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Auszug von „Raum 13“Wie es mit dem Otto-Langen-Quartier nun weitergeht

Lesezeit 4 Minuten

Hoffnung: „Hope“ steht auf einer Installation auf dem Dach der Ex-Hauptverwaltung von Klöckner-Humboldt-Deutz.

Köln – Das Landgericht hat wie erwartet entschieden: Die Künstlerinitiative „Raum 13“ muss aus dem ehemaligen Hauptverwaltungsgebäude von Klöckner-Humboldt-Deutz (KHD) an der Deutz-Mülheimer Straße ausziehen. Der Räumungsklage von Eigentümer Gottfried Eggerbauer wurde stattgegeben, die Kündigung des Mietverhältnisses zwischen den Parteien sei „ordentlich und unter Wahrung der Frist“ zum 30. April 2020 erfolgt und wirksam. Was heißt das für die Zukunft des Quartiers?

Die rechtliche Lage

Ist seit Mittwoch klar. Die künstlerischen Leiter von Raum 13, Marc Leßle und Anja Kolacek hatten auf eine besondere Sozialpflichtigkeit des Eigentums gepocht. Ferner sahen sie es als nicht hinnehmbare Härte an, aus dem Mietobjekt ausziehen zu müssen, um nach einem möglichen Erwerb durch die Stadt, wieder einziehen zu können. Das Gericht erkannte keine Gründe, die einer Kündigung entgegenstünden. Aus der künstlerisch-sozialen Nutzung der ehemaligen KHD-Hauptverwaltung ließe sich keine „besondere Sozialpflichtigkeit des Eigentums“ von Besitzer Gottfried Eggerbauer ableiten.

Die Räumung

Kolacek sagt der Rundschau, man werde eine Berufung prüfen, auch die würde aber wohl keine aufschiebende Wirkung haben. Die Frage ist, ob Eggerbauer die Räumung sofort durchsetzen will. Die Künstler sagen: „Er muss den Räumungstitel nicht nutzen. Er hat Spielräume.“ Zwar habe er das Verfahren bis hierhin „gnadenlos durchgezogen“, aber sein Interesse sei letztlich, bei einem Verkauf einen hohen Preis zu erzielen. Kolacek: „Das Spiel ist noch lange nicht beendet.“ Der Eigentümer war gestern nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

Die Pläne

In der alten KHD-Hauptverwaltung hat Raum 13 seit 2011 das „Zentralwerk der schönen Künste“ etabliert. Es gibt aber ein städtebauliches Planungskonzept von 2017, das das Areal neu ordnet. Neben Eggerbauer sind die Landesentwicklungsgesellschaft Urban.NRW und die Gerchgroup im Besitz der Flächen. Eggerbauer sagt, er habe „zwölf Jahre lang versucht, die Entwicklung des Geländes anzustoßen.“ Das Land als Nachbar habe aber kaum etwas unternommen, daher lehnte er eine Einigung mit „Raum 13“ ab. In der Rundschau bezeichnete Eggerbauer die Künstler als „Subventionsschmarotzer“.

Das Vorkaufsrecht

Der Stadtrat hat im März ein Vorkaufsrecht sowohl für das Eggerbauer-Grundstück, wie auch für das NRW.Urban-Gelände beschlossen. Der Hauptausschuss hat eine parteiübergreifende Resolution zur Rettung von Raum 13 beschlossen, diese wurde jüngst bekräftigt. Damit wurde die künstlerische Arbeit, aber auch die besondere Bedeutung des Geländes mit den zum Teil denkmalgeschützten Hallen betont. Sollte Eggerbauer nun an einen Dritten verkaufen, könnte die Stadt über das Vorkaufsrecht eingreifen. Das Urteil vom Mittwoch ändert zunächst nichts an der Situation.

Das Quartier

5 Hektar groß ist das Otto-Langen-Quartier im Mülheimer Süden, dort sollen mehrere neue Quartiere mit Wohnungen und Büros entstehen. Der Name leitet sich ab von der dortigen Wiege des Verbrennungsmotors, in der Nicolaus August Otto und Eugen Langen wirkten.

Die Kölner Stadtverwaltung will dort gerne ein gemischtes Quartier entwickeln. Das Areal gehört aber der landeseigenen Entwicklungsgesellschaft NRW.Urban, Gottfried Eggerbauer und der Gerchgroup (siehe Grafik). Teilweise verlaufen die Grundstücksgrenzen durch die Gebäude. NRW.Urban wollte dort mal 450 Wohnungen bauen.

Die Stadt hat ein Vorkaufsrecht auch für das NRW.Urban-Gelände. Strittig ist, ob das Grundstück per Direktvergabe an die Stadt verkauft werden kann. Die Landesregierung steht auf dem Standpunkt, sie muss es europaweit ausschreiben.

2019 hatte eine Initiative ein „Gesellschaftspolitisches Reallabor“ vorgestellt, dazu gehört „Raum 13“, aber auch Architekten, Denkmalschützer und das Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie zählen dazu. Es soll eine zukunftstaugliche Stadtentwicklung bündeln. (mhe/mft)

Anfang Dezember hatte die Stadtentwicklungstochter Moderne Stadt auf Nachfrage bestätigt, dass es Verhandlungen mit Eggerbauer gegeben hat. Das vor Gericht von Künstler-Anwältin Monika Flocke kolportierte Angebot von 18,6 Millionen Euro wollte ein Moderne Stadt-Sprecher zwar nicht bestätigen, es soll sich aber in dieser Größenordnung bewegt haben. Die Stadt teilte am Mittwoch auf Anfrage mit: Eggerbauer sei „zu einem Verkauf zu einem Preis bereit, der weit über dem von der Verwaltung ermittelten Wert liegt“. Daher sei es zu keiner Einigung gekommen. Die Stadt werde weiterhin „alle Möglichkeiten ausschöpfen“, um die in der Resolution des Hauptausschusses formulierten Ziele zu erreichen.

Neue Verhandlungen

Das Otto-Langen-Quartier hat längst überregionale Prominenz. Unterstützer wie Gerhart Baum oder Jürgen Becker haben zuletzt ihre Solidarität mit der Künstlerinitiative bekundet. Zuvor hatte Unterstützer mit ganzseitigen Zeitungsanzeigen für den Erhalt von Raum 13 geworben. Mit einem neuen Beschluss zum konkreten Ankauf des Geländes würde könnte die Politik zwar einerseits Druck ausüben, andererseits würde dies den Preis in die Höhe treiben. Die Parteien, darunter auch die mutmaßlich alten wie neuen Koalitionspartner, Grüne und CDU, sind in der Frage in Gesprächen. Die Stadt könne nicht jeden Preis zahlen, sagt Niklas Kienitz, CDU-Fraktionsgeschäftsführer.

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Ohnehin sehen manche das NRW.Urban-Gelände als Schlüsselgrundstück. Zwar sollen der geplanten Ausschreibung (siehe Infotext) städtebauliche Vorgaben der Stadt zu Grunde gelegt werden. Dies schließe aber nicht aus, dass es von einem Investor gekauft wird. Dann, so die Sorge, werde es schwer, mit dem Kauf der Restgrundstücke Einfluss auf die Entwicklung des Quartiers zu nehmen.