Mit Faceshield und DesinfektionWie die Wahl in Köln in Coronazeiten abgelaufen ist

Hygienevorschriften und Wahlrecht mussten unter einen Hut gebracht werden.
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Köln – „Alles läuft reibungslos, die Wähler zeigen Verständnis für die Corona-Maßnahmen und halten sich daran“, berichten ehrenamtliche Helfer in zwei repräsentativen Stimmabgabelokalen, die Kämmerin Prof. Dr. Dörte Diemert am Vormittag der Kommunalwahl besucht. Im Bürgerzentrum Alte Feuerwache an der Melchiorstraße, wo die Kämmerin selbst ihre Stimme abgab, begegnet sie Hans-Peter Fuchs. Der mit 90 Jahren älteste Helfer meldet sich seit 30 Jahren freiwillig für das Ehrenamt.
Mit 90 Jahren Wahlvorsteher
Diemert wünscht dem betagten Wahlvorsteher „starke Nerven“. Falls zum Beispiel jemand, was Fuchs mal erlebte, im Raum „ausposaunt“, wo er sein Kreuzchen machen wird. „Bei Ihrer Erfahrung bin ich zuversichtlich, dass Sie das schaffen“, meint Diemert, bevor sie zum Deutzer Wahllokal im Gymnasium Thusneldastraße weiterzieht. Dort trifft sie eins der jüngsten Wahlhelferteams an.
„Bis jetzt ist die Situation entspannt, noch ist keiner ohne Maske eingetreten, aber den meisten mussten wir Kugelschreiber leihen, die wir dann nach Benutzung desinfiziert haben“, erfährt sie dort von dem 23-jährigen Mohamed A., der seinen vollen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte. Seine Mitwirkung bei der Wahl unter Corona-Bedingungen sieht der junge Mann gelassen: „Ich habe auf die Vorkehrungen vertraut und wurde nicht enttäuscht“, sagt er.

Desinfektionsspender waren Pflichtprogramm.
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„Wir bekamen mehr kurzfristige Absagen von Wahlhelfern als früher, aber wir hatten ja Reserven“, erklärt Dörte Diemert. Insgesamt fast 10 000 Helfer konnte die Stadt gewinnen, davon sind etwa 6700 in den 800 Urnenstimmbezirken eingesetzt, 3000 im Briefwahlzentrum in den Messehallen. Für die Urnenwahl mussten 53 Ersatzräume gefunden werden, da Kindergärten und Seniorenheime wegen der Pandemie wegfielen.
Trotzdem sei die Quote von 88 Prozent barrierefreien Wahllokalen erreicht, so Diemert, und wie bisher komme die mobile Urne zu Bürgern, die ihren Wahlraum nicht erreichen können. Diesmal auch zu denen, die von der Maskentragepflicht befreit sind oder die in diesen Zeiten Scheu haben, öffentliche Räume zu betreten oder sie meiden, weil sie keine Maske anlegen wollen. „Das Wahlrecht ist ein zu hohes Gut, um Nicht-Maskenträger auszuschließen“, erläutert die Kämmerin diese Regelung.

Vor einigen Wahllokalen bildeten sich Warteschlangen.
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An den Türen der Wahllokale achten Lotsen darauf, dass sich eine begrenzte Zahl Menschen gleichzeitig mit Mund-Nasen-Schutz im Gebäude aufhält. Für die Helfer vor allem wurden 15 000 Schutzvisiere, die sogenannten Faceshields, 75 000 Masken und 75 000 Liter Desinfektionsmittel angeschafft. Die angemietete Fläche für das Briefwahlzentrum wurde um das Sechsfache auf 36 000 Quadratmeter erweitert. Aufwendiger als sonst und meistens online war die Schulung der Wahlhelfer. Ob diese Wahl die teuerste aller Zeiten wird? Zu den Mehrkosten mag Dörte Diemert noch keine Einschätzung abgeben.

Dörte Diemert, Wahlleiterin und Kämmerin, überzeugte sich bei der Stimmabgabe selbst davon, dass das funktionierte.
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Was die Wahlleiterin aber einschätzen kann, ist die im Vergleich zu vorherigen Wahlen hohe Beteiligung von bereits 40,2 Prozent um 16 Uhr. Eine große Rolle, räumt sie ein, würde die Briefwahl spielen. Von den 825 000 Wahlberechtigten entschieden sich 251197, auf diesem Weg ihre Stimme abzugeben, sonst zählte das Wahlamt durchschnittlich etwa 140 000 Briefwähler. Da der Trend erwartet wurde, waren 152 zusätzliche Helfer für die Zählung der Stimmen aus den 431 Briefwahlbezirken eingesetzt. Ein Fazit zieht Dörte Diemer schon früh: „Das ist eine Wahl der Rekorde.“