Keine Hilfe bei SchädenSteigendes Grundwasser flutet Keller und Tiefgaragen in Porz-Lind

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Souterrain-Wohnungen sind unbenutzbar, in Dutzenden Kellern müssen Tag und Nacht Pumpen laufen.

Souterrain-Wohnungen sind unbenutzbar, in Dutzenden Kellern müssen Tag und Nacht Pumpen laufen.

Eindringendes Grundwasser macht Wohnräume der Anwohner in Porz-Lind unbenutzbar. Kein Amt und keine Versicherung zeigt sich für Schäden zuständig.

Das Unheil kam heimlich und unaufhaltsam. Seit Anfang Mai haben Dutzende Hausbesitzer und Bewohner in Porz Lind festgestellt, dass in ihren Kellern und Tiefgaragen unvermutet Wasser stand. Durch Bodenplatten und Mauerwerk bahnte sich das Wasser einen Weg ins Innere und seither müssen etliche Menschen im Umfeld des „Linder Bruchs“ im Dauerbetrieb Pumpen laufen lassen, um tiefliegende Räume nutzen zu können.

Ursache sind offenbar nicht plötzlicher Starkregen oder, wie manche zunächst meinten, defekte Haus-Leitungen oder verstopfte Entwässerungskanäle. Stattdessen sind der Wasserversorger Rhein-Energie und die Kölner Stadtentwässerungsbetriebe (StEb) überzeugt, dass es sich um Grundwasser handelt.

Grundwasserspiegel in Köln-Lind durch Regen erheblich gestiegen

Der Grundwasserspiegel sei durch über Monate anhaltende Regenfälle erheblich gestiegen. Im Bereich des Linder Bruch (Bruch ist eine Bezeichnung für Sumpf- und Moorland) liegt das Grundwasser wegen der Tieflage des Geländes relativ dicht unter der Erdoberfläche. Dort sind viele baulich nicht ausreichend geschützte Keller jetzt nass.

Das ist schlimm genug für alle, die in Tiefgaragen oder Lagerkellern Wassereinbrüche haben. Für Linder Familien wie der von Phyllis Eich ist es eine Katastrophe.

Die Familie hat ihr Haus an der Viehtrift vor vier Jahren deswegen gekauft, weil sich der Keller zu Wohnzwecken nutzen ließ. Zwei Kinder im Teenageralter hatten dort helle Souterrainzimmer plus Bad – bis das Wasser kam. Das Bad geriet als Verursacher in Verdacht, wurde aufgemeißelt und ist seither Baustelle.

Kein Amt und keine Behörde zeigt sich zuständig, die Bürger fühlen sich alleingelassen.

Kein Amt und keine Behörde zeigt sich zuständig, die Bürger fühlen sich alleingelassen.

In den Jugendzimmern ist die Nässe mehr als einen Meter hoch ins Mauerwerk gezogen, hat schwarzen Schimmel verursacht, die Räume sind gleichfalls unbenutzbar. An diversen Stellen wurde der Fliesenboden aufgebohrt, um Pumpen anzuschließen. Die laufen geräuschvoll bei Tag und Nacht, verursachen immense Stromkosten, doch drängt immer mehr Wasser nach.

Familie Eich hat schon ein Dutzend Fachfirmen im Haus gehabt, die ein weiteres Eindringen des Wassers unterbinden sollten. Doch alle teilten ihr mit: selbst bei Abdichtungsversuchen für 50.000 Euro und mehr gibt es keine Garantie für trockene Räume. Familie Eich ist verzweifelt, zumal weder für den Schaden noch für Abhilfe eine Versicherung greift. Die Elementarversicherung schützt zwar bei Überflutung beispielsweise durch Unwetter, nicht jedoch bei Schäden durch Grundwasser.

