Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Erinnerungen in StoffKölnerinnen vereinen Lyrik mit Kunst im „68elf studio“ in Klettenberg

Lesezeit 2 Minuten
Zwei Frauen halten weiße Blätter mit Lyrik in den Händen. Im Hintergrund ist eine Patchwork-Decke zu sehen.

Patricia Falkenburg (l.) und Christiane Rath vereinen in der Ausstellung Lyrik und Bild.

Aktionskünstlerin Christiane Rath und Lyrikerin Patricia Falkenburg präsentieren Fotos, Objekte, Textilien und Texte im Rahmen der Reihe „Parallele Prozesse“.

Patricia Falkenburg schreibt in ihrem Gedicht „Mein Körper summt“: „Mein Körper summt/Mein Körper summt/Im Netz deiner Blicke/Das webt Meerschaum mir auf die Haut/Auf Haut/Wo Naht trifft auf Naht salzig/Versenkt sich dein Atem/In meinem Leib/Nistet sich ein im Erinnern/Ich nähe mich dir zu/Besticke mich mit deinem Klang/Aus dem ich mir Worte klaube, die Welt/Wie Perlen aus dem Innern einer Muschel“. Die Zeilen sind Teil eines weiteren Kunstwerks, einer 2,50 mal 1,50 Meter umfassenden Patchwork-Decke, auf der Bildnisse, Textilien und Texte mit Nadel und Faden auf einem Spezialstoff miteinander verbunden wurden.

Auf dem sogenannten Quilt strecken sich die rostigen Glieder eines Stacheldrahts – durch dessen Lücken ein Frühlingshimmel strahlt – hin zur marineblauen Flora eines Möbel-Überzugs, während sich sprühendes Rot von allen Seiten den Weg aus seinen Quellen ebnet, um handgeschriebene Verse in allgegenwärtiges Leid zu kleiden.

Eine Patchwork-Decke mit Gedichten und Fotografien.

Christiane Rath und Patricia Falkenburg gestalteten für die Konzeptausstellung „Leuchtende Näh(t)e“ unter anderem eine Patchwork-Decke mit Gedichten und Fotografien.

Lyrikerin Patricia Falkenburg und Aktionskünstlerin Christiane Rath präsentieren mit „Leuchtende Näh(t)e“ im 68elf studio ihr Gemeinschaftsprojekt „Naht“ auf mehrdimensionaler Ebene. Die Arbeiten erschienen bereits im vergangenen Jahr als Bestandteil einer Anthologie im Sinne eines foto-lyrischen Dialogs.

Erinnerungen, Risse, Verluste, Träume

Die vermeintlich ungewöhnliche Mischung der individuellen Stilarten fügt sich in der Stätte am Gottesweg zu einer erstaunlich homogenen Einheit, die von Erinnerungen, Rissen, Verlusten, aber auch Träumen und Hoffnung erzählt. „Den Stacheldraht habe ich in einem Wald bei Verdun gefunden, in dem es im Ersten Weltkrieg zu erbitterten Schlachten zwischen Franzosen und Deutschen gekommen ist. Der Draht offenbart, was sich Menschen an den Grenzen gegenseitig antun“, erklärt Christiane Rath.

Teile des Metalls bilden zudem die X-Form in einer Objektbox über dem Foto eines Leichnams. Direkt daneben liegt auf dekorativer weißer Spitze gebettet eine geöffnete Schere, an deren Blättern das Schwarzweißbild einer jungen Frau den endgültigen Schnitt erwartet. Nicht am Kreuz, sondern auf angebrannten Buchseiten findet sich im nächsten Exponat eine Jesus-Miniatur. Um welchen Roman es sich dabei handelt, bleibt unbekannt, doch der Anblick allein buchstabiert Schmerz als vertrautes menschliches Erbe auf die Netzhaut der Betrachter. Eine Dokumentation inklusive Skizzen zur Erstellung des erwähnten Quilts ergänzt die sehenswerte wie nachdenklich stimmende Ausstellung.


„Leuchtende Näh(t)e“ Patricia Falkenburg, Christiane Rath, 68elf studio, Gottesweg 102, 50939 Köln, bis 26. April, Öffnungszeiten: samstags 15 bis 18 Uhr sowie nach telefonischer Vereinbarung unter 0172 1092526, www.68elf.de. Buchdaten: „POING in Wort und Bild: Naht“, Christian Vater, T.G. Vömel (Hg.), vauvau Verlag, Berlin 2024, verschiedene Autorinnen und Autoren, ISBN 978-3-946303-11-4, 160 Seiten, 41,80 Euro