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Austausch verbindetHochschul-Dozentin organisiert Kochabende, um Netzwerk für Geflüchtete zu schaffen

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Fatoumata Sow aus Guinea, Saliha Omarsada und Frishta Ahremi, beide aus Afghanistan, kochten ein traditionelles Gericht aus ihrer Heimat.

Fatoumata Sow aus Guinea, Saliha Omarsada und Frishta Ahremi, beide aus Afghanistan, kochten ein traditionelles Gericht aus ihrer Heimat.

Seit 2018 finden die Kochabende mit geflüchteten und deutschen Frauen statt. Das gemeinsame Erlebnis verbindet langfristig.

Es duftet himmlisch, wenn man die Küche der Tages- und Abendschule an der Genovevastraße in Mülheim betritt. In den Töpfen köcheln allerlei exotische Gerichte. Einmal im Jahr organisiert Corinna Brückner hier einen Kochabend der besonderen Art: Sechs geflüchtete Frauen treffen auf sechs deutsche Frauen und essen gemeinsam. Die Kochabende organisiert Brückner seit 2018, die Corona-Jahre ausgenommen. „Das ist jetzt das erste Treffen seit Ende der Pandemie.“ Seit Langem schon engagiere sich die Hochschul-Dozentin für Geflüchtete. „Durch eigene Erfahrungen in der Kindheit kann ich nachvollziehen, wie es ist, alles zu verlieren“, sagt sie. „Trotzdem geht es mir gut, und es macht Spaß, etwas zurückzugeben.“

In der geräumigen Schulküche ist genug Platz, um gemeinsam zu kochen. Die sechs Frauen aus Deutschland stammen aus Brückners Bekanntenkreis, die sechs Geflüchteten aus Afghanistan, dem Iran, Albanien, Guinea und der Ukraine. Die Frauen hätten teilweise schlimme Erfahrungen gemacht, schildert Marianne Arndt vom Verein Flüchtlingsnetzwerk Mosaik. „Eine von ihnen ist vor den Taliban geflüchtet, eine andere kam mit ihren drei Kindern zunächst nach Schweden, wo sie zurück nach Afghanistan abgeschoben werden sollte.“

Kochen verbindet: Gerichte aus verschieden Ländern werden probiert

„Eine andere Frau ist aus Afrika vor der drohenden Genitalverstümmelung ihrer Töchter geflüchtet. Das ist in Deutschland zwar strafbar, aber noch kein Asylgrund“, sagt Arndt. Die anderen seien vor dem Krieg in der Ukraine und der Verfolgung im Iran geflüchtet.

„Es bewahrheitet sich, dass Kochen verbindet“, schwärmt Brückner. „Es ist schön, gemeinsam zu essen, zu reden und zu lachen. Alle Flüchtlingsfrauen begegnen sich heute zum ersten Mal. Die Kommunikation in der Küche funktioniert auch ohne Worte.“ Die Frauen kämen aus sehr unterschiedlichen Teilen der Welt und brächten entsprechende Rezepte mit. So lerne Brückner an diesem Abend Kochbananen kennen. „Selbst habe ich die noch nie verwendet“, sagt sie.

Zu den Kochbananen wird Jam serviert – eine traditionelle afrikanische Gemüsesoße auf Basis von Tomaten, Zwiebeln, Chili und Knoblauch. Diese brodelt im Topf von Fatoumata Sow aus Guinea. Sie lebe seit sieben Jahren in Köln. Ihr Veedel: Holweide. „Marianne hat uns eingeladen, es macht mir viel Spaß“, sagt sie. Neben ihr ist Frishta Ahremi zugange. Sie kocht ein afghanisches Gericht mit Reis an Safran, Fleisch, Rosinen und Möhren.

WhatsApp-Gruppe soll Kontakt zwischen den Frauen langfristig stärken

Zu den deutschen Frauen gehört die Bundestagsabgeordnete Serap Güler. „Corinnas Einladung bin ich gerne gefolgt – ich wusste gar nicht, dass die Aktion in meinem Wahlkreis stattfindet“, sagt die 43-Jährige. Sie habe eine türkische Linsensuppe gekocht und eine neue Variante von Baklava kennengelernt. „In der Türkei macht man sie mit Walnüssen oder Pistazien – in Albanien vor allem mit Datteln. Das kannte ich auch noch nicht“, sagt sie.

„Dieser Abend hier ist eine Art Völkerverständigung. Flüchtlinge bleiben ja meist unter sich, sie haben selten die Möglichkeit, mit Menschen aus anderen Ländern in Kontakt zu kommen. Die Gruppen können voneinander lernen und wir sehen, dass Vielfalt existiert“, fügt Güler hinzu.

Sich kennenzulernen, in Kontakt zu bleiben: das ist auch Corinna Brückner wichtig. „Am Ende schreibe ich meine Handynummer an die Tafel und gründe eine WhatsApp-Gruppe, sodass wir in Kontakt bleiben. Die erste Gruppe aus 2018 besteht noch immer.“