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Museumsdienst vor OrtZeitreise in Kölner Seniorenheimen

Lesezeit 4 Minuten
Aufsuchendes Angebot vom Museumsdienst für Seniorinnen - Johanniter Ehrenfeld

Aufsuchendes Angebot vom Museumsdienst für Seniorinnen - Johanniter Ehrenfeld

Seit Oktober bietet der Museumsdienst Köln Veranstaltungen in Senioreneinrichtungen an. Ein Ortstermin.

In der Luft liegt Tosca 4711, aus einem alten Plattenspieler ertönen die berühmten britischen Pilzköpfe. Auf dem großen Tisch in der Mitte des geräumigen Speisesaals verteilen sich Zeitungsausschnitte über Armstrongs erste Schritte auf dem Mond, schwarz-weiß Fotografien vom revolutionären Minirock, Reklame für Afri-Cola und dazwischen ein Miniatur-„Buckelporsche“. Um die geschichtsträchtigen Exponate herum sitzen rund ein Duzend gut gelaunter Kölnerinnen und Kölner, die selbst zu der Zeit Jugendliche oder junge Erwachsene waren, als „mit Tosca die Zärtlichkeit kam“. Eine Stunde lang machen die Seniorinnen und Senioren im Johanniter-Seniorenhaus in Ehrenfeld gemeinsam eine Zeitreise zurück ins Köln der 1960er Jahre.

„Mein Köln ’68 – Eine Zeitreise“

„Mein Köln '68 - Eine Zeitreise“ - greift die beiden ehemaligen Sonderausstellungen „Köln 68! Protest. Pop. Provokation.“ und „Made in Cologne. Kölner Marken für die Welt“ im Kölner Stadtmuseum auf. Für die Materialien und die Moderation des Nachmittags sorgt eine Mitarbeiterin des Museumsdienstes. „Die Zeit der 1960er Jahre war geprägt von großen Umbrüchen. Mit unserem Programm schaffen wir Redeanlässe mit biografischem Bezug für die Teilnehmenden“, sagt Caroline Stegmann-Rennert, die für die Seniorenangebote des Museumsdienstes verantwortlich ist.

Das Programm kommt bei den Seniorinnen und Senioren gut an. „Wir sind ja den ganzen Tag nur hier. Da haben uns auch nichts anderes zu sagen, als wie es früher war“, scherzt einer der Teilnehmer zum Ende der Veranstaltung. Sein Nebenmann lobt unverblümt: „Es war wirklich prima und sehr interessant.“ Über Köln könne man ja schließlich immer erzählen. Tatsächlich herrscht während der knappen Stunde reger Austausch und eine ausgelassene Stimmung. Die Mitglieder der Runde erzählen viel, machen Witze und sind interessiert an den Geschichten der anderen. Sie stimmen gemeinsam „Es war einmal ein treuer Husar“ an und teilen ihre Erinnerungen an Willy Millowitsch. Sie erinnern sich an die pompöse Beerdigung Adenauers und an Kennedys „Alaaf“ bei dessen Rede am Kölner Dom 1963.

Außerdem rufen sie sich in Gedächtnis, was sie von ihrem ersten Gehalt von damals 25 D-Mark gekauft haben. „Bei mir war es mein erster Friseurbesuch“, erinnert sich eine von ihnen. Das hätte dann aber zu mächtigem Ärger mit ihren Brüdern geführt, erzählt sie weiter. „Mein älterer Bruder war immer der Meinung gewesen, er müsse mich erziehen. Und meine Mutter war da ganz auf seiner Seite.“ Eine andere Bewohnerin berichtet von ähnlich rauen Tönen in den eigenen vier Wänden: Tischgebet und Schweigen während des Essens waren klare Regeln in ihrer Jugend.

Darüber hinaus ist die Mode von damals ein großes Thema. Einen Minirock habe jedoch keine der Anwesenden je getragen. Dagegen seien Perlonstrümpfe ein wichtiger Bestandteil der Garderobe gewesen. „Die besten kamen immer noch aus der DDR“, stellt eine Seniorin klar. „Wenn ich eine Laufmasche hatte, habe ich einfach Nagellack auf die Stelle gemacht“, teilt eine weitere Bewohnerin ihre Alltagstricks und erntet damit kräftige Bestätigung der übrigen Damen.

Museumsdienst mit „Outreach“-Angeboten für Senioreneinrichtungen

Der Museumsdienst Köln ist zuständig für die Bildungs- und Vermittlungsarbeit der Kölner Museen. Die „Outreach“-Programme sind zusätzliche kulturelle Angebote außerhalb der Museen. „Köln ’68 – Eine Zeitreise“ ist eines von drei „Outreach“-Angeboten für Seniorinnen und Senioren. „Viele alte Menschen haben nicht mehr die Möglichkeit, ins Museum zu gehen, weil sie entweder nicht mehr fit genug sind oder die Begleitung fehlt“, sagt Projektleiterin Dr. Andrea Imig. „Wir wollen ihnen trotzdem kulturelle Teilhabe und Partizipation bieten.“

Das Projekt findet seit Oktober meist in einer Gruppe von zehn bis zwölf Teilnehmenden statt und stößt bisher auf großen Zuspruch. „Manche Einrichtungen haben das Projekt sogar schon bis zu dreimal gebucht“, erzählt Imig. Es sei vor allem für ältere Menschen gedacht, die zwar nicht mehr ganz fit seien, aber immer noch fit genug für eine größere Gesprächsrunde. „So ergibt sich eine Art ‚Erzählcafé‘, wobei jeder seine Hoffnungen und Ängste aus dieser Zeit teilen kann“, sagt Imig.

Andere „Outreach“-Angebote für Seniorinnen und Senioren sind „Kunst zu Gast“ und das „Kölnische Stadtmuseum zu Besuch“. Ersteres ist ein kreativer Workshop für fittere Teilnehmende. Letzteres ist speziell für Menschen mit dementiellen Veränderungen und findet ebenfalls in den Senioreneinrichtungen statt. Buchbar sind die Termine bei Nebahate Ramadani unter dieser E-Mail-Adresse.