Neues GutachtenExpertise soll Entlastung für Angeklagten im Fall der verbrannten Frauenleiche bringen

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Die Statue Justitia ist in einem Amtsgericht zu sehen.

Seit Januar wird der Fall neu verhandelt. (Symbolbild)

Für die Tat war der 37-Jährige im März 2022 wegen Totschlags zu elf Jahren Haft verurteilt worden.

Spannende Entwicklung im Prozess um die verbrannte Frauenleiche von Ochtendung: Wie am Donnerstag bekannt wurde, hat Verteidiger Abdou Gabbar, der den damaligen Geliebten des Opfers in dem Prozess verteidigt, ein forensisches Gutachten in Auftrag gegeben. Damit soll bewiesen werden, dass die Annahme in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft falsch ist, wonach der mittlerweile 37 Jahre alte Angeklagte im Dezember 2020 das 31-jährige Opfer durch das offene Beifahrerfenster oder die offene Beifahrertür ihres Fiat Uno mit zwei Kopfschüssen tötete.

Für die Tat war der 37-Jährige im März 2022 wegen Totschlags zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Nachdem der Bundesgerichtshof Urteil und Feststellungen des Prozesses aber aufgehoben hatte, wird die Mordanklage gegen den 37-Jährigen seit Januar erneut verhandelt. Das neue Gutachten hat der Bioinformatiker und Forensiker Prof. Dirk Labudde von der Hochschule im sächsischen Mittenweida erstellt.

Rekonstruktion war alles, nur nicht wissenschaftlich

Labudde hat sich Ende vergangenen Jahres einen Namen gemacht im Prozess gegen den Sänger und Schauspieler Gil Ofarim um den sogenannten Davidstern-Skandal. Ofarim hatte in einem im Oktober 2021 auf Instagram geposteten Video einem Mitarbeiter eines Leipziger Hotels eine antisemitische Diskriminierung vorgeworfen. Angeblich hatte der Rezeptionist Ofarim wegen eines an einer Halskette getragenen goldenen Davidsterns nicht einchecken lassen.

Durch die Analyse von Videoaufnahmen Ofarims beim Betreten der Hotellobby konnte Labudde aber nachweisen, dass Ofarim den Davidstern gar nicht offen getragen hatte. Unter dem Druck des Gutachtens räumte der Sänger ein, gelogen zu haben.

Im ersten Prozess um die verbrannte Frauenleiche hatte der Angeklagte zunächst geschwiegen, dann aber überraschend behauptet, ein Bekannter von ihm habe die 31-Jährige getötet. Vom Rücksitz aus habe der Mann seiner Geliebten zweimal in den Kopf geschossen. Bei einer Tat-Rekonstruktion in der Tiefgarage des Landgerichts war das Verbrechen in einem baugleichen Fiat Uno nachgestellt worden. Vorgenommen hatte die Rekonstruktion Rechtsmediziner Dr. Thomas Kamphausen von der Kölner Uni. Mit Pistolenattrappe, einer Sonde und Winkelmaß hatte der Rechtsmediziner mögliche Schusspositionen nachgestellt und die Flugbahnen von Projektilen vermessen.

Aus Sicht von Gabbar war diese Rekonstruktion alles, nur nicht wissenschaftlich. Und das soll sich mit dem Labudde-Gutachten nun ändern. „Die Aufklärung des Todes eines Menschen erfordert die modernsten wissenschaftlichen Methoden und keine hemdsärmelige Nachstellung der Tat in einem Gerichtskeller“, sagte Gabbar im Gespräch mit der Rundschau. „Es ist bemerkenswert, dass weder die Ermittlungsbehörden, noch die jeweils erkennenden Strafkammern von Amts wegen eine derartige Arbeitsweise an den Tag gelegt haben“, hielt sich Gabbar mit Kritik an Landgericht und Staatsanwaltschaft nicht zurück. Wann Labudde sein Gutachten im Prozess vorstellen wird, blieb unklar.

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