Der Müll wird weniger und dennoch könnten die Gebühren am Ende steigen. Die Abfallentsorgung ist im Wandel.
Weniger Müll und RekordjahrDarum sind die Grauen Tonnen in Köln nicht mehr so voll
„Vergangenes Jahr war sehr erfolgreich“, sagt Andreas Freund. Rund 26 Millionen Euro kann die Abfallverwertungsgesellschaft Köln (AVG) an die Gesellschafter des Stadtwerkekonzerns ausschütten. „Ein Rekordergebnis“, sagt der Geschäftsführer – es schwingt jedoch Wehmut mit. „Es war ein absolutes Ausnahmejahr, das werden wir so nicht wiederholen können“, verweist Freund auf hohe Energieerlöse, die von der Gesellschaft durch Einspeisungen ins Netz erzielt werden konnten. Also wird in 2024 ein Gang zurückgeschaltet? Im Gegenteil. In Zeiten des Wandels gibt es bei der AVG viel zu tun.
Hausmüll: Mengen gehen stetig zurück
Mag es auch ein Prozess über einen langen Zeitraum sein, die Tendenz ist für AVG-Chef Andreas Freund klar: „Die Mengen beim Haus- und Sperrmüll nehmen ab.“ Kamen 2013 noch 323.500 Tonnen zusammen, so waren es in 2023 noch 289.000 Tonnen. Auch bei dieser Zahl sieht Freund Sondereffekte. Die weltweiten Krisen hätten zur Zurückhaltung beim Konsum geführt, was sich direkt auf die Müllmengen auswirke. „In diesem Jahr geht die Menge wieder leicht nach oben.“ Was aber nichts daran ändere, dass die Kurve tendenziell nach unten zeige. „Es gibt ein Umdenken bei den Verbrauchern“, nennt der AVG-Chef den Grund dafür. Und dieses Umdenken lässt auch die AVG neu denken. „Alte Anlagen werden wir so nicht weiter führen“, sagt Freund in Hinblick auf die Müllverbrennung und -sortierung. Stattdessen: „Wir wollen unsere Recycling-Strukturen stärken.“
Recycling wird immer wichtiger
Bereits jetzt umfasst die Recycling-Sparte der AVG grundlegend: Gipskartons, Gewerbeabfallsortierung, Baumischabfälle, Altholz-Aufarbeitung, Kompostierung und das Aussortieren von Kunststoff. Mit zwei Projekten geht die AVG dabei noch etwas mehr in die Tiefe. Mit diesem Monat übernimmt sie vom Partner Remondis die Papier-Verwertungsanlage. Zudem will der Betrieb mehr aus der Asche herausholen, die das Endprodukt der Müllverbrennung ist. Konkret: 8 bis 10 Prozent Restmetall wollen Freund und sein Team daraus gewinnen. Dafür wird eine neue Anlage auf der Deponie vereinigte Ville auf Hürther und dem Erftstädter Stadtgebiet gebaut. „Der Bau wird voraussichtlich Mitte 2026 beginnen“, sagt Freund. „Wir werden die Anlage selbst betreiben.“
E-Lkw: Neue Wege bei der Logistik
Im Schnitt 180.000 Tonnen Restasche werden pro Jahr von der Verbrennung in Niehl zur Deponie in den Rhein-Erft Kreis verbracht. Noch geschieht das mit Lkw, die von Verbrennungsmotoren angetrieben werden. Doch die AVG will auf E-Lkw setzen. „Wir sind in der Planung für die entsprechende Infrastruktur“, kündigt Freund an. Die Voraussetzung seien optimal. Die Deponie ist rund 35 Kilometer entfernt. Strom zum Laden der Lkw wird auf dem Betriebsgelände aus der im Abfall steckenden Energie gewonnen. Jedoch könne dieses Projekt nicht umgehend umgesetzt werden. Alleine schon mangels E-Lkw. „Das ist ein Prozess, der ein paar Jahre dauern wird“, sagt Freund.
Die Ressource im Hausmüll
Deutlich schneller wird es bei einem anderen Projekt gehen. Da kann Freund praktisch schon Verzug melden. In Niehl ist gerade eine Müllsortierungsanlage umgebaut worden. Der Zweck: Noch mehr Kunststoff aus dem Hausmüll herausholen. Rund 10.000 Tonnen Kunststoff landen noch in einer Hausmüllmenge von rund 260.000 Tonnen. Das klingt im Verhältnis wenig. Allerdings relativiert sich die Zahl, wenn bedacht wird, dass aus der Gelben Tonne 30.000 Tonnen Kunststoff pro Jahr landen. Dabei handelt es sich beim Kunststoff um eine wertvolle Ressource, denn das Erdöl enthaltende Material kann als Ersatzbrennstoff genutzt werden. Um die 10.000 Tonnen noch aus dem Hausmüll zu holen, wurde die Sortieranlage auch mit neuen Sensoren ausgestattet. „Wir befinden uns gerade im Probebetrieb“, sagt Freund.
Der schwere Weg zur Co2-Reduzierung
Dekarbonisierung heißt der Fachbegriff, doch die AVG hat ein Problem bei der Co²-Reduzierung: Sie muss den Brennstoff – also den Müll – nehmen, wie er kommt. An dieser Stellschraube gibt es kaum Regulierungsmöglichkeiten. „Darum prüfen wir die Abscheidung“, sagt Freund. Also die Einlagerung von Co². Noch fehlt in Deutschland die gesetzliche Grundlage dafür. „Wir haben aber schon mehrere Studien dazu in Auftrag gegeben“, so der AVG-Chef. Die Rahmenbedingungen will er frühzeitig prüfen. Eine Gewissheit besteht aber schon jetzt: „Die Kosten werden dadurch steigen, die Müllverbrennung wird teurer“. Wie das letztlich bei den Gebührenzahlern ankommt, kann Freund noch nicht sagen.