Das Konzept zur Höhenentwicklung steht. Klare Grundlagen sollen Bauvorhaben vereinfachen.
Noch in diesem JahrKöln bekommt ein neues Höhenentwicklungskonzept
An welcher Stelle in Köln Investoren wie hoch bauen dürfen, ist bisher immer eine emotionale Frage. Eine Frage, die teilweise zahlreiche Diskussionen mit sich bringt, Landtagsabgeordnete dazu bewegt, die Kölner Verwaltung ins Visier zu nehmen, oder in der die Stadt sogar als erpressbar dasteht. Das jüngste Beispiel ist das Hochhausvorhaben des Versicherers DEVK, der damit drohte, nach Monheim wegzuziehen, wenn es nicht voran geht. Damit die Frage der Höhe in Zukunft einfacher zu beantworten ist, soll das neue Konzept zur Höhenentwicklung für die „Innere Stadt“ (innerhalb des Äußeren Grüngürtels) ein Regelwerk geben.
Geht es nach Baudezernent Markus Greitemann, soll die Politik es noch in diesem Jahr beschließen. Räumlicher Plan und Qualität Das neue Konzept, für das das Kölner Büro Astoc – Architect and Planners – gemeinsam mit dem Büro Urbanista aus Hamburg für rund 255.000 Euro den Zuschlag erhielt, hat zwei Stufen. Die erste, der räumliche Plan, definiert, wo keine Höhenentwicklung möglich ist (Schutzzone) und wo sie denkbar ist (Möglichkeitsbereich). Die andere, das Bewertungsinstrument, definiert Kriterien der Qualität, dazu gehört unter anderem die Sichtbeziehung zum Weltkulturerbe Kölner Dom – 157 Meter hoch —, aber auch beispielsweise eine öffentliche Nutzung in den Sockelgeschossen von Hochhäusern. Den Kriterienkatalog hatte der Stadtentwicklungsausschuss bereits im vergangenen Jahr beschlossen, die Rundschau berichtete.
Höhen und Schutzbereiche
Es gibt zwei verschiedene Sorten Schutzbereiche. Der Bereich der Innenstadt mit Blickbeziehungen zum Dom ist die wichtigste Tabu-Zone. Hinzukommen zahlreiche dicht bebaute Siedlungsbereiche am Rande des Äußeren Grüngürtels (siehe Infografik). Bei den Höhen wird es komplexer: Die DEVK möchte 145 Meter hoch am Rhein bauen. Gut, dass das Grundstück des Zoo-Parkhauses, auf dem der Neubau entstehen soll, genau in der dunkelorangenen Zone liegt. Dort sind sogenannte repräsentative Bauten bis maximal 148 Meter Höhe möglich, eben Wolkenkratzer, wie ihn der Versicherer plant.
Diese Höhe gilt für die Bereiche an Rhein und Innerem Grüngürtel (blau-grüne Infrastruktur). In den anderen orange-farbenen Gebieten gilt als Maximalhöhe 70 Meter, unter der Bedingung, dass das Grundstück an einer der Stadtachsen (lila) liegt. Ansonsten gilt eine Maximalhöhe von 40 Metern. Auch hier gilt, keine Regel ohne Ausnahme, denn in den bestehenden Campusgebieten, wie das der Uniklinik oder der TH Köln in Deutz, sind Hochhäuser bis zu 100 Meter möglich.
Die Funktion
Wenn ein Investor ein Bauprojekt in Köln startet, dann hat er ein Grundstück gekauft, oder hat zumindest eins im Visier. Der Blick in den räumlichen Plan soll – sobald die Politik das Konzept beschlossen hat – direkt Auskunft geben, wie hoch ein Bau möglich ist. Das heißt jedoch nicht, dass auch in diese Höhe gebaut werden muss. Aber: Ab einer Höhe von 40 Meter greift der Kriterienkatalog. Dank dieser Maßgaben soll auch der als nächstes auf dem Zeitplan stehende Architektenwettbewerb einfacher durchzuführen sein. Allerdings steht nach abgeschlossenem Wettbewerb auch noch das Baurecht aus, bevor die Kräne kommen können.
