Bei einem Großeinsatz sind Polizeikräfte am Mittwochmorgen gegen eine mutmaßliche Schleuserbande vorgegangen und haben zahlreiche Personen festgenommen.
Einsatz in NRWGroßrazzia gegen Schleuser auch in Köln und Bergisch Gladbach
Allein in Nordrhein-Westfalen waren etwa 700 Einsatzkräfte an den Razzien beteiligt, darunter auch schwer bewaffnete Spezialkräfte der Bundespolizei-Einheit „GSG 9“.
Es geht um ein mutmaßliches Schleuser-Netzwerk, das unter anderem auch um Boote zur Überquerung des Ärmelkanals nach Großbritannien beschafft haben soll. Der Einsatz in insgesamt vier deutschen Bundesländern war Teil einer von Europol koordinierten Aktion in mehreren europäischen Ländern. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) sprach von einem „wichtigen Schlag“ gegen menschenverachtende Kriminalität gelungen. „Aber ich kann noch nicht Bilanz ziehen, wie viele Haftbefehle im Einzelnen umgesetzt wurden und wer alles inhaftiert wurde“, sagte Faeser am Mittwoch in Berlin.
Tatverdächtige mit kurdisch-irakischem Hintergrund
Allein in NRW seien aber Haftbefehle im zweistelligen Bereich vollstreckt worden, sagte ein Sprecher der Bundespolizei in NRW der Deutschen Presse-Agentur. Die mehr als 20 Einsatzorte in NRW befänden sich unter anderem in Düsseldorf, Köln und Detmold. In Köln gab nach Informationen der Rundschau Durchsuchungen im Stadtteil Seeberg. Dort soll ein Schleuser gewohnt haben. Ermittler durchsuchten die Wohnung des Beschuldigten auf der Suche nach Beweismitteln. Nach Informationen der „Bild-Zeitung“ gab es auch Durchsuchungen in Bergisch Gladbach. Bei den Festgenommenen soll es sich um kurdisch-irakische Tatverdächtige handeln. Die Beschuldigten sollen ein große Anzahl von Personen geschleust haben.
Wie ein Sprecher des Bundesinnenministeriums auf Anfrage sagte, ging es bei der Aktion in NRW, Hessen, Bayern und Schleswig-Holstein um die Vollstreckung mehrerer europäischer Haftbefehle. Auch die Polizeibehörden in Frankreich und Belgien seien beteiligt. Die Verdächtigen sollen an Schleusungen über den Ärmelkanal beteiligt gewesen sein. Nach dpa-Informationen geht es dabei auch um die Beschaffung der dafür erforderlichen Boote, die im Norden Frankreichs reglementiert ist: Dort muss man beim Kauf bestimmter Boote und Bootsmotoren seit einigen Jahren einen Ausweis vorlegen und eine Telefonnummer angeben. Diese Vorschrift war als Maßnahme gegen die Schleusungen nach Großbritannien erlassen worden. Wie genau die mutmaßlichen Schleuser hier vorgegangen sein sollen, blieb unklar.
Es ist nicht das erste Mal, dass die Polizei in Deutschland in Zusammenhang mit Schleusungen nach Großbritannien aktiv wird. Mit einem grenzüberschreitenden Großeinsatz hatten Ermittler in fünf Ländern nach Angaben von Europol im Jahr 2022 eine der größten Schleuserbanden Europas ausgehoben. Die Bande, die damals im Fokus der Ermittlungen stand, soll Tausende Menschen in Schlauchbooten über den Ärmelkanal nach Großbritannien geschmuggelt haben. Damals waren bei Durchsuchungen in Deutschland neben zahlreichen Schlauchbooten und Motoren große Mengen Bargeld sowie Schusswaffen entdeckt worden.
Geschleuste Personen zahlen Tausende Euro
Das Ziel der Fahnder ist es nun, die Route der Schleuser im Detail herauszufinden und weitere Hintermänner zu entdecken. Schon jetzt wissen die Beamten der eigens gegründeten Ermittlungskommission einiges über die mutmaßlichen Machenschaften der Bande. „Die Männer sind international vernetzt und versuchen immer wieder ihre Spuren zu verwischen“, hieß es aus Kreisen der Polizei.
Die Recherchen der Beamten stehen in dem Mammutverfahren noch am Anfang. Aus anderen Ermittlungsverfahren wurde in der Vergangenheit bekannt, dass in der Regel Summen von 5000 bis 10 000 Euro pro Person für eine Schleusung gezahlt werden. (mit dpa)