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Liebfrauenschule LindenthalSchüler mit Flucht-Geschichte legen Einser-Abis ab

Lesezeit 3 Minuten
Zwei junge Männer stehen links und rechts von einer blonden Frau mit Pferdeschwanz.

Lehrerin Ursula Tröger freut sich für ihre erfolgreichen Abiturienten Melih Yilmaz (l.) und Danylo Owrodov.

Mit Einser-Abis schlossen zwei Jugendliche aus der Türkei und der Ukraine an der Liebfrauenschule ihre Ausbildung ab. Seit 2015 fördert die Schule geflüchtete Jugendliche.

„Ich bin mit meiner Mutter und meinem kleineren Bruder wegen des Krieges aus Kiew geflüchtet. Mein Vater, die Großeltern und die meisten Freunde sind noch in der Ukraine. Über die Niederlande sind wir nach Köln gekommen. Zum Glück konnte ich schon Deutsch“, berichtet Danylo Owrodov. Der 18-Jährige stieg im vergangenen Jahr direkt in die Oberstufe des Gymnasiums ein. Zunächst sei es schwierig gewesen, Kontakte zu knüpfen.

Nach einigen Monaten habe sich das jedoch gelegt, erzählt der Abiturient. Als wesentlichen Unterschied zum gewohnten Bildungssystem nennt er die Möglichkeit der Fächerwahl. Neben Deutsch, Englisch und Biologie entschied sich der Ukrainer für Geometrie. Mit seinem Zeugnis-Schnitt von 1,8 ist der in Dormagen lebende Absolvent zufrieden. Nun plant er, auf die Technische Universität in München zu gehen, um dort Molekulare Biotechnologie zu studieren. „Danach möchte ich wieder in die Ukraine zurück und dort arbeiten“, erklärt Owrodov.

Von Müngersdorf nach Lindenthal

Seit fünf Jahren lebt Melih Yilmaz in Köln. Der nahe Istanbul geborene Türke floh mit seinen Eltern im Zuge politischer Unruhen. „Ich ging zuerst auf die Ernst-Simons-Realschule in Müngersdorf. Damals war ich 15 und konnte kein Deutsch“, erinnert sich der junge Mann. Später erfolgte der Wechsel nach Lindenthal. „Dort wurde es mir leicht gemacht, mich zu integrieren. Die anderen Schüler machten die ersten Schritte und gaben mir von Anfang an ein gutes Gefühl. Alleine war ich nie“, so der heute 21-Jährige.

Zunächst habe er die Veränderungen in seinem Leben als große Belastung empfunden. „Bis vor einem Jahr habe ich nicht verstanden, was das Sprichwort Der Weg ist das Ziel bedeutet. Jetzt ergibt das für mich viel mehr Sinn, aber ich hätte vielleicht darauf achten sollen, etwas mehr Spaß zu haben. Das habe ich vernachlässigt.“ Mit Mathematik und Physik im Leistungskurs schaffte Melih Yilmaz seinen Abschluss mit einer Note von 1,2. Auch ihn zieht es in die bayerische Hauptstadt. Dort möchte er Informatik studieren.

Deutsch als Zweitsprache

Bisher rund 100 junge Menschen betreute Ursula Tröger auf dem Weg zum Abitur. Die Lehrerin für Deutsch als Zweitsprache an der Liebfrauenschule weiß um die Wichtigkeit der separaten Sprachvermittlung, kennt jedoch auch die Grenzen der Unterstützung. „Die Schüler gehen von Tag eins in ganz normale Klassen, auch wenn sie kein Wort Deutsch können. Wichtig ist aber auch die soziale Integration. Die Leute müssen abseits der Schule Anschluss in der Gesellschaft finden“, sagt die Pädagogin.

Während der Flüchtlingswelle in den Jahren 2015/16 habe sich das Kollegium zum Handeln entschlossen: „Damals sahen wir die vielen verzweifelten Menschen aus Syrien, dem Irak, Albanien und dem Kosovo, die teilweise über keine Aufenthaltsgenehmigung verfügten. Wir haben aus humanitären Gründen gesagt, wir nehmen auf und sind froh über diese Entscheidung. Solch ein guter Abschluss wie der von Melih, Danylo und Valeria ist aber vor allem mit derem persönlichen Engagement verbunden“, so Tröger.