AboAbonnieren

Bewerbungen noch möglichErste Kölner Hebammenschule startet im September

Lesezeit 4 Minuten

Hebammen lernen drei Jahre lang, worauf es vor, während und nach der Geburt ankommt.

Köln – Menschen auf die Welt helfen – eine sinnvolle und schöne Aufgabe. Dennoch ist der Beruf der Hebamme oder des Entbindungspflegers nicht so begehrt, wie man meinen könnte. „Ein Grund sind die Arbeitsbedingungen mit einer hohen Arbeitsbelastung“, sagt Daniela Erdmann, zweite Vorsitzende des Landesverbandes der Hebammen NRW. Dem Mangel soll eine neue Hebammenschule an der Uniklinik entgegenwirken – sie ist die erste in Köln. Im September nimmt sie ihren Betrieb auf.

Verbände verweisen seit längerem darauf, wie notwendig mehr Hebammen sind, auch Kliniken spüren den Mangel. Der Leiter der Frauenklinik an der Kölner Uniklinik, Professor Dr. Peter Mallmann, hatte erst Ende vergangenen Jahres beklagt, dass wiederholt und teilweise ein- bis zweimal täglich werdende Mütter an der Uniklinik abgewiesen werden mussten, wenn es keinen zwingenden Grund zur stationären Aufnahme gab. Derzeit arbeiten an der Uniklinik 31 Hebammen, davon viele in Teilzeit. In der geburtenstärksten Klinik der Stadt kamen im vorigen Jahr 2.352 Kinder zur Welt. Die Zahlen steigen seit Jahren.

Gesetzentwurf sieht Studium vor

Die Neugründung der Hebammenschule kommt zu einer Zeit, in der viel in Bewegung ist: Hebammen sollen in Deutschland mittelfristig – ab Ende 2020 soll das neue Gesetz in Kraft sein – ein Studium absolvieren. Das sieht ein aktueller Referentenentwurf des Bundesgesundheitsministeriums vor. „Die Ausbildung zur Hebamme ist derzeit im Wandel, da sie vollkommen akademisiert werden soll. Werdende Hebammen sollen zukünftig in dualen Studiengängen ausgebildet werden. Da zur Umsetzung dieses Vorhabens aktuell eine Reform des Hebammengesetzes fehlt, gilt es gegenwärtig den Spagat auszuhalten zwischen den Vorgaben eines tradierten Berufsbildes und den Visionen einer zukunftsfähigen, modernen Hebammenausbildung“, sagt Vera Lux, Pflegedirektorin der Uniklinik.

Sie sieht die neue Schule gut aufgestellt, sie wird an der Lindenburg-Akademie in der Gleueler Straße angesiedelt sein. Diese Einschätzung teilt Schulleiterin Dorothee Herrmann, die seit Jahresbeginn im Amt ist: „Wir stellen uns zukunftsfähig auf mit der Schule. Wir sind wissenschaftsnah und praxisorientiert.“ Zudem würden die EU-Richtlinien für die Ausbildung von Hebammen in der praktischen Ausbildung berücksichtigt.

Großes Interesse

Auch Daniela Erdmann begrüßt erst einmal die neue Schulgründung. Fahrten in die nächstgelegenen Hebammenschulen nach Bensberg, Aachen, Bonn oder Wuppertal sind dann nicht mehr nötig. Wichtig sei aber auch, dass das Konzept auch in einen möglichen Hochschulstandort übertragen werden könne, wenn die Akademisierung der Hebammenausbildung beschlossen sei.

Das Interesse an der ersten Kölner Hebammenschule ist groß. „Wir haben schon mehr als 160 Bewerbungen“, sagt die Schulleiterin, „Viele entscheiden sich bewusst jetzt für die Ausbildung. Zum Teil, weil sie Angst haben, dass ein Studium zu theoretisch ist, zum Teil weil sie nur einen mittleren Schulabschluss haben.“

Ein Beruf mit vielen Möglichkeiten

Verlässliche Daten über die Zahl der tätigen Hebammen in Köln gibt es nicht. Es existiert keine einheitliche Datenerhebung. Fest steht: 331 Kölner Hebammen sind Mitglied im Landesverband der Hebammen NRW. Ihre Arbeit ist ein eigenständiger Tätigkeitsbereich im Klinikalltag, bei Geburten zu Hause oder im Geburtshaus. Dabei stehen Begleitung, Beratung und Anleitung von Müttern und Familien während der Schwangerschaft, der Geburt und des Wochenbetts im Vordergrund. Gemeinsam mit dem Ärzteteam ist die Hebamme auch bei Komplikationen verantwortlich.

Nach der Ausbildung können sich Absolventen in zahlreichen Bereichen weiterbilden; zum Beispiel als Familienhebamme, Stillberaterin, Beckenbodentrainerin, Praxisanleiterin oder Elternberaterin. Bereits seit 2012 können Hebammen nach abgeschlossener Ausbildung ein Studium an der Katholischen Hochschule Köln anschließen. Informationen zur Hebammenschule der Uniklinik finden Interessierte im Internet. (dha)

www.uk-koeln.de/karriere/schuelerinnen-schueler/ausbildung/

hebammeentbindungspfleger

20 Plätze für die dreijährige Ausbildung an der Hebammenschule gibt es im ersten Jahr. Insgesamt ist die Schule auf 60 Plätze ausgelegt. Bewerben können sich Interessenten noch bis zum 30. April. „Wir möchten auch Männer ermutigen, sich zu bewerben“, betont Pflegedirektorin Vera Lux.

Theoriephasen in der Schule für Hebammenkunde werden sich mit Praxisphasen in der Uniklinik Köln und bei auswärtigen Kooperationspartnern abwechseln. Die Praxisblöcke finden dabei in verschiedenen Kliniken in Köln im Kreissaal, auf Wochen- und Pränatalstationen, im OP, in Kinderkliniken und auf gynäkologischen Stationen statt.

„Übernahmechancen mehr als gut“

„Mein Ziel ist die Ausbildung hoch qualifizierter, kompetenter und empathischer Hebammen, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken und eine Stärkung der Berufsgruppe der Hebammen zu erwirken“, sagt Dorothee Herrmann. „Die Zukunftsaussichten mit dieser Ausbildung sind sehr gut. Die Übernahmechancen an der Uniklinik Köln sind mehr als gut“, erklärt Vera Lux.

Wenn an der Universität mittelfristig ein Hebammenstudiengang eingeführt werden sollte, dürften die Ressourcen der Hebammenschule in die universitäre Ausbildung einbezogen werden. So ist zumindest der Plan.