Die nach dem Reichskommissar für Westafrika benannte Gustav-Nachtigal-Straße erhält einen neuen Namen. Die Debatte verlief emotional.
„Nicht haltbar“Nippeser Politiker beschließen Aus für Straßennamen
Als letzter Akteur der Kolonialzeit verschwindet, nach Carl Peters und Adolf Lüderitz, nun auch Gustav Nachtigal vom Nippeser Stadtplan. Nach kontroverser Debatte beschloss die Bezirksvertretung Nippes, die nach dem früheren Reichskommissar für Westafrika benannte Straße im Afrikaveedel umzubenennen und zugleich das Prozedere hierfür zu starten. Der Beschluss fiel mehrheitlich gegen die CDU. Bei der Umbenennung der ersten beiden Straßen 1991 (in Namibia- und Usambarastraße) war Nachtigals Name noch erhalten geblieben.
Auslöser des Prozesses war das Gutachten von Historikerin Marianne Bechhaus-Gerst aus dem Mai 2023 für den Historischen Beirat der Stadt Köln, das Nachtigal, und dessen Namenspatenschaft, als „schwer belastet“ und „nicht haltbar“ einstufte. Er habe das koloniale Projekt unterstützt und vorangetrieben; in seiner Arbeit habe er „zu keinem Zeitpunkt vor der Androhung von Gewalt, Geiselhaft und Unterdrucksetzung der Vertragspartner“ zurückgeschreckt. Die Benennung, die 1935 erfolgte, zeige zudem den Zusammenhang von Kolonial-Revisionismus und Nationalsozialismus. Nachtigal war jedoch auch als „Afrikaforscher“ und Ethnologe bekannt, der weite Teile Afrikas bereist hatte und viele Werke hierüber schrieb.
85 Prozent sprachen sich für eine Umbenennung aus
Bei einer Online-Öffentlichkeitsbeteiligung, an der alle unabhängig vom Wohnort teilnehmen konnten, hatten sich von 620 Personen knapp 85 Prozent für eine Umbenennung ausgesprochen. Komplett anders dagegen das Ergebnis der schriftlichen Befragung der Anwohner: Von 69 zugestellten Umfragen kamen 27 zurück; 20 sprachen sich gegen eine Umbenennung aus, sechs dafür (eine Rückmeldung war uneindeutig). Mehrere Anwohner hatten mit teils sehr ausführlichen Stellungnahmen Nachtigals Person und Wirken verteidigt und das Gutachten in Zweifel gezogen.
„Nicht seine Zeit als Ethnologe ist zu kritisieren, sondern jene als Reichskommissar für Westafrika“, bemerkte Bezirksbürgermeisterin Diana Siebert. „Wenn von mehr als 600 Menschen über 84 Prozent für die Umbenennung sind, sollte man auch das mit berücksichtigen.“ Eine Person nicht zu ehren bedeute nicht zugleich, die Person zu verdammen, meinte Grünen-Fraktionschef Robert Spieß. „Es sollten jedoch nur Personen geehrt werden, die es nach heutigen Maßstäben auch verdienen.“ „Es kann doch nicht sein, dass wir Straßen nach Menschen benennen, die Kolonien gegründet haben – und das ist ja schließlich unstrittig“, so Max Beckhaus (Gut & Klimafreunde).
Die CDU sah dies anders. „Die direkten Anwohner haben mehrheitlich gesagt, sie wollen die Umbenennung nicht. Laut der Richtlinie bleibt für uns nichts anderes übrig, als das Ansinnen abzulehnen“, so Fraktionschef Christoph Schmitz. Kerstin Preuß sah Nachtigals Rolle nicht eindeutig geklärt; für eine Aberkennung des Straßennamens reiche das nicht. „Nach unserer Ansicht ist nicht klar dargelegt, dass dieser Mensch etwas Schlimmes gemacht hat. Wenn es berechtigt ist, soll es gemacht werden. Ansonsten ist es nicht erforderlich.“
Inga Feuser (Gut & Klimafreunde) wies darauf hin, dass sich die Mehrheit der direkten Anwohner gar nicht beteiligt habe. Zudem sage die Satzung nur, dass die Anwohnerschaft befragt werden müsse – aber nicht, derem Votum zwingend zu folgen.