Ein Feld mit Sonnenblumen in Köln-Poll zog im Sommer viel Aufmerksamkeit auf sich – die Aussaat der Ölfrucht war eigentlich eine Notlösung.
Unerwartete AussaatFeld mit Sonnenblumen – Notlösung zieht Passanten in Köln-Poll an
So viele lächelnde Gesichter wie in diesem Sommer dürfte der Weidenweg in Poll nie zuvor gesehen haben. Fast alle, die hier mit dem Rad, dem Auto oder zu Fuß unterwegs waren, freuten sich an einem goldgelben Meer von Sonnenblumen, die auf einem Feld zwischen Rhein und Weg üppig in Blüte standen.
Reihenweise hielten Passanten inne, um die leuchtende Pracht zu fotografieren – gern aus einem Blickwinkel, bei dem gen Norden noch die Domtürme im Hintergrund zu erkennen waren oder nach Südwesten hin die Rodenkirchener Brücke. Ausgetretene Trampelpfade, die von der Böschung zum Feld führen, legen Zeugnis von der Fotoleidenschaft ab. Und leider: Zahlreiche abgeschnittene Blütenstiele belegen auch, dass es manche Gäste nicht beim Fotografieren beließen.
Sonnenblumen von Poller Landwirtsfamilie gesät
Die Freude an den hierzulande eher selten angebauten Sonnenblumen ist der Poller Landwirtsfamilie Kleinschmidt zu verdanken. Den Standort ihres Betriebs Auf dem Sandberg beschreibt Bäuerin Gudrun Kleinschmidt gern so: „Das ist der Kölner Bauernhof, der dem Dom am nächsten liegt“.
Die Kleinschmidts bauen durchweg Getreide, Kartoffeln, Ackerbohnen und Gemüse an und nutzen die Ernte entweder als Viehfutter für die eigenen Schweine und Hühner oder vermarkten das Erntegut im Hofladen oder bei Abnehmern in der Nähe. Weizen beispielsweise wird zum Teil gemahlen und zum Backen verkauft, zum Teil in der Kölner Sünner-Brennerei zu Korn und anderen Spirituosen gebrannt.
Seit es die Ellmühle und das Uckendorfer Raiffeisen-Agrarzentrum als Abnehmer nicht mehr gibt, muss der kleine landwirtschaftliche Betrieb in Poll andere Vermarktungswege nutzen und eigene Lagerkapazitäten schaffen.
Seit mehr als 100 Jahren ist der Hof in der Familie und inzwischen der einzige Vollerwerbshof in Poll. Als Mitglied im Arbeitskreis „drüber und drunter“ fühlt sich die Familie dem Grundwasserschutz und der Biodiversität verpflichtet. Oft sind gute, neuen Ideen gefordert, um angesichts immer neuer Verordnungen für die Landwirtschaft einen auskömmlichen Weg zu finden.
Sonnenblumen waren Notlösung
Und nicht zuletzt spielen in diesem Metier das Wetter und Naturereignisse eine große Rolle. So waren die Sonnenblumen für dieses Jahr überhaupt nicht geplant, sondern eigentlich eine Notlösung, sagt Gudrun Kleinschmidt. Auf diesem Acker war ursprünglich Gerste gesät. Zwei Hochwasser im Frühjahr haben die jungen Getreidepflanzen aber buchstäblich ersäuft, nur ein kleiner Randstreifen ließ sich retten.
Der Rest des Feldes wurde gepflügt, die Kleinschmidts bauten darauf Ackerbohnen, Möhren und weiteres Gemüse an. Und auf einem großen Streifen wurden versuchsweise Sonnenblumen gesät. „Wir dachten uns, das könnte man mal probieren und das ist ja auch für die Bienen eine gute Nektarquelle“, sagt die Bäuerin.
Dass sich außer den Bienen auch viele Menschen über diese Sonnenseite der Landwirtschaft gefreut haben, finden die Kleinschmidts gut. Normalerweise nehmen Passanten schließlich eher wenig Notiz von den Äckern am Wegrand, obwohl die Landwirtschaft am Stadtrand eine große Rolle für die Verbesserung des Stadtklimas spielt. Die Sonnenblumen haben bei vielen Menschen aber die Neugierde darauf geweckt, was sonst noch am Wegesrand angebaut wird.
Leuchtend gelb ist das so oft fotografierte Feld längst nicht mehr, die Blütenköpfe sind braun und schwer von ölhaltigen Samen. Die ersten Meisen tummeln sich schon dort und picken Kerne. Im Oktober wird das Feld abgeerntet. Dann wird sich zeigen, ob sich die Fahrt zur auf Ölgewinnung spezialisierten Mühle in Niederkassel lohnt. Falls die Kerne dafür insgesamt zu klein sind, werden sie zum gehaltvollen Leckerbissen für die Legehennen auf dem Bauernhof.