Zufriedene Stadtspitze
Bei der Podiumsdiskussion des 2. Fachsymposiums zum neuen Konzept erklärt der Beigeordnete für Planen und Bauen, Markus Greitemann: „Ich brauche klare, verbindliche Kriterien, mit denen ich weitergehen kann.“ Peter Berner, Chef des Architekturbüros Astoc, das das Konzept mitentwickelte, sagt: „Die zweiten Schritte passieren in der weiteren Entwicklung. Das Höhenentwicklungskonzept muss die abgeschlossene Grundlage bilden.“ Der Dezernent für Stadtentwicklung, Wirtschaft, Digitales und Regionale Zusammenarbeit, Andree Haack, bewertet: „Das Konzept ist sehr gelungen, weil es einen Rahmen setzt und großen Respekt vor dem Kölner Dom hat.“
Konzept vs. Wirtschaftlichkeit
Ob das jedoch die bekannten, teils hitzig und öffentlich geführten Diskussionen über Hochhausbauten verhindert, ist noch offen. Denn diese Grundlage wirkt wie ein Fahrplan. Doch wer sich im öffentlichen Verkehr in Köln auskennt, weiß, die Züge haben gerne Verspätung oder fallen auch mal aus. Arne Hilbert, Hauptgeschäftsführer beim Kölner Entwickler Art Invest, mahnt: „Alles, was wir hier machen, mündet in Prozessen und eben die müssen schlank und schnell werden. Wenn ein planungsrechtliches Verfahren zehn Jahre dauert, kann sich das keiner mehr leisten!“
Hilbert war auch an der Modernisierung des Lufthansa-Hochhauses am Rhein beteiligt. Damals hätten die Verantwortlichen sich gegen den Abriss entschieden, weil sie nicht sicher sein konnten, dass sie dort nochmals ein Haus in dieser Höhe genehmigt bekommen, erklärt er. Zudem versichert er: „Hochhäuser sind auch aus Eigentümersicht eine unglaubliche Herausforderung. Ein Hochhaus ist der teuerste Raum, den wir bauen können. Deswegen ist das auch keine Lösung für unser Wohnungsproblem.“ Die Kritik des Art Invest-Geschäftsführers, dass das Konzept sehr kleinteilig und selektiv sei, kontert Markus Greitemann: „Mit mehr Kriterien wird ein Projekt für die Wirtschaft viel besser berechenbar.“ Der Baudezernent räumt aber auch ein: „Wir müssen als Stadt den Raum geben, damit es wirtschaftlich werden kann.“
Kein reines Hochhauskonzept
Bei der Debatte um Wirtschaftlichkeit von den ganz hohen Hochhäusern wirft Andree Haack ein: „Es ist ein Höhenentwicklungskonzept, kein Hochhauskonzept.“ Haack weiß jedoch auch, worum es im zweiten Schritt geht: „Planungssicherheit spielt eine wahnsinnig große Rolle. Jedes Hochhausprojekt wurde bisher emotional und im Einzelfall betrachtet diskutiert. Mit dem Konzept bekommen wir Rahmenbedingungen und völlig zurecht formulierte Qualitätsansprüche.“ Dabei sei ihm wichtig, dass Flächensparen für die Wirtschaft in Köln ein wichtiger Punkt sei. Denn: „Diese Stadt wird weiter wachsen. Das wissen wir sicher.“ Zudem erklärt Haack: „Das Bauen in die Höhe wird für viele Aspekte der Stadtentwicklung eine Lösung sein.“
Debatte bleibt emotional
Allerdings auch keine einfache, wie Architektin Dörte Gatermann mit ihren Forderungen klarmacht. Aus ihrer Feder stammt das Hochhaus gegenüber des Doms auf der anderen Rheinseite, der sogenannte Köln Triangle. Sie spricht von einer Verpflichtung, das Obergeschoss bei Bauten über 100 Meter Höhe öffentlich zugänglich zu machen, entweder zum Mieten für Hochzeiten oder als Dachterrasse. Auch beim Vorhaben der DEVK ist eine öffentlich zugängliche Rooftop-Bar immer wieder debattiert worden. Auch aus der Politik wird deutlich, dass das Konzept zwar die Grundlage bildet, die Diskussionen aber im Einzelfall immer noch emotional werden können.
Die Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses, Sabine Pakulat (Grüne), erklärt: „Ein Hochhaus nimmt viel Raum weg, dafür sollte die Stadt auch etwas zurückbekommen.“ Beim Turmbau der DEVK war beispielsweise immer wieder die Rede davon, dass auch der Bereich der KVB-Bahnhaltestelle im Zuge des Neubaus neu sortiert werden sollte. Zudem spielte die Erschließung des Rheins vom Zoo aus immer wieder eine Rolle in den Debatten.