Zwischen Besinnlichkeit und Unterhaltung - „Fortuna Ehrenfeld“-Mitglied Martin Bechler singt zur „Stillsten Nacht“ in der Kulturkirche in Nippes.
Sänger von Fortuna EhrenfeldMartin Bechlers Weihnachtskonzert in Kulturkirche soll Tradition werden
Begeisterter Applaus - Der Mann der Stunde setzt am Keyboard zu seinem ersten Stück an und es ertönt - nichts. Volle vier Minuten und 33 Sekunden lang schweigt der Herr auf der Bühne und schließt sein Intro gegenüber seiner teils verwirrten Zuhörerschaft mit einem trockenen „Vielen Dank“.
Dieser ungewöhnliche Konzertstart, der auf die Musik-Laien unter den Gästen für Irritation sorgt, ist vom Sänger pure Absicht. Bei der Wahl des Intros fällt seine Entscheidung auf das buchstäblich tonlose Konzertstück „4'33“ des Komponisten John Cage. Damit läutet „Fortuna-Ehrenfeld“-Mitglied Martin Bechler die „Stillste Nacht“ in der Kulturkirche Nippes zur Vorweihnachtszeit ein.
Sein Auftritt an diesem Abend ist genauso originell wie seine Erscheinung: Auf der Bühne steht jetzt statt des Altars ein Keyboard und Martin Bechler, der mit Irokesenschnitt und Federboa an eine punkige Version von Elton John erinnert, anstelle eines Priesters. Für diesen Abend zieht Bechler ein weihnachtliches Solo-Konzert seinen Bandkollegen vor. „Ich finde, das Ende des Jahres ist eine Zeit, um in Ruhe Schluss mit dem Druck zu machen und aufzuatmen“, sagt er. Mit seinen Klavierballaden, die das Konzert charakterisieren, möchte er seinem Publikum die Gelegenheit geben, einfach nur zuzuhören und dabei durchzuschnaufen. Die kirchlichen vier Wände bieten dem „glücklichen und gutgelaunten Atheisten“ für diesen Anlass den geeigneten Raum.
„Fuck it up around Christmas Time“
Tatsächlich sind die akustischen Darbietungen seiner Texte melancholischer und ruhiger Natur. In Liedern wie „Stundenlang am Wasser steh'n“, „Heiliges Fernweh“ sowie „Tragically Hip“ behandelt das Fortuna-Mitglied Themen wie Aufbruch und Sehnsucht. Passend zum Weihnachtsthema spielt er seine neue Single „Fuck it up around Christmas Time“.
Der ruhige Abend, den Bechler zu Beginn an einem Glas Rotwein nippend verspricht, ist allerdings nur die halbe Wahrheit. Mit einer Mischung aus seinen nachdenklichen Stücken, wüsten Flüchen sowie spontan witziger Moderation sorgt der Musiker für Abwechslung bei seinem Auftritt. Zwischen seinen besinnlichen musikalischen Einlagen im weißen Scheinwerferlicht scherzt der Musiker kumpelhaft mit seinem Publikum und lockert die Veranstaltung mit Anekdoten aus seinem Leben auf. Darüber hinaus feuert er aus einer Konfettikanone einen Regen aus Papierschnipsel in die vorderen Reihen des Publikums und unterbricht ein Lied, um das Handyläuten eines Zuschauers mit einer Handsirene zu kontern.
Martin Bechler: Absichtlich verstörender Moment
Eines der Highlights des Konzerts: Zu Beginn des zweiten Akts erscheint er mit regenbogenfarbenen Schal auf der Kanzel und zitiert ein Kapitel über „Religionsfrieden“ aus seinem Buch „Kork“. „Ich wollte mit der ganzen Aktion absichtlich für einen verstörenden Moment sorgen“, erzählt der Musiker hinterher. Er habe ja immerhin noch einen Unterhaltungsauftrag. Seinen Abgang von der Kanzel nach der emotionalen Rede unterstreicht Udo Jürgens „griechischer Wein“.
Bechlers Weihnachtskonzert in der Kulturkirche feierte schon letztes Jahr große Erfolge. Da die beiden Veranstaltungen in dieser Adventszeit ebenfalls ausverkauft waren, plant er für die kommenden Jahren weitere „Stille Nächten“. Sein Vorsatz: „Wir wollen daraus eine Tradition machen.“