AboAbonnieren

Gentrifizierung in KölnMilieuschutz abgelehnt – Wer lebt bald in Mülheim-Nord?

Lesezeit 3 Minuten
Mülheim Berliner Str pix

Die Berliner Straße bildet das geschäftliche Zentrum des Quartiers Mülheim Nord.

Köln-Mülheim – Der Verein Nachbarschaft Mülheim Nord konnte die Bezirksvertretung Mülheim nicht davon überzeugen, die Aufstellung einer Milieuschutzsatzung – auch soziale Erhaltungssatzung genannt – für das Quartier Mülheim Nord zu beschließen. Ihr Bürgerantrag wurde mehrheitlich mit den Stimmen der SPD-Fraktion, der CDU-Fraktion und des Einzelmandatsträgers Torsten Tücks gegen die Stimmen von Grünen, Linken und des Einzelmandatsträgers Andreas Altefrohne (Die Partei) bei Enthaltung von Ralph Hengstenberg (AfD) abgelehnt.

Ähnlicher Antrag bereits vor einem Jahr

Der Verein hatte einen ähnlichen Antrag bereits vor etwa einem Jahr gestellt, wurde jedoch mit Hinweis auf den damals noch in Arbeit befindlichen Kölner Lebenslagenbericht vertröstet. Erst wenn dieser vorliege, könne es genug verlässliche Daten geben. Inzwischen gibt es diesen Bericht.

Vorstandsmitglied Engelbert Becker begründete den Antrag unter anderem damit, dass sich das Gebiet zwischen dem Clevischen Ring im Westen, dem Autobahnzubringer Mülheim und der Carlswerkstraße im Norden, der Bergisch Gladbacher Straße im Osten und der Keupstraße im Süden durch einen hohen Anteil sozial benachteiligter Bevölkerung auszeichne.

Becker: „Fast 35 Prozent der Bewohner und etwa die Hälfte der Kinder sind Bezieher von Arbeitslosengeld II.“ Gleichzeitig ist das Quartier wegen seiner moderaten Mieten, dem Altbaubestand, der Lage nah am Rhein und der Nähe zum Bergischen seit Jahren ein begehrtes Viertel zum Wohnen.

Katzenbuckel

In Mülheim beliebt: Die Nähe zum Rheinufer und die ikonische Brücke „Katzenbuckel“ 

„Dies führte bereits zu Spekulationskäufen von Immobilien sowie zur Blockinnenbebauung in bestehenden Quartieren“, betonte Becker. Damit aber würden einkommensschwache Bevölkerungsschichten verdrängt, weil viele nicht in der Lage seien, höhere Mieten und steigende Nebenkosten durch Luxussanierung zu tragen.

Stadt sieht noch Potenzial

Marc Höhmann vom Amt für Stadtentwicklung und Statistik wiederum erklärte den Politikern, warum seine Behörde dem Antrag zumindest vorläufig nicht zustimmen kann: „Wir haben uns die ablehnende Stellungnahme nicht leicht gemacht.“ Zwar könne man anerkennen, dass die soziale Lage und der dargestellte Verdrängungsdruck vorhanden seien.

Auf der anderen Seite gebe es im Quartier Sanierungsbedarf, der auch ohne Luxuslösungen bewältigt werden könne. Daher bezweifelt er, dass „eine soziale Erhaltungssatzung zum jetzigen Zeitpunkt das richtige Instrument sei und die richtige Wirkung entfalten kann.“ Es könne aber durchaus sein, dass die von Becker beschriebene Entwicklung eintreten werden, dann müsse neu entschieden werden.

Bezirkspolitiker lehnen Antrag ab

„Ich beanstande die Formulierung »zum jetzigen Zeitpunkt« und bin der Meinung, dass man nicht abwarten sollte, bis sich die Situation dahingehend verschärft, dass Menschen mit gutem Einkommen andere Einwohner verdrängt haben“, gab Sabine Ulke (Grüne) zu bedenken. Höhmann entgegnete, das gäben die aktuellen Zahlen aber nicht her. Alexander Lünenbach (SPD) erkundigte sich bei Höhmann nach der Datenlage aus dem Quartier Mülheim Süd, für das bereits eine solche Erhaltungssatzung in Arbeit ist.

Das könnte Sie auch interessieren:

Er erfuhr, dass eine Befragung stattgefunden habe und die Ergebnisse Ende dieses Jahres vorlägen. Dortige Erkenntnisse könnten später für Mülheim Nord angewandt werden. Daraufhin schlug Lünenbach vor, bis dahin zu warten. Beate Hane-Knoll (Linke) hält nicht viel von einer solchen Lösung: „Warum warten wir? Schieben wir dem gleich einen Riegel vor.“

Dem schloss sich auch Winfried Seldschopf, Fraktionsvorsitzender der Grünen, an. Er brachte den Antrag ein, die Bezirksvertretung möge beschließen, die Aufstellung einer Erhaltungssatzung sei zum jetzigen Zeitpunkt geboten. Das wurde mehrheitlich abgelehnt.