Berlings aktuelles Projekt ist auch ihr persönlichstes: Während des Corona-Lockdowns fing Carla Berling alias Felicitas Fuchs an, ihre Familiengeschichte aufzuschreiben. Wir stellen die Autorin vor.
„Mütter-Trilogie“Autorin und Wahlkölnerin schafft es in die Bestsellerlisten
„Ob man das einen Baggerfahrer wohl auch fragen würde?“, amüsiert sich Carla Berling. Kürzlich wollte ein Bekannter von ihr wissen, warum sie immer noch schreibe – sie habe beruflich doch jetzt alles erreicht. Doch ans Aufhören denkt die 62-Jährige Wahlkölnerin noch lange nicht. Außerdem: „Der Hund ist tot, die Jungs aus dem Haus, der Mann geht tagsüber arbeiten. Was also sollte ich mit meiner Zeit anfangen?“
Schreiben war schon immer das, was die gebürtige Ostwestfälin wollte. Zunächst aber machte sie eine Ausbildung im Einzelhandel. Der Einstieg in die schreibende Zunft gelang 1995 als freie Mitarbeiterin beim „Westfalenblatt“. Zu den Reportagen kamen bald fiktive Geschichten. Seit 2000 veröffentlichte sie – anfangs noch unter ihrem Klarnamen Peggy Wehmeier, ab 2007 dann unter dem Pseudonym Carla Berling – regelmäßig Bücher. Doch vom Schreiben leben? Lange Zeit Fehlanzeige.
Das Thema im Zentrum: Frauen, die sich durchboxen
Ihre Werke erschienen in Kleinstverlagen ohne Marketingbudget. Das meiste veröffentlichte sie schon damals selbst. Während Selbstverleger, neudeutsch „Selfpublisher“ eine immer größere Akzeptanz erfahren, stempelte man sie bis vor wenigen Jahren noch als drittklassige Schreiberlinge ab, deren Bücher zu schlecht für die Verlagswelt waren.
Davon ließ sich Berling nicht beirren. Um an Lesungstermine zu kommen, schrieb Sie pro Jahr bis zu dreitausend potenzielle Veranstalter an – außerhalb des Buchhandels. „Gleichstellungsstellen, Landfrauenverbände, Hausfrauenverbände“, zählt sie auf. Also überall, wo sie Frauen erreichte. „Irgendwie kann ich nicht anders, als über Frauen zu schreiben, die aus kleinen Verhältnissen kommen und sich durchboxen – so wie ich selber bin.“ Ihre Mühe zahlte sich aus: Ungefähr 30 Lesungen pro Halbjahr, bei denen sie bis zu 150 Bücher verkaufte.
Als mit der Einführung des E-Book-Readers auf dem deutschen Markt auch das „Selfpublishing“ über Nacht salonfähig wurde, zahlte sich Berlings Erfahrung aus, und ihr Gespür für gute Themen. Nach Satire, Erotik und Romanen mit autobiografischen Motiven wagte sie sich an eine Krimireihe. Hauptfigur ist die ostwestfälische Lokalreporterin und Hobbydetektivin Ira Wittekind – Parallelen zur Autorin sind kein Zufall.
Schließlich kam der Vertrag beim Heyne-Verlag
Es wurde ihr bis dato erfolgreichstes Projekt. Als sich Band zwei in nur sechs Wochen 45 000 mal verkaufte, horchte der Buchhandel auf und orderte Printexemplare. „Da kam ich an meine Grenzen“, so Berling. Sie suchte sich einen Agenten, dem 2017 schließlich gelang, wovon sie jahrelang geträumt hatte: Er verschaffte ihr einen Vertrag beim Heyne-Verlag. Dort liegen von ihr bis jetzt fünf Wittekind-Fälle und drei Komödien vor.
Berlings aktuelles Projekt ist auch ihr persönlichstes: Während des Corona-Lockdowns fing sie an, ihre Familiengeschichte aufzuschreiben. Herausgekommen sind drei Bücher mit einem Umfang von jeweils circa 600 Seiten. Band eins, „Minna“, und der Nachfolger „Hanne“ sind in Buchläden erhältlich – Der letzte Teil, „Romy“, vermutlich im Sommer 2023. Es geht um drei Frauen dreier Generationen: Berling, ihre Mutter und Großmutter. In „Minna“ war für ihre aus kleinsten Verhältnissen stammende Großmutter das große Glück mehrmals zum Greifen nah. Im Zuge zweier Weltkriege und Wirtschaftskrisen verlor sie mehr als einmal alles und rappelte sich immer wieder auf.
Die neuen Werke ziert ein neuer Autorinnenname: Felicitas Fuchs. „Das war Wunsch des Verlages“, erklärt sie. „Nachdem ich als Carla Berling schon in zwei Genres vertreten war, befürchtete man, mit einem dritten die Leser zu verwirren. Aber immerhin durfte ich ein offenes Pseudonym wählen.“ Eines, bei dem die Identität der dahinterstehenden Person bekannt ist.
Wovon Carla Berling jahrelang geträumt hatte, gelang Felicitas Fuchs auf Anhieb: Schon in der ersten Woche nach Erscheinen stieg „Hanne“ in die Top 10 der Spiegel-Bestsellerliste ein. Da ist ans Aufhören nicht zu denken.