, wickelt und füttert sie. „Dann kann ich mal in Ruhe duschen oder kurz ausruhen“, sagt Anna lächelnd. Sie will ihren Realschulabschluss nachholen, sobald beide Kinder in der Kita sind, und dann eine Friseurlehre machen, ihr Partner hat eine Arbeit gefunden. Die Begleitung hat den jungen Eltern geholfen, Konflikte ruhig zu lösen und trotz der schwierigen Situation zusammenzuwachsen. „Anna und Sara könnten mit gutem Gefühl ausziehen, sie kommen beide alleine zurecht“, sagt Julia Pürling.
„Richtig wie eine Familie leben, das können wir so nicht, das wird einem genommen“, sagt Anna, die ebenso wie Sara mit dem Team der AWG eine Wohnung sucht. „Wir stehen den Müttern und auch den Vermieterinnen und Vermietern nach dem Abschluss eines Mietvertrages als Ansprechpartner zur Verfügung“, sagt Pürling. „Und wir freuen uns über jedes Angebot.“ Bisher ist die Suche erfolglos geblieben. www. diakonie-michaelshoven.de