Beim Verein Sozialistische Selbsthilfe Mülheim herrschen Frust und Verunsicherung. Ende Juni läuft der Mietvertrag aus - und die Stadt Köln hat dem Sozialprojekt noch immer keinen neuen gegeben.
SSM in MülheimStadt Köln gibt Sozialprojekt keinen neuen Mietvertrag

An der Düsseldorfer Straße 74 leistet die Sozialistische Selbsthilfe Mülheim (SSM) seit Jahrzehnten soziale Arbeit im Veedel.
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Seit über 30 Jahren leistet die Sozialistische Selbsthilfe Mülheim e.V. (SSM) soziale Arbeit im Rechtsrheinischen. Mit Angeboten wie Café, Möbellager, Second-Hand-Laden, Umzugshilfe und Entrümpelung gibt sie Menschen am Rande der Gesellschaft Arbeit und Struktur. Doch nun droht das Projekt in Gefahr zu geraten. Seit mehr als vier Jahren wartet die Initiative darauf, dass die Stadt Köln ihr einen neuen Mietvertrag für das Gebäude Düsseldorfer Straße 74 gibt.
Seit Jahren Gespräche mit der Stadt
Der 1993 geschlossene Vertrag läuft am 30. Juni aus, ab 1. Juli droht der Verein, wie er betont, unverschuldet und unfreiwillig zum Hausbesetzer zu werden. Das wäre eine Rückkehr zu den Wurzeln, könnte man sagen, da der SSM e.V. aus einer Hausbesetzung entstanden ist. Doch heute haben die Verantwortlichen, darunter der Trägerverein „Mach Mit! e.V.“, andere Prioritäten. Der drohende vertragslose Zustand sorgt für Verunsicherung und Verärgerung, zumal man sich bereits seit Dezember 2018 bemüht hat, mit der Stadt eine Einigung zu erzielen.
Konkret fordert der SSM e.V., dass die Stadt ihm das Gebäude in Erbpacht zum Nulltarif überlässt oder zu einen symbolischen Preis. Begründung: Durch seine soziale Arbeit spare die Stadt jährlich im Schnitt rund 400 000 Euro an sozialen Transferleistungen ein. Ein solcher Nulltarif solle auch anderen sozialen Trägern eingeräumt werden, die für das Gemeinwohl und nicht gewerblich arbeiten.
Verein sorgt selbst für die Instandhaltung des Gebäudes
Die Stadt wollte offenbar eine jährliche Miete von 30 000 Euro verlangen. Das könne man nicht aufbringen, sagt der Verein, der seit 30 Jahren selbst für die bauliche Unterhaltung der Immobilie gesorgt hat. Er verweist auf Beispiele wie die Ehrengarde, der die Stadt die Hahnentorburg für 51 Cent im Jahr vermiete. Denselben symbolischen Preis zahle der Kölner-Männer-Gesangverein für die Wolkenburg. Warum also solche Konditionen nicht auch dem SSM und anderen sozialen Projekten gewähren, argumentiert der SSV.
Gründungsmitglied Rainer Kippe kündigt kämpferisch an: „Wir bleiben hier.“ Er betont: „Damals hat die grüne Fraktion aus der Opposition den Mietvertrag für uns durchgesetzt. 30 Jahre später sind die Grünen die stärkste Kraft im Rat und schaffen es bislang nicht, das soziale Wirken des SSM durch ein Erbbaurecht langfristig abzusichern!“ Sollte die Stadt bis Ende Juni nicht reagieren, werde man am 1. Juli ein Hausbesetzerfest feiern.
Jörg Frank von „Mach Mit! e.V.“ fordert eine befristete Anhandgabe der Immobilie, bis die künftigen Konditionen verhandelt sind. Das Liegenschaftsamt müsse die Gespräche wieder aufnehmen. „Dafür ist endlich eine politische Entscheidung der Ratsfraktionen notwendig.“ (fu)