Bei Grundwasser ist kein Amt und keine Behörde zuständig

Gerhard Möller vom örtlichen Bürgerverein und Porzer Kommunalpolitiker versuchen seit Wochen, den betroffenen Bürgern zu helfen. Aber wie? Für einen grundsätzlichen Schutz bestehender Bauten   gegen Grundwasser ist kein Amt und keine Behörde zuständig.

Das ist anders als bei der Wohnsiedlung „im Bruch“ in der Nachbarschaft, wo vor Jahren der Erbauer gerichtlich verpflichtet wurde, eine unterirdische Schutzmauer um die Siedlung zu errichten, nachdem er die geologischen Gegebenheiten nicht berücksichtigt hatte. Es gibt für die jetzt Betroffenen auch keine Fördermittel des Landes, um bauliche Veränderungen zu bezahlen.

Bei einer Bürgerversammlung in Porzer Rathaus mit Bezirksbürgermeisterin Sabine Stiller haben Sprecher der Ämter den Betroffenen die Sachlage erklärt und zu Schutzmaßnahmen beim Bauen referiert. Den Eigentümern der schon Jahre oder Jahrzehnte stehenden Häusern nutzt das wenig. Sie verlangen, dass dem jetzigen, anhaltenden Wasserproblem auf den Grund gegangen wird.

Könnte es an größeren Baumaßnahmen aus jüngerer Zeit liegen, dass das über dem Grundwasser verlaufende Schichtwasser im betreffenden Bereich seine Fließrichtung geändert hat? Könnte wegen vermehrter Industrieansiedlung im Bereich zwischen Lind und Spich die Kapazität der Entwässerungsanlagen nicht mehr ausreichen? Könnte die langsame Fließgeschwindigkeit der Entwässerungsgräben im Bruch einen folgenschweren Rückstau bewirkt haben?

Betroffene von steigendem Grundwasser fordern Untersuchungen und Hilfe

Mit solchen Fragen befassen sich Betroffene wie Albert Kastl oder die Familien Eich und Gentsch. Sie fordern Untersuchungen und Abhilfe. Etliche Bewohner, die seit 40 Jahren und mehr in der Nähe des Bruchs wohnen, hätten so etwas noch nie erlebt. Wer allerdings in den 1930 Jahren dort baute, kenne vermutlich die Problematik, sagt ein Nachbar der Betroffenen, der frühere Porzer Bezirksbürgermeister Hans-Gerd Ervens. Im von ihm bewohnten Haus ist das Erdgeschoss als Hochparterre angelegt und der Keller hat nur eine geringe Höhe – da ist es trocken.

Rasche Maßnahmen seitens der Stadt waren bereits die Säuberung der Abflussgitter im sogenannten Sandfang, wo die Entwässerung des Bruchgebietes und der Ostgraben zusammen geführt werden und in den Kanal eingespeist werden. Um die sehr träge Fließgeschwindigkeit der Entwässerungsgräben zu erhöhen, müssten die Gräben wohl tief ausgekoffert werden. Das jedoch dürfte wegen der Eingriffsbeschränkungen im Naturschutzgebiet schwierig sein.

Auf einen Dringlichkeitsantrag der SPD-Fraktion hat die Bezirksvertretung Porz jetzt einstimmig unter anderem beschlossen, die Verwaltung möge die Bachlaufsysteme überprüfen. Kölner Ämter und weitere übergeordnete Behörden sind laut Beschluss gebeten, das Problem aufzugreifen und Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Zudem sollten Überlegungen zu einer Wiedervernässung der Wahner Heide als ein möglicher Lösungsbaustein geprüft werden. Und schließlich solle die Stadt sich dafür einsetzen, dass Hilfsprogramme des Landes auch bei plötzlich ansteigendem Grundwasserspiegel greifen können.

Viele der vermutlich mehr als 50 betroffenen Haushalte überlegen, ob sie sich gemeinsam juristischen Beistand sichern sollen, damit das Problem erforscht wird und sie Entlastung erfahren können. Bis dahin laufen Pumpen und Kosten, und gegen das Wasser kämpft jeder allein.

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