Anwohner feierten das 50-jährige BestehenDer Bildstock gab der Siedlung den Namen
Bilderstöckchen – Der 50. Geburtstag ist für den Stadtteil Bilderstöckchen im Kölner Nord-Westen ein stolzes Jubiläum, das auch gebührend gefeiert werden will. Mit dem Fest Anfang Juli war den Bewohnern Bilderstöckchens das dann auch gelungen – auch wenn der Festtag ein wenig verspätet angesetzt war: Denn der Tag, an dem ihr Viertel in den Rang eines eigenen Stadtteils erhoben worden war, ist ganz genau der 24. April im Jahr 1969.
Die Geschichte des damals neu gegründeten Stadtteils geht allerdings deutlich weiter zurück, was auch auf dem Fest hervorgehoben wurde: Ein Stand war den historischen Erkenntnissen über die Besiedlung des damaligen Landstriches gewidmet, der später den Namen Bilderstöckchen verliehen bekommen sollte.
Der Bildstock wurde schon im Jahr 1556 erwähnt
Viel zu berichten hatte etwa Reinhold Kruse, Autor stadthistorischer Bücher aus dem benachbarten Nippes, der pünktlich zum Fest eine Broschüre über die Geschichte des Namensgebers des Stadtteils präsentierte – den Bildstock an der Kreuzung Longericher Straße/Am Bilderstöckchen, der erst vor kurzem aufwendig saniert worden war. „Bereits 1556 wird dieser mit einem Heiligenbild versehene Bildstock erstmalig urkundlich erwähnt“, wusste Kruse zu berichten – damals als Markierung eines Grenzverlaufs zwischen zwei ländlichen Gemeinden, an der Kreuzung zweier Landstraßen, die die Vorläufer der heute hier verlaufenden Straßen bildeten.
Bilderstöckchen historisch
1556 – Der Bildstock, der später als Namensgeber dienen wird, wird erstmals in einer mittelalterlichen Urkunde erwähnt.
1779 – aus diesem Jahr stammt der früheste Nachweis des Standortes des Bildstocks auf einer Karte der damaligen Herrlichkeit Mauenheim, die im Auftrag des Stifts St. Kunibert erstellt wurde.
1855 – erste Fahrt eines Zuges entlang der neuen Gleistrasse der Köln-Krefelder Eisenbahn findet statt. Die Trasse wird später die östliche Begrenzung des Siedlungsviertels bilden.
1860 bis 1896 – Die Trasse wird nach und nach zum Verschiebebahnhof und Eisenbahnausbesserungswerk ausgebaut.
1906 – Westlich der Gleistrasse entsteht in der Umgebung des Bildstocks das Artillerie-Depot.
1919 bis 1922 – Das Artillerie-Depot wird entmilitarisiert, das Gelände der Eisenbahnanlage wird höhergelegt.
1932 – die Gemeinnützige Siedlungsgesellschaft Am Bilderstöckchen GmbH wird gegründet. Der erste Spatenstich erfolgte im Jahr 1933.
1966 – Der Bildstock, inzwischen am Ortseingang gelegen, wird in einem verhängnisvollen Unfall zerstört, als ein Sattelschlepper die Kurve zu eng nimmt und dessen Auflieger mit der Bildstocksäule kollidiert. Beim Wiederaufbau wird er auf der gegenüberliegenden Straßenseite aufgestellt.
1969 – Bilderstöckchen wird zu einem offiziellen Stadtteil ernannt.
Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts blieb das Areal ländlich geprägt. Als Vorbote umwälzender Veränderungen diente der Bau der Eisenbahnstrecke Köln-Krefeld 1855, die im Bereich des späteren Stadtviertels ab 1860 immer mehr zum späteren Verschiebebahnhof und Eisenbahnausbesserungswerk ausgebaut wurde. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts ab 1906 entstand in der Nähe des Bildstocks außerdem ein Artillerie-Depot mit Wohngebäuden, Geräte- und Munitionsschuppen sowie Ställen. „Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges musste dieses Depot nach dem Versailler Vertrag aber entmilitarisiert werden und durfte nicht mehr benutzt werden“, so Winfried Ohlert.
Der im Bilderstöckchen wohnhafte Buchhändler forscht als Buchautor ebenfalls zur Geschichte des Stadtteils. „Das Gelände wurde daraufhin Armen und Erwerbslosen zur Verfügung gestellt, die angehalten wurden, dort selbst zu bauen.“ Dafür wurde eigens eine Siedlungsgesellschaft gegründet. Gleichzeitig entstand im heutigen Süden des Viertels ein zweiter historischer Siedlungskern, als sich die Beschäftigten des Eisenbahnausbesserungswerkes und anderer dort befindlicher Industriebetriebe ansiedelten. Ein besonders dynamisches Wachstum erfuhr die Siedlung nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges: Vom Ende der 1940er-Jahre bis 1969 wuchs die Einwohnerschaft von wenigen Hundert auf etwa 15 bis 16 000 Einwohner an.
Ein Buch über Bilderstöckchen
Seine Erkenntnisse verarbeitet Ohlert gerade in einem Buch über Bilderstöckchen, das jedoch leider nicht bis zum 50. Jahrestag des Bestehens beendet werden konnte, wie er bedauernd äußerte. „Ursprünglich hatte ich das Buch gemeinsam mit meinem Vater schreiben wollen, der ebenfalls Historiker war. Doch leider ist er darüber verstorben. Nun führe ich es in seinem Namen weiter.“ Ohlerts Verbindung zu seinem Veedel ist eine sehr persönliche, denn seine Eltern gehörten zu den Siedlern, die das Viertel in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts mit aufgebaut hatten.
Bei allem Grund zum Feiern fand Ohlert auch kritische Worte. „Das Charakteristische an Bilderstöckchen war eigentlich immer, dass wir von der Stadt viele Probleme vor die Tür gekippt bekamen – ob es nun eine Müllkippe oder eine Tierverbrennungsanlage war.“ Doch er blieb versöhnlich: „Man sieht auch, dass für diese Probleme Lösungen gefunden wurde.“
Der Blücherpark wurde kurzum zur Festwiese deklariert
Diese kritischen Töne traten am Festtag auf der großen Wiese im Blücherpark, die kurzum zur Festgelände deklariert worden war, jedoch in den Hintergrund. Denn schon am frühen Nachmittag waren zahlreiche Anwohner, Freunde und Besucher zusammengekommen, um gemeinsam zu feien. Rund um die Wiese hatten zahlreiche im Bilderstöckchen aktive Einrichtungen Stände aufgebaut und über ihre Arbeit informiert, auch viele ansässige Händler waren hier vertreten. Eigentlicher Anziehungspunkt aber war die Bühne, auf der sich bis in den Abend hinein zahlreiche Musiker das Mikrofon in die Hand gaben – darunter sowohl im Viertel ansässige, wie die aus Alteingesessenen und Flüchtlingen bestehende Formation „Buntes Herz“, als auch stadtbekannte Künstler wie der Rapper Mo-Torres oder die kölsche Surfpop-Band „Planschemalöör“. Mit den letzten Tönen ging schließlich ein gelungenes Fest zum runden Stadtteil-Geburtstag zu Ende.