Paul-Humburg-HauptschuleDas Ende eines langen Schullebens

Traurig sind Schüler und Lehrer, weil sie ihre alte Schule räumen müssen. Nun sind die Bauarbeiter am Werk. In einigen Monaten soll die Nippeser Gesamtschule ins Interimsquartier einziehen.
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Köln – An den Türen zur Gemeinschaftshauptschule Paul-Humburg-Straße kleben Todesanzeigen. „Ziemlich plötzlich und fremdbestimmt geht ein langes Schulleben zu Ende“, steht da, schwarz umrandet. Zu Ende geht es nach 54 Jahren genau heute mit dem letzten Schultag am Standort in Longerich. In den Fluren stapeln sich Kisten, vollgepackt mit Material aus Klassen, Büros, Kellern. Denn die GHS Paul-Humburg-Straße ist eine von fünf Hauptschulen, die jetzt schließen (s. Infotext) und ausziehen müssen.
Konrektorin Gerty Atorf und das Kollegium haben mit Schülern und Ehemaligen zum Abschied eine „Trauerfeier“ veranstaltet. Die Trennung von der Schule fällt schwer. „Hier war es immer familiär. Wir haben uns so engagiert, dass wir immer ausreichend viele Schüler hatten, im Schnitt 300“, sagt Atorf. „Viele verlieren ihr Zuhause“, meint Lehrerin Kathlen Schmitz-Karhoff. Statt Vorfreude auf die Ferien hat sich Niedergeschlagenheit ausgebreitet. Tränen sind geflossen.
„Ich fühle Wut und Bitterkeit, dass wir gehen müssen“, sagt Atorf, seit 34 Jahren in der Longericher Hauptschule beschäftigt. Lehrer und Eltern hätten dafür gekämpft, dass ein Großteil der noch rund 130 Schüler im Verbund der Klassen sechs bis neun samt Klassenlehrern an die Ursula-Kuhr-Hauptschule in Heimersdorf ziehen.
„Ich freue mich gar nicht auf die Ferien, obwohl ich in die Türkei fahre“, gesteht Mehmet (16). Denn was ihn in sechs Wochen erwartet, „wie die Lehrer ticken und die anderen so drauf sind, das wissen wir ja nicht“. Einige fühlen sich ungerecht behandelt. „Es ist doch unfair, dass wir hier weg müssen.“ Aylin (14): „Ich finde ein bisschen doof, dass hier alles neu gemacht wurde und das jetzt die anderen kriegen. Wir haben nix mehr von der neuen Aula.“ Ein Trost ist, dass der Klassenverband bestehen bleibt, an anderen Schulen verstreuen sich Schüler und Lehrer über die ganze Stadt.
Gerty Atorf fühlt mit. „Wir haben so um die Aula gekämpft. Aber hier zieht ja Ende des Jahres die Gesamtschule aus Nippes ein.“ Die Schule wäre gern in die Gesamtschule integriert worden, doch die Hoffnungen zerschlugen sich: „Als sich herausstellte, dass unsere Schule unter Denkmalschutz steht und die Erweiterungen am Standort nicht umgesetzt werden können “, sagt die resolute Konrektorin empört. „Mich ärgert, dass wir hier nicht gewollt sind.“ Sie ließ sich zurückstufen und wird als Klassenlehrerin in Heimersdorf weitermachen. Die Möglichkeit zur Gründung von Sekundarschulen fände sie „eigentlich keine neue Erfindung. Differenzierten Unterricht machen wir schon seit Jahrzehnten. Aber der Ruf der Hauptschule ist so beschädigt.“ Lehrer auch anderer Hauptschulen, die jetzt schließen, befürworten durchaus Gesamtschulen, sehen auch Sekundarschulen als Chance. Auf viel Kritik stößt aber unter anderem, dass bei der Umwandlung von Haupt- in Sekundarschulen bisherige Schulleitungen nicht nahtlos dort weiterbeschäftigt sein könnten. „Das demotiviert“, sagt einer.
In der Longericher Hauptschule sind jetzt die Bauarbeiter eingezogen. Nun entsteht dort eine Art Containerdorf neben der alten Schule. Sie wird bis zur Fertigstellung eines Neubaus in der Ossietzkystraße von der Gesamtschule als Interimsquartier genutzt werden. Das Hauptschul-Kollegium hat Protestaktionen zu verhindern gewusst. Einige Jugendliche schlugen vor: „Wir bemalen alles und hinterlassen Chaos.“ Sie sehen aber ein: „Die Gesamtschule kann ja nichts dafür.“ Nico gewinnt dem Wechsel auch Gutes ab: „Diese Schule werden wir vermissen, aber wir lernen neue Leute und Freunde kennen.“