Köln – Der Ruhm hatte auch Schattenseiten. Von Deutschlands damaligen Top-Talker Alfred Biolek nach diesen befragt, kam Fred Fussbroich auf eine Folge der Serie „Die Fussbroichs“ zu sprechen, in der er sich mit seiner Frau Annemie auf den Weg nach Waxweiler (Eifel) machte. Eigentlich noch nicht einmal zwei Autostunden vom Wohnsitz in Köln-Buchheim entfernt. Doch Fred und Annemie kamen nicht recht übers Kreuz Köln-Ost hinaus. Eine Irrfahrt, gespickt mit zunehmend spitzen Dialogen des Ehepaars. Nach über fünf Stunden kam das Ortsschild Waxweiler endlich in Sicht. Lange nach Erstausstrahlung dieser Folge habe er eine Kneipe in Köln betreten, erzählte er bei Bio. Da klopfte ihm jemand auf die Schulter: „Na Fred, schon zurück aus der Eifel?“
Fred Fussbroich: Humor in jeder Lebenslage
In diesem Fernsehauftritt, in dieser Anekdote steckt alles drin, was Fred Fussbroich ausmachte. Auch wenn es mal Spannungen gab, die Kamera lief weiter. Und auch wenn Freds Blutdruck stieg, er verlor nie seinen Humor. Saß er auch Alfred Biolek in Gepardenfellimitat-Schuhen gegenüber, er hat stets die Bodenhaftung behalten. Das zeichnete sein Leben aus, das am Dienstag nach 81 Jahren endete, wie sein Sohn über Facebook bekannt gab.
Der Ruhm kam über Nacht. Und wie es dazu kam, ist heute fester Bestandteil deutscher Fernsehgeschichte. Die Regisseurin Ute Diehl drehte den Dokumentarfilm „Ein Kinderzimmer 1979“. Es ging um das Zimmer von Einzelkind Frank Fussbroich, in dem nichts fehlte, was die Konsumgesellschaft hergab. Dabei wurde klar, diese Familie hat mehr zu bieten, als zwischen die Wände eines Kinderzimmers passt. Es folgte „Die Fussbroichs – Eine Kölner Arbeiterfamilie“. Später dann einfach nur noch „Die Fussbroichs“. Da war der Name schon zur Marke geworden. Eine Reality-Soap im wahrsten Sinne des Wortes. Kein Drehbuch, keine geschriebenen Dialoge. Die Darsteller sind echt – echt kölsch. Und sie könnten auch gar nichts anders. Damit ist das Band zwischen dieser Familie und dem Publikum geknüpft.
Der Zuschauer ist in allen Momenten des Alltags dabei
Mögen im Zentrum des Kosmos der Stadtverwaltungsangestellten Annemie und des Vorarbeiters Fred vorrangig ihre Liebe zu Mode und Kosmetik sowie sein Faible für Autos und der beiderseitige, stetige Wunsch nach Gewichtsverlust stehen, die beiden gewinnen dem so viele Facetten ab, dass es für 100 Folgen reicht. In den besten Momenten fast schon an Loriot heranreichend, wenn auch ganz ohne die planvolle Absicht des Humoristen. So beim Kauf des Weihnachtsbaums, der Annemie nie gerade genug steht, mag Fred auch noch so oft die Säge ansetzen. Bis er dem Treiben ein Ende setzt: „Annemie, wenn ich noch ein Stück affsäge, könne m’r den in den Blometopp stellen.“ Das Verkaufsargument einer Reisebüroangestellten, dass mit der Silberhochzeit nun der perfekte Moment für eine Kreuzfahrt gekommen sei, kontert er: „Quatsch. Dat ist ja, als würde ich, um ein Kölsch zu trinken, auf Karneval warten.“
In ihrem Kosmos haben sich Fred und Annemie stets genügt. Jedenfalls ist in keiner Folge überliefert, dass sie darüber hinaus wollten. So ganz anders bei Sohn Frank. Genug schien da nie genug. Ob beim Ankauf von Autos, beim Bodybuilding oder den Karrierewünschen. Auftritte in Trashformaten und Ärger mit der Justiz sind Blüten davon.
Die Nachricht von Fred Fussbroichs Tod zieht eine Spur der Trauer durch die sozialen Medien. Die Anteilnahme ist groß. Wie mit einer solchen Trauer umgegangen werden kann, auch dafür hat Fred ein lebensnahes Beispiel gegeben. Die Beerdigung seiner Mutter war offensichtlich kein leichter Gang für ihn. Wohl die einzige Folge, in der Tränen in seinen Augen standen. Doch im Moment der Trauerreden wusste sich der Autoliebhaber abzulenken. Er habe an die neuen Blinker gedacht, die er sich für sein Auto bestellt habe. Richtungsweisend und pragmatisch eben.