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Open-Air-AufführungTheater auf Nippeser Wilhelmplatz interpretiert die Schrecken des KZ Buchenwald

Lesezeit 3 Minuten
Szene von der Aufführung von „Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute“ auf dem „Taj Mahal“ des Nippeser Wilhelmplatzes.

Szene von der Aufführung von „Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute“ auf dem „Taj Mahal“ des Wilhelmplatzes.

Mit „Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute“ gibt es erstmals seit 2018 ein Freiluft-Theater auf dem Marktplatz.

„Stellen Sie sich einen Zoo vor. Einen Zoo vor vielen Jahren – einen Schwarz-Weiß-Zoo sozusagen.“ Das Ensemble von „Wilhelm – der Verein“ nimmt die rund 250 Gäste, die sich zur Premiere auf dem Wilhelmplatz eingefunden hatten, mit auf eine Zeitreise zu einem so surrealen wie zynischen Ort: in den 1938 eröffneten Tierpark des KZ Buchenwald, direkt neben dem Zaun des eigentlichen Lagers gelegen.

Theater auf Wilhelmplatz: Tierischer Blick auf menschliche Abgründe

Dieser diente den SS-Beschäftigten des KZs und ihren Familien, jedoch auch der umliegenden Bevölkerung, zum Freizeitvergnügen. „Der Zaun steht jedoch nicht wegen der Tiere da, sondern weil die Leute in den schönen Häusern nicht wollen, dass die in den hässlichen Häusern zu ihnen herüberkommen. – Denn diese Stadt, die nur aussieht wie eine Stadt, ist in Wirklichkeit ein Gefängnis.“

Unter den Tieren des Zoos befinden sich als Hauptakteure der Geschichte ein Pavian (gespielt von Thomas Fehlen), ein Mufflon (Doris Plenert), ein Murmeltier (Suzan Erentok) sowie der frisch im Tierpark eingetroffene Bär (Felix Zimmermann). Das nachdenkliche Tier beginnt seine Umgebung aufmerksam zu beobachten und die seltsame Stimmung sowohl unter seinen Mitbewohnern im Zoo, als auch die Geschehnisse jenseits des Zauns, zu interpretieren.

„Die Gestiefelten sind hier die Bosse, die Gestreiften sind nichts“, erläutert der Pavian dem Neuankömmling. Er rät ihm, sich in sein Schicksal zu ergeben und gute Miene zum bösen Spiel zu machen – was dem Bären angesichts seiner Beobachtungen zunehmend schwerfällt, wie dem auch an einem warmen Frühjahrstag qualmende Schornstein, dem ständigen süßlich-beißenden Geruch in der Luft und die Abwesenheit von Vogelgezwitscher auf dem Gelände.

Erstmals seit 2018 wieder ein Freiluft-Theater auf dem Wilhelmplatz

Und dann gibt es da noch den Fall des Nashorns, das vor einiger Zeit plötzlich tot im Gehege gelegen hatte, was die übrigen Tiere vor ein Rätsel stellt: Hatte dessen Tod etwa mit einem Ereignis zu tun, was es auf der anderen Seite des Zauns beobachtet hatte?

Mit dem traurig-aufrüttelnden Stück „Was das Nashorn sah, als es auf die andere Seite des Zauns schaute“, geschrieben von Jens Raschke und unter der Regie von Klaus Prangenberg, gibt es erstmals seit 2018 Theater unter freiem Himmel auf dem Wilhelmplatz.

Das Ensemble hat sich vorgenommen, den Wilhelmplatz von nun an zu einer regelmäßigen Spielstätte zu machen. „Dieser Platz bietet sich einfach für Open-Air-Theater an“, heißt es.

Die Gruppe überzeugt durch lebendiges, lebensnahes und ergreifendes Spiel und eine gelungene Umsetzung der verschiedenen Zeit- und Erzählebenen auf der Bühne. Mit einem Sprechchor vom Rande des Platzes, der von antisemitischen Vorfällen in Köln aus jüngerer Zeit berichtet sowie besonders menschenverachtende Social-Media-Beiträge aus den vergangenen Jahren rezitiert, trägt sie der Aktualität Rechnung. Für die beeindruckende Vorstellung gab es minutenlangen Applaus des Publikums.

Weitere Aufführungen des Stücks sind Samstag/Sonntag, 31. August/1. September, sowie Freitag/Sonntag, 6./8. September, jeweils ab 19 Uhr, zu sehen.