Jugendwerkstatt Köln PorzNeubau für Büro- und Schulungsräume ist fertig

Der Neubau ist fertig und bezogen. Am 05. April soll er offiziell eingeweiht werden.
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Finkenberg – Raja Fröde spricht gerne in Bildern. „Dein Indianerzelt sieht eher aus wie ein Campingzelt“, sagt sie und lacht. Die Frisörmeisterin macht sich daran, dem Jugendlichen noch einmal zu zeigen, wie die Lockenwickler richtig in die Haare der Kopfpuppe gedreht werden. Zuerst gilt es, mit dem Stielkamm am Kopf entlang eine Haarsträhne hoch und dann straff zu ziehen, bis sie wie das besagte Indianerzelt spitz oben zuläuft. Dort wird der Lockenwickler angesetzt, und die Haare werden aufgewickelt.
Während Nikita und sein Schulkamerad aus der achten Klasse der Zündorfer Hauptschule noch teilweise ihren „Bad-Hair-Day“ haben, klappt es bei Lisa schon richtig gut. Für sie ist die Übung kein Problem, macht sie sich zu Hause doch selbst immer mal die Locken. „Die drehe ich auf Stifte auf“, erzählt sie. Hier in der Jugendwerkstatt der Jobwerk gGmbH probiert sie sich an Papilotten, Lockenwicklern aus Schaumstoff, die man auch nachts in den Haaren tragen kann – „und dabei sogar schlafen kann“, klärt Fröde auf.

Frisörmeisterin Raja Fröde will Talente aus den Jugendlichen „herauskitzeln“.
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Seit elf Jahren ist sie schon in der Jugendwerkstatt tätig. Gibt Berufsorientierung, macht Potenzialanalysen. „Manchmal wissen die Schüler nicht, welche Talente in ihnen verborgen sind.“ Die gelte es herauszukitzeln. Ist jemand in ihrem Fachbereich gut, wird ihm oder ihr ein Praktikum ans Herz gelegt. Ein Zertifikat und eine Empfehlung von der Jugendwerkstatt kann das Leben der Schüler schon erleichtern.
Die Jugendwerkstatt ist seit 1979 aktiv, im Sozialraum Finkenberg seit mehr als drei Jahrzehnten. Hier werden Schulabgängern und arbeitslosen Jugendlichen weiterführende Qualifikationen, Schulabschlüsse und eine gezielte Vorbereitung auf die Ausbildung und ein späteres Berufsleben ermöglicht.
Seit 2002 ist Inez Wolf mit dabei. Früher war der Verein „Haus der offenen Tür Porz“ Träger der Jugendwerkstatt. Durch eine Umstrukturierung sind 2013 Teile des Betriebs auf die Jobwerk Porz gGmbH übergegangen. Seit dieser Zeit ist Wolf Geschäftsführerin.
Die Jugendwerkstatt war immer ein Kernstück der Arbeit. Die ist mit den Jahren aber weiter gewachsen. So seien Kooperationen mit anderen Bildungsträgern sowie verschiedene Projekte im Bereich der beruflichen Qualifizierung und der Sprachförderung entstanden, sagt Wolf. „Wir kümmern uns um alle benachteiligten Menschen.“
Ein Haus für alle
Dazu gehören auch geflüchtete Menschen. Im Herbst 2015 hat die Einrichtung sechs unbegleitete Minderjährige aufgenommen. Sie wurden in dem ehemaligen Pfarrhaus an der Bonner Straße untergebracht. Dies hat zu einem Umdenken bei den Verantwortlichen geführt. Der damals noch in Planung befindliche Neubau an der Brüsseler Straße sollte eigentlich ein reines Büro- und Seminar-Haus werden. Durch die Aufnahme der geflüchteten Menschen hat man sich entschieden, auch Wohngruppen einzurichten.
Mit ein Grund, warum vor dem Neubau des nun fertiggestellten zweigeschossigen Hauses die Gerüchteküche brodelte. Von einer Unterkunft für Flüchtlinge, von einem neuen Zuhause für Sinti und Roma war in der Nachbarschaft die Rede. „Die Gerüchteküche hat sich, glaube ich, wieder gelegt“, sagt Wolf.
Finkenberg-Feier
Am Freitag, 5. April, wird auf dem Gelände an der Brüsseler Straße 159a im Stadtteil Finkenberg groß gefeiert. Dafür gibt es zwei Gründe: einmal den runden Geburtstag der Jugendwerkstatt – 40 Jahre – und einmal die offizielle Einweihung des zweigeschossigen Neubaus. Ab 14 Uhr lädt die Jobwerk Porz gGmbH alle Ehemaligen und Interessierten ein, mehr über die Arbeit vor Ort zu erfahren. (rde)
Wie sie ist auch Ela Kimmig, Assistentin der Geschäftsleitung, mit dem Neubau sehr zufrieden. In dem gibt es im Erdgeschoss Schulungs- und Büroräume. Darüber gibt es eine Regelwohngruppe für neun Personen im Alter von 14 bis 18 Jahren sowie eine Verselbstständigungsgruppe für ältere Jugendliche. „Derzeit haben wir acht Jugendliche, die von uns rund um die Uhr betreut werden. Vermittelt werden sie vom Jugendamt“, sagt Kimmig. Sind die Jugendlichen älter, kommen sie in die Verselbstständigungsgruppe. Dort können sie Bezugspersonen vom Jobwerk immer um Rat fragen und auch später in der WG an der Bonner Straße – so zumindest der gängige Ablauf. Neben Sprach- und Lernförderung bekommen die Menschen auch Einblick in die verschiedenen Werkbereiche der Jugendwerkstatt.

Die Tapeten brauchen Kleister, damit sie halten.
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In der zeigt Malermeister Hardy Berscheid ein paar Achtklässlern, wie man richtig tapeziert. Vier Jungs schauen zu, wie er den Kleister auf einer Tapetenbahn verteilt. Später sollen sie es ihm gleichtun. Kristofer ist der erste, der zum Pinsel greift. Er bekommt von Berscheid noch einen Tipp zur Weichzeit, die Zeit, in der die Tapete „wächst“, weil sie durch den Kleister Feuchtigkeit aufgenommen hat.
Bei dieser Tapete beträgt die Zeit sieben Minuten, das steht auf der Verpackung. Wird die Tapete vorher angebracht, entstehen Blasen. Denn die Tapete dehnt sich weiter aus, auch wenn sie durch den Kleister schon an der Wand klebt.

Unterschiedliche Gewerke gibt es in der Jugendwerkstatt: Das Arbeiten mit der „Freundschaftssäge“ klappt nur im Team.
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Bei Jürgen Exner ist es das Holz, das im Mittelpunkt steht. Auch hier dürfen sich die Jugendlichen ausprobieren. Mit dem Handhobel haben sie schon gearbeitet. Jetzt kommt die Säge dran. Und da hat sich Exner ein besonderes Exemplar ausgesucht: Eine Säge, die man nicht alleine benutzen kann, die sogenannte Zweiersäge, an deren Enden jeweils eine Person steht. „Sie funktioniert nur, wenn beide zusammenarbeiten.“ Nicht umsonst heißt sie im Russischen auch „Freundschaftssäge“.