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Klangbrücke zur EwigkeitWahnheider Lutherkantorei führt frühbarocke Trauermusik auf

Lesezeit 3 Minuten
Anhaltender Applaus nach einer seelisch und musikalisch bewegenden Aufführung war der Dank für Kantor Leonard Klimpke (Mitte), die Lutherkantorei und Gastmusiker.

Anhaltender Applaus nach einer seelisch und musikalisch bewegenden Aufführung war der Dank für Kantor Leonard Klimpke (Mitte), die Lutherkantorei und Gastmusiker.

Die Wahnheider Lutherkantorei baute unter Leonard Klimpke eine Brücke zwischen Frühbarock und der Gegenwart.

Es war still in der Martin-Luther-Kirche. Mucksmäuschenstill. 90 Minuten lang. Gebannt folgten die Zuhörer dem, was die Wahnheider Lutherkantorei unter der Leitung von Kantor Leonard Klimpke darbot. Dabei waren die „Musikalischen Exequien“ des frühbarocken Komponisten Heinrich Schütz keineswegs leichte Kost – weder für die Zuhörer noch für die Sänger.

Entstanden ist das Werk inmitten der Wirren des 30-jährigen Krieges. Der Tod war in Deutschland schmerzhaft präsent. Doch eine ebenso große Rolle spielte der feste Glaube an die Auferstehung. Der Landesherr von Gera, Fürst Heinrich Posthumus von Reuß, ließ schon zu seinen Lebzeiten einen prächtigen Sarg mit Bibelworten und Versen zu Tod und Auferstehung beschriften. Seine Witwe beauftragte nach seinem Tod Heinrich Schütz, diese Texte zu vertonen und ließ sie bei der Beerdigung aufführen.

Chor singt stellenweise achtstimmig

Diese kunstvolle Begräbnismusik entfaltete auch fast 400 Jahre nach ihrer Entstehung beim Konzert der Lutherkantorei ihre Wirkung. Großen Anteil daran hatte Kantor Klimpke, der den Chor stellenweise achtstimmig singen ließ. Er brachte sich auch selbst ein, spielte die mit Blasebalg betriebene historische Orgel sowie das Cembalo und sang mit den Solisten.

Hier traten Charlotte Komar und Annika Leinauer (Sopran), Stefan Schneider (Alt), Robert Reichinek und Ilja Aksionov (Tenor) sowie Anton Förster (Bass) auf und überzeugten mit ihrem hörbaren Einfühlen in die melodischen und rhythmischen Besonderheiten der Komposition. Begleitet wurden die Solisten und die mehr als 50 Sängerinnen und Sänger starke Lutherkantorei vom Barockorchester Capella Moeneris mit so bemerkenswerten historischen Instrumenten wie Zink oder Alto Dulcian.

Die Aufführenden überzeugten mit ineinander verwobenen Stimmen von faszinierender Lebendigkeit. Das erforderte hohe Aufmerksamkeit, vor allem bei der doppelchörig angelegten Motette „Herr, wenn ich nur dich habe“. Hier ließ der Kantor die Stimmen der Sängerinnen und Sänger von zwei Standorten im Gotteshaus als Klangwogen aufeinandertreffen und sich schließlich harmonisch vereinigen.

Die Kantorei baute mit musikalischen Elementen eine Brücke zwischen dem Frühbarock und der Jetztzeit, zwischen Leben und Ewigkeit. Wer sich darauf einließ, wurde seelisch und musikalisch reich belohnt. Der Komposition von Heinrich Schütz wohnt schließlich eine zutiefst heilende Kraft inne. Nicht wenige Gäste des Konzerts empfanden das intensiv mit und fanden Trost in Tränen.

Der charismatische junge Kantor konnte im Konzert aus der großen Bandbreite seines Könnens schöpfen – und setzte gegen Ende noch einen ergreifenden Höhepunkt. Beim leuchtenden Schlusschor trat er als Solist in Erscheinung. Sein nahender Abschied aus der Gemeinde, von der Kantorei sehr bedauert, wurde mit diesen Textzeilen eingeleitet: „Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren“.

Wenig später entlud sich der während des gesamten Konzertes zurückgehaltene Applaus. Minutenlang spendeten die Gäste als Dank und Belohnung für die ergreifende Aufführung ihren Beifall.

Ein musikalischer Abschiedsgottesdienst für Leonard Klimpke ist am Sonntag, 8. Dezember, 9.30 Uhr, in der Martin-Luther-Kirche geplant.