AboAbonnieren

Von Schimmel bis RauswurfSolidaritätsnetzwerk Köln unterstützt bei Wohnungsproblemen

Lesezeit 3 Minuten
Neuer Inhalt

Das Solidaritätsnetzwerk zeigt Flagge: Tim Losowski, Kevin Hoffmann, Jan Gaede, Gil John und Thomas Stark (v.l.).

Kalk/Mülheim – Die Fotos sind schlicht ekelerregend: Schwarzer Schimmel in den Ecken des Wohnzimmers, im Kinderzimmer, unter der Spüle, im Bad. Keine kleinen, fingernagelgroßen Stellen, wie sie hier und da auftreten, und die man mit einem guten Entferner schnell wieder los wird. Hier dürfte es sich zusammengenommen um mehrere Quadratmeter handeln. „Das war vor einigen Monaten, inzwischen ist es bestimmt doppelt so viel“, erklärt die Frau den schockierten Zuschauern in den Räumen des Multi Kulti Vereins.

Neuer Inhalt

Schimmel im Kinderzimmer einer Wohnung in der Stegerwaldsiedlung.

Das Solidaritätsnetzwerk Köln hat zu einem Abend eingeladen, bei dem Mieter über ihre Probleme mit Vermietern reden und möglicherweise Rat und Unterstützung finden können. Vor rund 20 Teilnehmern erzählt die Frau weiter: Von Ausflüchten des Eigentümers, einer Wohnungsbaugesellschaft, die ihr die mangelhafte Lüftung der Wohnung vorgeworfen hatte, von einer Sanierung im Jahre 2018, die den Schimmelbefall beseitigen sollte, aber wirkungslos blieb.

Wegen steigender Mietpreise: Angst vor Rausschmiss aus der Wohnung

Daraufhin hatte die Frau die Miete wegen baulicher Mängel gemindert, was zu einem Rechtsstreit führte, zu Gutachten und Gegengutachten. „Meine ersten drei Anwälte konnte man in die Tonne kloppen“, sagt die Mieterin. Erst der vierte Anwalt habe sich ernsthaft auf die Auseinandersetzung mit dem Wohnungsunternehmen eingelassen und erste Erfolge erzielt.

Ob denn andere Mieter in der Siedlung ähnliche Probleme hätten, fragt ein Zuhörer. „Ja 20 bis 30 kenne ich“, sagt die Frau. „Aber die haben alle Angst, rausgeworfen zu werden und beschweren sich nicht.“ Angesichts der überall sprunghaft steigenden Mietpreise sei das auch verständlich. „In solchen Fällen muss man an die Öffentlichkeit gehen, die Medien einschalten“, rät Tim Losowski vom Solidaritätsnetzwerk.

Solche Netzwerke existieren schon in verschiedenen anderen deutschen Städten. Der Kölner Ableger, der derzeit knapp 15 Mitglieder hat und vorwiegend in Mülheim und Kalk aktiv ist, wurde vor gut drei Jahren gegründet. Ziel ist es, Gruppen wie Arbeitslose, Frauen, Migranten, Jugendliche oder Arbeiter, die sich aufgrund von mangelnder Erfahrung oder ihrer finanziellen Situation schwer tun, ihre Interessen und Rechte beispielsweise gegenüber Vermietern oder Verwaltung durchzusetzen, zusammenzubringen und zum gemeinsamen, solidarischen Handeln anzuhalten. Das sei auch schon einige Male erfolgreich verlaufen, berichtet Losowksi.

Protestaktion, Medien oder Anwalt als erste Lösung

So habe man den Rauswurf eines Mieters im vergangenen Winter mit einer spontanen Protestaktion verhindern und eine Übergangslösung finden können. Ein anderes Mal habe eine Aktion die Reparatur eines Aufzugs beschleunigt. Auch im Falle der Frau in der Stegerwaldsiedlung sei unter anderem durch Berichte im Fernsehen und in Zeitungen – darunter dieser Zeitung - eine Kündigung fürs Erste abgewendet worden. Aber auch die Vermittlung eines engagierten Rechtsanwalts sei wichtig, betont Thomas Stark vom Netzwerk: „Die Anwaltskosten können wir aber leider nicht übernehmen.“

Ein Mieter aus Kalk, den die neuen Besitzer eines Mehrparteienwohnhauses nach einem Streit unter dem Vorwand der Beleidigung vor die Tür setzen wollten – vermutlich, weil er seine Mietwohnung nicht käuflich erwerben möchte – kann bestätigen, wie wichtig ein guter Anwalt ist. „Als ich nicht mehr weiter wusste, habe ich an den Köln Arcaden zufällig einen Flyer des Solidaritätsnetzwerks in die Hand bekommen und angerufen. Dort wurde ich sehr ausführlich und höflich beraten, und man hat mir die Nummer des Rechtsanwalts gegeben.“ Vor dem Amtsgericht wurde die Klage bereits in erster Instanz abgewiesen.

Andere Teilnehmer berichten von Tricks der Wohnungsbaugesellschaften, die etwa unliebsame Mieter loswerden wollen, indem sie auf Eigenbedarf klagen und dann Mitarbeiter in die freie Wohnung einziehen lassen. Oder die die Fassaden eines ganzen Straßenzugs verschönern lassen, dafür noch Unterstützung aus dem „Starke Veedel – starkes Köln“-Programm abgreifen und dann die Miete um bis zu 200 Euro je Wohnung erhöhen. „Mieterhöhungen sind aber nur bei Verbesserungen des Wohnraums erlaubt, nicht bei Verschönerungsmaßnahmen“, sagt die junge Frau empört. „Viele der Mieter sind Rentner, das können die nicht aufbringen.“