Der Bürgerverein Wahn-Wahnheide-Lind durchlief einen hindernisreichen Weg bis zur Genehmigung.
Bürokratische OdysseeGenehmigung der Stadt Köln für Bücherschrank in Lind dauert zwei Jahre
Baugenehmigungen in Köln können schon mal etwas länger dauern, das wissen Bauherren für private und gewerbliche Vorhaben. Dass dies auch für das Aufstellen öffentlicher Bücherschränke gilt, weiß seit einiger Zeit auch der Bürgerverein Wahn-Wahnheide-Lind.
Im Sommer vor zwei Jahren startet der Verein einen erfolgreichen Spendenaufruf an Mitglieder, Vereine, Handwerk, Industrie, Geschäftsleute und Kirchengemeinde zur Installation von drei Bücherschränken für die drei Orte. Das Projekt in Lind entwickelt sich jedoch zum bürokratischen Hindernislauf.
Zwei Jahre für die Aufstellung eines Bücherschrankes
Die öffentlich nutzbaren Schränke in Wahn und Wahnheide sollen laut Anregung des Porzer Pfarrers Johannes Mahlberg auf Kirchenland aufgestellt werden, Kirchenvorstand und Pfarrverein begrüßen die Installation vor den Kirchen Sankt Aegidius und Christus König. In Lind allerdings gibt es keine Kirche. Dort soll der Bücherschrank auf dem Dorfplatz stehen, wünscht sich der Bürgerverein – also auf städtischem Gelände.
Inzwischen steht der Linder Bücherschrank auf dem Dorfplatz an der Viehtrift und wurde im Juli von Bürgervereinsmitgliedern und vielen Gästen bei einem kleinen Umtrunk in Betrieb genommen. Mit Lektüre ist er bereits reichlich bestückt. Doch bis zur Eröffnung war es ein weiter Weg. Das Protokoll einer Odyssee:
Die Odyssee einer Genehmigung für einen Bücherschrank
Januar 2023: Alles beginnt mit einem Antrag zum Aufstellen des Schrankes unter Patenschaft des Bürgervereins, der jedoch prompt im Februar abgelehnt wird. Begründung: Laut Beschluss des Stadtentwicklungsausschusses dürften Bücherschränke nur von der Kölner Bürgerstiftung beantragt werden. Zudem wird der vorgesehene Aufstellungsort nahe einer Baumscheibe bemängelt.
Gerhard Möller, Vorsitzender des Bürgervereins, nimmt also Kontakt zur Bürgerstiftung auf. Dort erfährt er vom alleinigen Bücherschränke-Vertrieb in Köln durch die Firma Grewe und wundert sich über die Vorschrift, die demnach laute, dass es nur ein einziges genehmigungsfähiges Bücherschrank-Modell in Köln gebe. Möller weiß von diversen Bücherschränken in anderen Stadtteilen, die eine ganz andere Bauweise und Gestaltung haben. Aber gut. Er bestellt drei Schränke nach Maß beim Linder Unternehmen Pieper.
Sommer 2023: Es folgt ein reger Schriftwechsel mit dem Bauverwaltungs- und dem Grünflächenamt. Weil es einfach nicht vorangeht, schaltet Möller im Mai 2023 zunächst das SPD-Ratsmitglied Christian Joisten ein, schreibt im Juli an William Wolfgramm vom Dezernat für Klima, Umwelt, Grün und Liegenschaften, bittet im August Bezirksbürgermeisterin Sabine Stiller um Hilfe, und wendet sich im Oktober schließlich an das Dezernat für Stadtentwicklung.
Februar 2024: Dieses Dezernat lässt zunächst wissen, es sei nicht zuständig. Nach Umwegen naht auf Vermittlung von Dezernent Markus Greitemann schließlich aber doch Unterstützung. Ein kundiger Mitarbeiter setzt sich mit dem Bürgerverein in Verbindung. Ein Jahr nach Beginn des Unterfangens wird mit seiner Unterstützung ein neuer Antrag gestellt.
März 2024: Doch prompt droht erneut Ungemach. Am ausgesuchten Standort stelle der Bücherschrank eine Sichtbehinderung für den Straßenverkehr dar, heißt es seitens der Verwaltung. Ein neuer Ort auf dem Dorfplatz muss also her. Mitte März liegt endlich die Genehmigung vor – gegen eine Gebühr von 246 Euro.
Und dann sieht sich der Bürgerverein mit einer weiteren Hürde konfrontiert: Gefordert wird „die Beantragung einer Genehmigung einer Baustelle“, mit vier Wochen Vorlaufzeit, inklusive der Erstellung eines Verkehrszeichenplanes.
Verkehrszeichenplan? Das bedeutet, dass Möller genau angeben muss, an welcher Stelle die Baustellenschilder vor und während der Errichtung des Bücherschrankes aufgestellt würden. Gefordert, erledigt.
April 2024: Weiter geht es mit der Genehmigung für die Baustelle. Kostenpunkt: 70 Euro Verwaltungsgebühr, plus 3,10 Euro Sondernutzungsgebühr. Wofür das? Möller muss schmunzeln, wenn er es erklärt. Für eine Baustelle – also Sondernutzung – auf städtischem Terrain sind pro Monat und Quadratmeter 3,10 Euro fällig. Die zum Aufbau nötige Inanspruchnahme öffentlichen Straßenlandes vom 13. bis 25. Mai ist somit auch abgegolten, der bürokratische Hindernislauf endlich geschafft.
Die zeitgleich geplanten Bücherschränke in Wahn und Wahnheide auf den jeweiligen Kirchvorplätzen sind übrigens seit September beziehungsweise November vorigen Jahres in Betrieb. Es wurden keine Gebühren zur Genehmigung erhoben, langer Schriftverkehr blieb aus. Die Gemeinde fand das Engagement des Bürgervereins fürs Allgemeinwohl einfach gut und hat sich herzlich bedankt.
Porzer Bücherschränke
Im Stadtbezirk Porz gibt es bislang 13 öffentliche Bücherschränke, die von unterschiedlichen Bürgervereinen, Organisationen oder der Kölner Bürgerstiftung installiert worden sind und ehrenamtlich betreut werden. Hier können Bücher kostenfrei eingestellt oder entnommen werden:
- Eil – Pfarrer-Oermann-Platz/ Parkplatz
- Eil – Inhouse-Bücherschrank im Umweltbildungszentrum auf Gut Leidenhausen
- Gremberghoven – Bahnhofsplatz
- Langel – Am Eulenplatz
- Lind – Dorfplatz Viehtrift
- Libur – Dorfplatz Margaretenstraße
- Poll – im Hof des Bürgerzentrums Ahl Poller Schul
- Porz-Mitte – Fußgängerzone Josefstraße/ Hermannstraße
- Urbach – Breslauer Straße/ Ecke Fauststraße
- Wahn – vor der Kirche St. Aegidius, Frankfurter Straße
- Wahn – Wilhelm-Ruppert-Straße ( Kinderbücher-Tauschschrank)
- Wahnheide – vor der Kirche Christus König, Sportplatzstraße
- Zündorf – Inhouse-Bücherschrank bei Pro Humanitate, Christrosenweg 2-4
In Ensen Westhoven ist ein Bücherschrank an der Ecke Kölner Straße/ Gilgaustraße in Planung. (bl)