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SemesterstartWas sich Studierende in Köln alles sparen müssen

Lesezeit 4 Minuten
Die Studentin Viviana Picerno steht lächelnd vor dem Eingang der Technischen Hochschule Köln.

Dispo statt Studenten-Partys: Der Semesterstart ist für Studentin Viviana Picerno dank steigender Preise mit großen Geldsorgen behaftet.

Zwischen Arbeit und Lernen abwägen zu müssen, ist wegen der Preissteigerungen für viele Studierende Alltag geworden - die Einmalzahlung hilft wenig.

„Am Monatsende reicht das Geld einfach manchmal nicht“, erklärt Viviana Picerno. Teure Lebensmittelpreise, hohe Mietkosten, selbst die Preise für das Mensaessen sind gestiegen. Viele Studierende leben aufgrund der gestiegenen Energiekosten und der Inflation am Existenzminimum. So auch Picerno, sie studiert mehrsprachige Kommunikation an der TH Köln.

Das vergangene Semester hat die 26-Jährige nur durch die Aufnahme eines Dispokredits überstanden: „Mein Nebenjob hat leider nicht so viel Geld eingebracht, dass ich davon Miete, Kaution und alle anderen Ausgaben decken konnte.“ Sie steht vor einem Dilemma, indem sich viele Studierende befinden: „Wenn ich viel arbeite, dann muss ich oft in der Uni fehlen. Priorisiere ich die Uni, dann verdiene ich einfach zu wenig.“ Picerno erhält die gesetzliche Ausbildungsförderung des Bundes – kurz Bafög – und hat einen Nebenjob, trotzdem muss sie genau auf ihre Ausgaben achten: „Ich versuche immer selber zu kochen, also nicht auswärts essen gehen. Meistens gehe ich auch nicht im Club feiern, weil der Eintritt einfach viel zu teuer ist.“ Vor allem spart sie bei den Lebensmitteln. Teure Produkte hat sie ganz von der Einkaufsliste gestrichen.

Energiekostenpauschale reicht oft nicht aus

Ähnlich geht es Sozialwissenschaftsstudent Nils Bühner: „Tomaten sind aktuell teuer, deswegen kaufe ich sie nicht mehr. Inzwischen gehe ich immer im Discounter einkaufen, weil mir die Lebensmittel im Rewe oder Edeka zu teuer sind.“ Der 21-Jährige erhält ebenfalls Bafög und hat einen Nebenjob.

Bundesweit beziehen derzeit elf Prozent aller Studierenden Bafög, so das deutsche Studierendenwerk. Von 86.217 Studierenden des Kölner Studierendenwerks bezogen 2021 lediglich 15.612 Studentinnen und Studenten Bafög. Im vergangen Jahr hat die Bundesregierung eine Bafög-Reform auf den Weg gebracht: Zum Wintersemester 2022/2023 stiegen die Beträge von 861 Euro auf 934 Euro im Monat. Die Erhöhung der Förderung ist für viele Studierende eine große Hilfe, genau wie die 200-Euro-Energiekosten-Pauschale vom Bund.

Bei den hohen Mietpreisen in Köln wäre ein Mietzuschuss förderlich.
Viviana Picerno, Studentin

„Die Beantragung der Einmalzahlung war zwar etwas kompliziert und nervig, aber die Auszahlung hat nur ein paar Tage gedauert. Darauf kommt es ja an“, sagt der gebürtige Kölner Bühner. In NRW haben 934.134 Studierende Zugangscodes für den Inflationsausgleich beantragt, am 31. März haben 485.651 von ihnen haben das Geld bereits erhalten, erklärt ein Sprecher des Digitalministeriums Sachsen-Anhalt mit, das die Antragswebsite für die Pauschale betreut.

„Die 200 Euro waren sehr hilfreich für mich, aber trotzdem würde ich mir ein bisschen mehr finanzielle Unterstützung wünschen. Bei den hohen Mietpreisen in Köln wäre ein Mietzuschuss förderlich“, erklärt Viviana Picerno. Aktuell bezahlt sie 440 Euro Warmmiete für ein WG-Zimmer in der Kölner Innenstadt. Das ist verhältnismäßig günstig, dennoch reicht das Geld durch die vielen Teuerungen zurzeit eher selten am Ende des Monats.


Auch Dr. Klaus Wilsberg, Pressesprecher des Kölner Studierenden Werks, hat eine klare Meinung zum Thema. Wir haben ihm vier Fragen gestellt.

Dr. Klaus Wilsberg ist Pressesrecher der Kölner Studierenden Werks

Dr. Klaus Wilsberg ist Pressesrecher der Kölner Studierenden Werks.

Warum sind besonders Studierende von der Inflation betroffen?

Dr. Klaus Wilsberg: Im Schnitt gehören diese Menschen zu einer Gruppe, die keine finanziellen Reserven aufgebaut hat, weil sie von der Hand in den Mund lebt. Das gilt vor allem, wenn die Eltern ihre Kinder nicht mit Geld unterstützen können. Viele Studis haben also keinen Puffer. In Zeiten der Preissteigerungen merken sie besonders deutlich, dass sie auf nichts zurückgreifen können, sondern ungebremst von der Krise getroffen werden.

Reicht die Einmalzahlung von 200 Euro aus, um die finanzielle Situation der Studierenden aufzufangen?

Die Einmalzahlung ist eine gute Sache, die wir sehr begrüßen. Sie löst aber nicht das strukturelle Problem. Insbesondere Kölner Studierende sind von der Inflation betroffen: Das Leben ist hier kostspieliger als in anderen Städten. Kölner Wohnraum ist beispielsweise sehr teuer. Das Einkommen der Betroffenen hat hier also besonders wenig Kaufkraft – wenn dann die Inflation alle Preise weiter in die höhe treibt, haben die Studierenden noch weniger.

Welchen Maßnahmen würden Studis in dieser Situation helfen?

Aus unserer Sicht bedarf es einer weiteren Bafög-Reform, weil diese Auszahlungen das relevante Förderungsinstrument sind. Bafög ist weiterhin elternabhängig: Damit die Schwelle um Bafög zu erhalten niedriger wird, müssen dringen die Freibeträge für das Einkommen der Eltern höher werden. Wenn ein Elternteil wegen einer minimalen Lohnerhöhung nur knapp über der Grenze verdient, kann der Betroffene sich sonst sofort vom Bafög verabschieden . Davon abgesehen, sollten natürlich auch die maximalen Bafög-Auszahlungen erhöht werden.

Welche anderen Formen der Förderung und Spar-Tipps können Sie den Studierenden empfehlen?

Grundsätzlich sind Stipendien ein wichtiger Punkt. Davon gibt es heute sehr viele – auch von kleineren Stiftungen. Für eine Überblick sind Websites wie „MyStipendium“ sehr hilfreich. Sparen können Studierende natürlich auch, wie bei den meisten Haushalten ist Energie ein großer Hebel. Das ist nach so vielen Monaten an Informationsflut zu diesem Thema vielleicht nicht so neu, aber das Deutsche Studentenwerk hat gemeinsam mit den Studierendenwerken über Monate eine Kampagne online unter myenergychallenge.de durchgeführt, um das Energiesparen zu erläutern.