In Müngersdorf wurden Bäume ohne Genehmigung auf einer historisch wichtigen Hangkante gefällt. Die Stadt prüft rechtliche Schritte.
Illegale BaumfällungStadt prüft rechtliche Schritte nach Verstoß an Naturdenkmal in Müngersdorf

Roland Schüler und Hildegard Jahn-Schnelle vor der Hangkante und dem Neubau. Links davon die Bäume, die gefällt werden sollten.
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Der Abhang mitten im Dorf verleiht Müngersdorf ein markantes Profil und verhilft einem Teil der Gebäude zu einer Terrassenlage. Die Hangkante, eine steile Böschung entlang der westlichen Seite des Alten Militärrings ist, ein „Geotop“ und einmalig in Köln und im Rheinland. Sie formte sich in der jüngsten Eiszeit, als der Rhein sich vor Ort sein Bett grub.
Die von hohen Bäumen bewachsene Kante steht als Naturdenkmal unter Schutz – und so reagierte unlängst ein Anwohner mit Sorge, als Arbeiter mit Hubwagen anrückten und sich an den darauf wachsenden Bäumen neben einem Neubau gegenüber der Hausnummer 86 zu schaffen machten. Er informierte den Bürgerverein Müngersdorf und seine Ehrenvorsitzende des Vereins, Hildegard Jahn-Schnelle, das Ordnungsamt.
Illegale Baumfällung: Stadt prüft rechtliche Konsequenzen
Die Ordnungsbeamten rückten an – und stoppten die Arbeiten. Die Stadtverwaltung gibt genauer Auskunft über das Geschehen: Das Team des Ordnungsamtes habe festgestellt, dass die Mitarbeiter eines Gartenbaubetriebes dort Bäume fällten, schreibt Robert Baumanns, Sprecher der Stadt. „Auf Nachfrage konnte keine Genehmigung vorgelegt werden“, so Baumanns. „Die Arbeiter wurden aufgefordert, die Fällarbeiten einzustellen.“ Dem hätten sie Folge geleistet und Ordnungsamt habe umgehend das Umweltamt informiert.
„Es stellte ebenfalls fest, dass es hier zu einer nicht genehmigten Baumfällung und einem Kronenrückschnitt gekommen ist“, schreibt Baumanns. Der habe wohl als Vorbereitung gedient, um weitere Bäume zu fällen. Aktuell würden das Kölner Umweltamt und das Amt für Landschaftspflege und Grünflächen prüfen, nach welcher Rechtsgrundlage ein Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen die Verantwortlichen, also die ausführende Firma oder den Auftraggeber eingeleitet wird. Außerdem würden Schadensersatzforderungen geprüft.
Jahn-Schnelle und der Müngersdorfer Bezirksvertreter Roland Schüler, die ebenfalls zum Ort des Geschehens gekommen waren, ärgern sich darüber, dass auf der Hangkante Bäume gefällt wurden, ohne dass eine Fällgenehmigung vorlag – zudem innerhalb der Brutperiode. Grundsätzlich gelte zwar: „Baurecht bricht Baumrecht“, sagt Schüler. Das entbinde den Bauherrn aber nicht von der Notwendigkeit, vorher eine Genehmigung einzuholen.
Bevor sie erteilt würde, prüfe die Verwaltung genau, ob es erforderlich ist, den jeweiligen Baum zu fällen, weil er den Neubau behindert oder vielleicht sowieso bereits innerlich abgestorben sei, sodass er nicht mehr standsicher ist. Der Vorrang eines genehmigten Bauwerks gegenüber dem Bleiberecht eines Baumes gelte aber nicht im Falle eines Naturdenkmals, betont Schüler. So dürften dort wachsende Bäume einem Neubau nicht weichen. Die Bäume auf dem Abhang würden dem Erdreich auch mit ihren Wurzeln Stabilität verleihen. Das gelte auch für Totholz. Sie hätten an dieser Stelle also eine Bedeutung. Es sei also gut, dass der Anwohner so aufmerksam war – und dass das Ordnungsamt so schnell reagiert hat.
Die Hangkante in Müngersdorf verläuft nördlich der Wendelinstraße entlang der Straße Alter Militärring. Es handelt sich um eine zwischen 5 und 15 Meter hohe Böschung. Die Kante lässt deutlich werden, in welchem Maße sich der Rhein zwischen den Aufschotterungsphasen der Saale-Kaltzeit vor etwa 200.000 Jahren und der letzten Eiszeit, der Weichsel-Kaltzeit, die vor rund 12.000 Jahren endete, in die Landschaft grub. Die Hangkante liegt am Rand des „Schwemmlandes“, das der Rhein zum Höhepunkt der letzten Eiszeit durchströmte. Eine von zahlreichen Rheinrinnen verlief damals am Fuß der Kante. Die Hangkante trennt zwei Landschaften unterschiedlicher Prägung: im Westen die lössbedeckte Mittelterrassenlandschaft der Brauweiler Lössplatte und im Osten die lössfreien, von Rinnen und der Rheinaue durchzogenen Niederterrassen der Kölner Rheinebene. So sind an dieser Stelle 200.000 Jahre Landschaftsgeschichte erlebbar. (se) www.kuladig.de